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Petersen Tegl
Kannikegården, C48

Entwurfsjahr: 2016
Kannikegården, C48

Kannikegården – eine neue kulturhistorische Ablagerung in Ribe

Kannikegården unterstreicht die Qualität der Mittelalterstadt auf wunderbare Weise, überrascht jedoch auch durch seine radikale Neugestaltung.

Seit Jahren wurde im Zentrum Ribes kein modernes Haus gebaut. Wie passt man sich einem so geschlossenen Ensemble an, ohne in ein Klischee abzugleiten? Wie sichert man, dass ein neues Gebäude sich in die historische Umgebung einfügt und trotzdem ein authentischer Ausdruck seiner Zeit ist, genau wie die älteren Häuser verschiedenen Zeitalter widerspiegeln? Nur wenige Architektenbüros beherrschen wie Lundgaard & Tranberg dieses Gleichgewicht, und selten ist das Ergebnis so überzeugend wie im Kannikegården, dem Hof der Domherren, in Ribe. Die rostrote Ziegelsilhouette des Gebäudes taucht markant und präzise auf, mal aus der Perspektive der einen, mal aus der einer anderen Gasse. Aus der Nähe betrachtet überrascht das unbehauene Äußere des Hauses. Wie bei einem mittelgroßen Schuppentier mit etwas zu groß geratenen Schuppen hängt sein Ziegelpanzer vibrierend im Sonnenlicht, mit Toleranzen, die manchmal mehrere Zentimeter betragen! Der Vergleich mit den Gebäuden aus dem Mittelalter liegt nahe, die durch ihren Setzungsprozess und ihre schiefen Winkel der Stadt ein organisches Gepräge verleihen.

Kannikegården liegt am Marktplatz in Ribe, dem Dom genau gegenüber. Das Gebäude beherbergt Räumlichkeiten des Kirchenvorstands und des Personals des Doms sowie Ausstellungsräume und einen öffentlich zugänglicher Vortragssaal, in dem 100 Gäste Platz finden. Während der Ausgrabungsarbeiten auf dem Grundstück fand man wichtige archäologische Spuren des Klosterhofs der Domherren aus dem 12. Jahrhundert, möglicherweise Reste der frühesten Verwendung von Ziegeln in Dänemark. An sich schon eine Sensation und ein weiteres Zeugnis der historischen Bedeutung der Stadt Ribe. Die Mauerreste, die man 2012 entdeckte und die sofort unter Denkmalschutz gestellt wurden, bildeten wahrscheinlich den Rahmen um das Refektorium der Domherren, ihren Speisesaal. Der Ruinenfund stellte das Projekt vor neue Herausforderungen. Die Bereitstellung von Mitteln durch die Stiftung Realdania, die es ermöglichte, die Ruine zu integrieren, war entscheidend für die Gestaltung des Gebäudes.

