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Flexibel bleiben

Der Architekt Kohei Yukawa hat nahe Osaka für seine Familie ein Wohnhaus entworfen, indem der traditionelle Eingangsraum Doma eine zentrale Rolle übernimmt.
Text von Barbara Hallmann, Fotos von Yohei Sasakura | 17.05.2021

Kohei Yukawa baute ein Haus für sich und seine Familie – und entdeckte gleich nach dem Einzug, welche sehr praktischen Lösungen die japanische Architekturtradition für ganz aktuelle Herausforderungen parat hat. Geplant und ausgeführt hatte er den größtenteils mit Wellblech verkleideten Bau auf 126 Quadratmetern im japanischen Ibaraki mit einem Doma: Ein Eingangsraum, der zwar im Inneren ist, aber auch Charakteristika eines Außenraums hat und dem keine ganz eindeutige Nutzung zugewiesen ist. Zum einen war der Doma in traditionellen japanischen Häusern der Ort, wo man auf dem Feuer kochte; genutzt wurde der vor Wind und Wetter geschützte Raum aber auch für all diejenigen Arbeiten, die schlicht Dreck machten – den man danach vom nur festgestampften Boden leicht wieder entfernen konnte. Vom Wohnbereich getrennt war der Doma immer durch eine Stufe, sie markierte den Ort, an dem man sich vor dem Betreten der eigentlichen Wohnung die Schuhe auszieht.

Als einen solchen Doma konzipierte der Architekt das Erdgeschoss des Hauses, wenngleich man heute die Schuhe dank des Mörtelbodens bereits vor Betreten ausziehen kann. Yukawas Ansatz war das Gebäude mit Hilfe eines Raums ohne feste Funktion zu gestalten: Der Raum könnte so als Spielplatz für die Kinder dienen oder als temporäre Werkstatt, für kleine Ausstellungen oder auch für ein Event. Was der Architekt während der Planung nicht ahnen konnte: Nur rund vier Monate nach seinem Einzug beschränkte die Corona-Pandemie plötzlich seinen Aktionsradius ganz extrem – ab März 2020 musste man auch in Japan viel Zeit im Innenraum verbringen. Das Erdgeschoss entwickelte sich angesichts der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen zu einer offenen Fläche für den neuen Alltag: Dank großzügiger Verglasungen besteht optisch ein Bezug zum Außenraum. Raumhohe Fenster erlauben die Verbindung zum Hof, der mit dem gleichen Mörtelboden versiegelt wurde, wie der Innenbereich. Im Inneren lässt sich dank der Schiebewände aus transparenten Polycarbonatplatten ein Arbeitszimmer abteilen.

Perfekt zur neuen Situation passte auch die Entscheidung, direkt im Doma eine Formosana-Esche zu pflanzen. Sie bleibt das ganze Jahr über zumindest teilweise grün, ihre Blätter reichen bis ins Obergeschoss. Dank einem großen Dachfenster fällt viel Tageslicht in die dort platzierte Küche sowie in das TV-und Schlafzimmer. Seitlich etwas separiert liegt zudem das Washitsu – ein traditioneller Raum zum Empfang von Gästen, ausgestattet mit Reisstrohmatten und Schiebewänden aus Holz sowie Reispapier, den Shōji. So integrierte Kohei Yukawa im gesamten Haus Elemente der traditionellen japanischen Architektur, passte diese aber zugleich an die aktuellen Lebensgewohnheiten einer jungen Familie an. Maßgeschreinerte Verkleidungen, Treppen und Einbauelemente aus Holz bieten zudem praktischen Stauraum und ein angenehmes Wohngefühl. Auch die unterschiedlichen Raumhöhen und beeindruckende Vielfalt in Materialien und Strukturen tragen dazu bei, dass der Wohnraum wesentlich großzügiger wirkt als er mit Blick auf die Quadratmeterzahl tatsächlich ist.