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Magie des Lichts

von Anna Moldenhauer | 26.09.2016

"Ich trete in die dunkelblaue Stunde -
da ist der Flur, die Kette schließt sich zu
und nun im Raum ein Rot auf einem Munde
und eine Schale später Rosen – Du!"
Gottfried Benn, Blaue Stunde

Wenn die Sonne zwischen den Häusern der Stadt verschwunden ist und ihr Strahlen nur noch leicht nachglimmt, dann beginnt die „Blaue Stunde“. Am Scheitelpunkt zwischen Tag und Nacht legt sich das bläulich schimmernde Restlicht wie ein sanfter Filter über Himmel und Stadt. Die Kanten der Gebäude wirken plötzlich weicher, der Himmel erstrahlt in intensiven Blautönen und die langsam aufflackernden Lichter der Stadt kommen ideal zu Geltung. Das Naturschauspiel zwischen Dämmerung und Sonnenuntergang fasziniert seit jeher Maler, Fotografen und Lyriker. Den Übergang vom Tag zur Nacht und die mit ihm aufkommende Anspannung und Vorfreude hat Elizabeth Diller vom New Yorker Architekturstudio Diller Scofidio + Renfro für die Jubiläumsausgabe des Geschäftsberichtes 2015/ 2016 der Zumtobel Group in 45 großformatigen Aufnahmen des Fotografen Matthew Monteith eingefangen.

Auf allen Aufnahmen blickt der Betrachter aus ein und derselben Perspektive in das Schlafzimmer eines New Yorker Lofts. Durch die große Fensterfront ist die Spitze des Empire State Buildings zu erkennen. Im Raum selbst sieht man ein Bett mit zerwühlten Laken, Bücher, einen Goldfisch in seinem Glas, einen Staubsauger. Die an den amerikanischen Realismus erinnernde Kulisse verändert sich in den ersten Bildern nur wenig, der Hauptdarsteller ist das Licht der untergehenden Sonne, das weich ins Zimmer fällt. Erst mit dem Beginn der blauen Stunde taucht schemenhaft eine Person auf, deren Bild im großen Spiegel erscheint, der über dem Bett angebracht ist. Mit Einbruch der Nacht wechselt der geheimnisvolle Protagonist seine Position, verwandelt sich in eine andere Person und lässt den Betrachter schließlich mit den künstlichen Lichtern der Stadt allein.

Das außergewöhnliche Fotoprojekt zeigt eindrucksvoll, wie sich die Atmosphäre im Raum mit dem langsamen Schwinden des natürlichen und im Zunehmen künstlicher Beleuchtung verändert. „Im Spektrum der ‚Blauen Stunde‘ leuchten die Farben intensiver, Schatten und Licht werden diffuser und Gebäude sehen irgendwie sexy aus“, beschreibt Elizabeth Diller ihre Sicht auf das magisch wirkende Phänomen. Auch im grafischen Konzept des Geschäftsberichtes wurde das Eigenleben der Blauen Stunde visualisiert: Der Band, der ebenso wie der Bildband im Format 28 mal 37 Zentimeter gehalten ist, zeigt in der Farbe von Schrift und Papier einen Verlauf von Tiefblau zu Dunkelblau und von Dunkelblau zu Hellblau.


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