Unter dem Motto „Pleasing the eye, challenging the mind, celebrating form and function" hat Helsinki in diesem Jahr zum vierten Mal vom 25. September bis zum 6. Oktober 2008 die Helsinki Design Week gefeiert. „Ein jährliches Festival für Kreativität", so beschreibt sie ihr Initiator und Veranstalter Kari Korkman, und nach einem Besuch lässt sich bestätigen, dass man sich von der Begeisterung der Finnen für Design gerne mitreißen lässt.
Das Herz der Helsinki Design Week war die Ausstellung „100" in dem Kulturzentrum „Kaapeli", eine interdisziplinäre Schau mit den besten Produkten und Entwürfen des Jahres, von studentischen Prototypen über serienreife Industrieprodukte aus den Bereichen Möbeldesign, Licht, Innenarchitektur, Architektur, Graphik und Elektronik. Darüber hinaus wurde ein Programm an Seminaren, Vorträgen, offenen Designstudios und ein ausgesprochen populärer Design-Flohmarkt geboten.
Ein paar Neuigkeiten seien hier genannt: BonBonKakku ruft jeden dazu auf, Stoffentwürfe einzureichen, von denen vierteljährlich online die Favoriten der Internetnutzer gewählt und in die Kollektion aufgenommen werden. Der Designer Samuli Naamanka stellte einen extrem expressiven und gleichzeitig bequemen Hängesessel vor, der mit gebogenem Schichtholz finnische Materialität neu interpretiert. Noch eigensinniger in Form und Materialität ist Vesa Honkonens Kiasma Chair für das Kiasma Museum für Moderne Kunst. Der Stuhl wird inzwischen von dem schwedischen Hersteller Källemo hergestellt.
Ein Besuch auf der Helsinki Design Week schließt natürlich die Stadt selbst mit ein: Die Stadtväter sehen Design ganz bewusst als Wirtschaftsfaktor und man wirbt gemeinsam mit dem Design Forum Finnland für den vor einigen Jahren auserkorenen Design District. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um den Stadtteil Punavuori, in dem sich gerade in den letzten Jahren eine Vielzahl an Mode-, Design- und Antiquitätenläden, Studios, Galerien, Museen und junger Gastronomie konzentriert hat. Die schönsten unter ihnen, immerhin über 180 Adressen, werden mit dem Signet „Design District" ausgezeichnet und erleichtern dem designhungrigem Touristen mit einer entsprechenden Stadtkarte die Orientierung beim Durchstreifen der Stadt.
Alles in allem ist die Helsinki Design Week ganz klar eine lokale Veranstaltung von und für die finnische Designcommunity. Hier kennt und trifft jeder jeden, ein überschaubarer und feiner Club. Finnland ist ein kleines, junges Land, in dessen Kulturgeschichte Design glücklicherweise als nationales Erbe angesehen und auch als Solches unter reger Anteilnahme der Öffentlichkeit gepflegt und weiterentwickelt wird. Begründet wurde diese Tradition insbesondere von Firmen wie Artek, Iittala und Marimekko. Als Tom Dixon vor einigen Jahren bei Artek als neuer Art Direktor anfing, wurde das in Leserbriefen in der überregionalen Tageszeitung angeregt diskutiert. Das Gleiche passiert, wenn Iittala die Geschirrserie „Teema" von Kaj Franck in neuen Farben herausgibt. Jungen Designern wird eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt, zum Beispiel in ausgiebigen Medienberichten über realistische Chancen, finanzielle Unterstützung durch mehrjährige Förderstipendien zu bekommen.
Die Designer und Hersteller betonen immer wieder - nicht ohne Stolz auf ihr Land und ihre Herkunft -, dass ihre Produkte in Finnland hergestellt werden, was bei den meisten tatsächlich der Fall ist. Dabei mag die Angst des kleinen Landes am nordöstlichen Rand Europas vor der Globalisierung mitschwingen, die Finnland im Grunde selbst mit Nokia maßgeblich vorangetrieben hat. Auch fehlt in Finnland die Masse an großen, umsatzstarken Industrieunternehmen als potenzielle Auftraggeber für Designer. Man reagiert darauf mit einer Kombination aus Individualismus und Qualität. Ein Spagat zwischen professionellem Zukunftsstreben und dem Bewusstsein für das Eigensinnige, das Ursprüngliche, den die Finnen meisterlich beherrschen.
Diese Atmosphäre gibt Veranstaltungen wie die Helsinki Design Week ihren eigenen Reiz und macht sie eben doch auch für einen ausländischen Besucher lohnenswert, denn hier spürt man beides, die Ernsthaftigkeit, mit der Design gelebt wird, aber auch die Lust und Freude daran.