Zeitgenössische Tektonik
»Unser Wunsch war es, das neue Gebäude tektonisch klar von der ursprünglichen Tektonik abzugrenzen,« erläutert Architekt Erik Frandsen, Lundgaard & Tranberg Arkitekter. Das heißt, krude ausgedrückt, dass es galt, eine leichte Ziegelverkleidung zu entwickeln, die als Kontrast über den schweren Backsteinmauern des Klosters schweben konnte. Ganz leicht ist die Verkleidung allerdings nicht. Die Schalen mit den Maßen 35x65 cm wiegen jeweils über 15 Kilo, d. h. wesentlich mehr als ein alter Backstein. Rein visuell wirkt die mit Ziegeln verkleidete Fläche aus der Ferne jedoch leichter als die historischen Backsteingebäude der Umgebung. Aus unmittelbarer Nähe betrachtet springen die Unebenheiten der großen, genoppten Ziegelplatten ins Auge und lassen an die windschiefen Gebäude des Mittelalters denken, damals, als Toleranzen noch in Zoll gemessen wurden. Das Gebäude, ein Langhaus, liegt an der Südseite des Marktplatzes. Durch eine Schleuse ist es mit dem mittelalterlichen Prozessionsgang im Westen verbunden. Das gesamte Erdgeschoss hat eine offene Glasfassade, während die übrigen Fassaden, Giebel und Dächer mit den großen Ziegelschalen verkleidet wurden. »Auf der Südseite des Gebäudes, entlang der Straße Sønderportsgade, liegen die Häuser so dicht, dass es erforderlich wurde, einen Teil des Gebäudes zu entfernen. Es wird schmaler gegen Westen, und die Dachfläche verläuft schräg. Diese charakteristische Schiefe bewirkt eine rührende Familiarität mit vielen anderen Straßen Ribes, wo sich die Häuser im Laufe der Jahre aneinander anpassen mussten, Schulter an Schulter. Dies erwies sich als entscheidend für die Wahl der Größe der Ziegelschalen,« berichtet Erik Frandsen. Um entlang der Traufen einen harmonischen Abschluss zu erreichen, der keine größeren Spezialformate erforderte, entschied man sich für das relativ voluminöse Format. Die Schnittkante entlang der schiefen Einbuchtung verläuft wie eine altertümliche Stromschicht als Zickzack-Fries, den man an den älteren Giebelhäusern der Stadt findet. Zu den übrigen bemerkenswerten Details gehören kleine, quadratische Fensterlöcher, die asymmetrisch je nach Bedarf platziert wurden und mit großen Ziegelschalen unterfüttert sind. Sie hinterlassen ein unregelmäßiges Muster dunkler Schattenfelder, die den monolithischen Ausdruck der Fassaden lockert, so wie auch die Ziegelkapellen des Doms gegenüber durch senkrecht angebrachte, zurückgezogene Ziegel aufgelockert wird. Die Dachrinne wurde hinter gesimsähnlichen Bändern von Ziegelschalen versteckt, die an Stahlträgern aufgehängt wurden. Dies bewirkt einen klar abgegrenzten Übergang zur gläsernen Fassade des Erdgeschosses. Zugleich wirkt es, als ob das Band die oberhalb hängenden Schalen hält.

Ziegelsteine sind Alchemie
”Das Brennen von Ziegeln ist eine Form der Alchemie,” sagt Erik Frandsen. Mit Hilfe von Attrappen vor Ort näherte man sich Schritt für Schritt der gewünschten Farbe. Minimale Anpassungen der Sauerstoffzufuhr in den Öfen von Petersen Tegl führten nach und nach zur richtigen Mischung rostroter Farbtöne, die sich wie selbstverständlich mit der Farbskala der umgebenden Ziegel verbanden. Aus allernächster Nähe betrachtet zeigen die Schalen Unebenheiten und Spuren der Produktion, genau wie die alten Backsteine der benachbarten Gebäude ihre Entstehungsgeschichte verraten. Die Erzählung von den gebrannten Ziegeln als Bausteinen, geschaffen von Menschenhand, wird hier anhand der großen, zum Teil handgefertigten Schalen weitergeführt. Die derart verdeutlichte historische Kontinuität wird noch dadurch unterstrichen, dass die großen Schalen bereits im Mittelalter bekannt waren, wo zum Dachdecken große, flache Dachziegel oder Dachpfannen verwendet wurden. Eine solche Dachpfanne sieht man im gegenüberliegenden Dom, als Zeugnis der ursprünglichen Dachverkleidung der Mittelalterkirche.

