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Schweizer Wahlverwandtschaften
Es ist die Herzlandschaft der Schweiz, die das Bild des Landes wie keine andere verkörpert – der Vierwaldstädter See und darüber aufragend das Rigimassiv, der große und der kleine Mythen. Die Bauaufgabe: so klischeehaft, dass sie aus einem Groschenroman stammen könnte – eine Schokoladenfabrik. Doch die Max Felchlin AG produziert hier in Ibach im Kanton Schwyz tatsächlich mit 140 Mitarbeitern einige der besten Schokoladen der Welt. Als das Unternehmen im Jahr 2014 ein neues Verwaltungsgebäude und Kundenzentrum benötigte, schrieb man einen Wettbewerb aus, den das Züricher Architekturbüro Meili, Peter & Partner mit einem Entwurf gewinnen konnte, der der Poesie des Ortes gerecht wird, ohne seinen Charakter als Industriebau zu verleugnen.
In seinen unteren Geschossen schreibt das neue Gebäude die Typologie des Verwaltungsbaus fort. Die Architekten zeigen hier ihre präzise, fest in der Tradition der Moderne stehende Architektursprache, die das Büro bekannt gemacht hat. Auf diesen Sockel setzten sie ein großzügig durchfenstertes Dachgeschoss. Dieses Geschoss ruht nicht nur auf dem Neubau, sondern auch noch auf Teilen der benachbarten Lagerhalle, und überspannt zudem die dazwischenliegende Werksstraße. Die eigentliche Sensation des Baus aber ist das Dach, das Meili Peter diesem Bauteil aufgesetzt haben. Es ist wahrhaft eine Dachlandschaft, deren bewegte Form mit dem Bergpanorama wahlverwandt zu sein scheint. Wie Gipfel ragen die drei großformatigen Oberlichter empor, steil an der einen, sanft an der anderen Seite abfallend. Es ist ein Meisterstück der Zimmermannskunst, das die Architekten hier mit lokalen Handwerkern geschaffen haben. Im Innern überwölben die Dachkegel Schulungsräume und die Lehrkonditorei. Hier lernen Konditoren und Kunden aus aller Welt mit den Produkten von Max Felchlin zu arbeiten. Außerdem beherbergt das Dachgeschoss einen großen Speise- und Aufenthaltsraum, in dem Mitarbeiter und Gäste mit Blick auf die unglaubliche Landschaft essen, trinken und entspannen können.
Bewusst haben sich Architekten und Bauherrn bei der Ausstattung dieses Raumes für ein Mobiliar entschieden, dass einerseits ebenso klar wie die Architektur ihre Wurzeln in der Moderne hat. Es sollte aber in gleicher Weise Handwerklichkeit zum Ausdruck bringen und dabei jene Poesie mitschwingen lassen, die die bewegte Dachlandschaft vermittelt. Die Wahl fiel deshalb auf Stühle und Barhocker aus der Serie "Okito" von Zeitraum. Wie das Dach beziehen auch die von Julia Läufer und Marcus Keichel entworfenen Sitzmöbel ihre Leichtigkeit aus äußerst effizienten Materialeinsatz und hohem schreinerischen Können. Holz- und Metallteile werden mit nur wenigen, nicht sichtbaren Schraubverbindungen zusammengefügt. In der grazilen Anmutigkeit und der klar ablesbaren Konstruktion, die gleichermaßen Ergebnis modernsten Knowhows wie auch von Handwerkstradition und Erfahrung ist, sind Stuhl und Dachstuhl das Ergebnis ein und derselben Geisteshaltung. Mobiliar und Architektur gehen hier eine ebenso wahlverwandtschaftliche Verbindung ein, wie es die Architektur mit der umgebenen Landschaft tut.