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Neustart mit Bewährtem
Eine neue Idee in ein gewachsenes System zu integrieren, ist keine leichte Aufgabe. Für das Wohnprojekt Tingbjerg in der dänischen Hauptstadt haben COBE Architekten diese Herausforderung mit Erfolg gemeistert: In den Fünfziger Jahren entstand die Vorstadtsiedlung als Planstadt, deren markantestes ästhetisches Merkmal gelbe Mauerziegel sind. Das einstige Vorzeigeprojekt von Stehen Eiler Rasmussen und Carl Theodor Sorensen hatte in den letzten Jahren ein wenig den Anschluss an das kreative Zentrum von Kopenhagen verloren. Attraktive kulturelle Angebote für die Bewohner von Tingbjerg fehlten, ebenso wie ein integratives Kulturzentrum, das als sozialer Motor für die Gegend dienen könnte. COBE Architekten haben daher ein Gebäude erdacht, dass zum einen die Wünsche der Bewohner nach Offenheit und Flexibilität erfüllt und sich gleichzeitig optisch harmonisch in die bestehende Struktur einfügt. Das Ergebnis ist ein keilförmiger Baukörper, der auf 1.500 Quadratmetern ein Gemeindezentrum inklusive Bibliothek bietet und sich aus der Vogelperspektive gesehen trichterförmig mit dem Bestand der örtlichen Schule verbindet. Die an der schmalsten Stelle nur 1,5 Meter Architektur ist zwar höher als alle umliegenden, schafft es aber dennoch mit breiter Glasfassade und einer Verkleidung aus Holzlamellen einen offenen, dynamischen Eindruck zu erwecken. Im Inneren sind Beton, Glas und helles Holz die vorherrschenden Materialien, welche in der Kombination modern wirken und dem Interior eine reduzierte Atmosphäre verleihen, welche die Konzentration fördert.
Minimalistisch, aber dennoch einzigartig – diese Prämisse fanden die Architekten bei der Suche nach einer passenden Bestuhlung der unterschiedlichen Flächen in einem Klassiker: Dem "SE 68 SU" von Egon Eiermann. Im Jahr 1950 entwarf der Architekt und Designer den Stahlrohrstuhl für Wilde + Spieth, seitdem ist dieser nicht mehr aus dem Sortiment wegzudenken. Stapelbar, komfortabel und mit einer schlichten Ästhetik zeigt er sich in Design und Funktion auch noch siebzig Jahre später hochaktuell. Als robuster Mehrzweckstuhl mit Vierbeingestell ist der "SE 68 SU" allen Anforderungen des öffentlichen Raumes gewachsen. Für das Kulturzentrum wählten die Architekten die Modelle mit Rückenlehnen und Sitzen aus Buchenfurnier natur und schwarz gepulverten Rundrohr, so dass diese im Zusammenspiel ein kontrastreiches Bild ergeben. Die Wiederholung des Stuhls, vom Vortragssaal bis zu den Einzeltischen in der Bibliothek, dient zudem als roter Faden in der Gestaltung, der sich durch alle offenen Ebenen des Hauses zieht. Das Kulturzentrum Tingbjerg bildet so eine urbane Transformation für das Stadtviertel, die dessen Identität stärkt und seine visionären Wurzeln in der Architektur wie im Design aufgreift. (am)