In Ribe gelten Ellen, keine Millimeter
Die Herausforderung eines zweigeteilten Gebäudes mit einem offenen unteren Teil und einem geschlossenen Obergeschoss haben Lundgaard & Tranberg mit unbehauenen, geteerten Eichenbohlen gelöst, die als bewegliche, senkrechte, mit Pinolen montierte Lamellen fungieren. Tritt man ins Gebäude ein, findet man die gleichen, etwas windschiefen Eichenbohlen an der Decke des Ruinenraums. ”Im Mittelalter wurde alles in Ellen gemessen, nicht in Millimetern,” betont Architekt Frandsen. Das Gebäude durfte daher nicht von allzu raffinierten Details gekennzeichnet sein. Diese Haltung spiegeln Ziegel und Balken wider, aber auch die Betonverschalung der tragenden Betonsäulen, die im Ruinenraum die Ruine umkränzen. Die Verschalung wurde bewusst schludrig ausgeführt; es finden sich Keile zwischen den Verschalungsbrettern, so dass der Beton ausläuft und unebene Oberflächen bildet. ”Wie eine kulturhistorische Schicht,” philosophiert Erik Frandsen, ”beginnend mit den Ziegeln, die aus der Erde auftauchen, bis hin zum schichtartig strukturierten Beton und den Bohlen an der Decke.” Hier sollte man überlegen, welcher andere Belag zukünftig in Frage kommen könnte, wenn man sich hoffentlich dafür entscheidet, den Raum öffentlich zugänglich zu machen, so dass es keiner vorherigen Absprache mit dem Kirchendiener bedarf.

Ein Architekt muss Prioritäten setzen können
Das Grobe, Unbehauene wurde in den übrigen Innenräumen weniger hervorgehoben. Vom engen Foyer aus schwingt sich eine Eichentreppe ins erste Obergeschoss, eingerahmt von gediegenen, senkrechten, in Stahl gespannten Eichenstäben. Die Innenwand der Treppe ist dunkelrot gestrichen, während der Korridor im ersten Obergeschoss in Ockergelb gehalten ist. Diese Farbwahl prägt auch das zweite Obergeschoss, wo die innere Dachfläche des Vortragssaals flächig dunkelrot gestrichen wurde. Diese markante, etwas höhlenartige Farbe lässt an die Kalkmalereien im Dom denken, wo ebenfalls Erdfarben dominieren. Die Büros, in die durch kleine, quadratische Fenster nur sparsames Licht dringt, wurden aus Gründen des Lichts und des Arbeitsklimas Weiß gestrichen. Trotz der begrenzten Mittel und der verdichteten Quadratmeter gelang es den Architekten, sehr angenehme Räume zu schaffen. Priorisiert wurden beispielsweise hochwertige Eichenböden, die warmen Wand- und Deckenfarben und etwas überraschende Wandleuchten, die rhythmische Lichtkegel an die Wände und entsprechende Halbkreise an die Decke werfen. Eine durchlöcherte Gipsplatte lässt sich ja immer an der Decke befestigen, so dass die gemalten Flächen weder völlig leblos noch allzu weit entfernt vom Ruinenraum und von der pulsierenden Umgebung draußen erscheinen. Obwohl bemalte Gipsplatten sich so ganz und gar von der berührenden Stofflichkeit der Umgebung abheben, gelang es doch, einen Zusammenhang zwischen draußen und drinnen zu schaffen, der, gemessen an den generellen Normen von heute, sehr gelungen erscheint. Ribe kann Stolz sein auf ihr kleines, neues Wahrzeichen, das eine beeindruckende und seit langem vermisste Schleife um den Dom bindet, stark unterstützt vom eminenten neuen Platz Schønherrs, der schon allein einen Besuch wert ist.

Kannikegården, neues Gemeindehaus des Dom zu Ribe, Dänemark
Bauherr: Kirchenvorstand der Domgemeinde Ribe
Bauherrenberatung: Architektenbüro Kim Christensen
Architekt: Lundgaard & Tranberg Arkitekter A/S
Archäologie: Museen Südwestjütlands
Ingenieure, Konstruktion und Bauleitung: Oesten ingeniører og arkitekter Aps Ingenieure, SHK und Elektroinstallationen: Esbensen Rådgivende Ingeniører A/S Landschaftsarchitekten: Schønherr A/S
Unterstützung des Landschaftsprojekts: Realdania
Stein: C48, Spezialformat entwickelt von Lundgaard & Tranberg, Abmessung: 630 x 350 x 50 mm
Gartenmauern: D48

Kannikegården, C48
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