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Peter Wagner

Eine Raumausstattung als Maßanzug

Das Unternehmen Wagner zeigt seit 1949 neue Perspektiven für gesundes Sitzen und eine zukunftsfähige Inneneinrichtung auf. Welche Werte den Entscheidungen von Peter und Rainer Wagner zugrunde liegen und was sie zur kommenden Orgatec planen, sagen sie den HerausgeberInnen von Stylepark im Interview.
16.10.2024

Robert Volhard: Der Stuhlbau hat in eurer Familie eine lange Tradition: Vor 75 Jahren hat euer Großvater das Unternehmen mit einem industriell hergestellten Holzstuhl gestartet, es folgte euer Vater mit dem Bürodrehstuhl im Jahr 1976. Du und dein Bruder Rainer habt 1999 die Premiummarke Wagner Living entwickelt. Worauf seid ihr nach all den Jahren am meisten stolz?

Peter Wagner: Das ist eine gute Frage. Eigentlich auf das Unternehmer-Gen, das unser Großvater uns mitgegeben hat. Die Initialzündung ist, dass wir etwas unternehmen, denn das treibt uns an. Mein Vater hat mir mal gesagt, in schlechten Zeiten, die es auch bei uns gab, du musst immer ein Unternehmer sein, egal ob im Privaten oder im Geschäftlichen. Das habe ich mir immer vor Augen geführt. Dazu kam das ästhetische Verständnis, das schon mein Großvater hatte. Sein Wirtshausstuhl aus den 1960iger Jahren ist ein Klassiker, der heute wie damals Bedeutung hat. Unternehmer, Techniker und Ästhet, diese Kombination hat zum Erfolg geführt. Dann kam das Designverständnis dazu, das für mich das Größte ist. Das konnte ich auch über die Kooperation mit Stylepark stärken und parallel ein Netzwerk aufbauen, Visionen voranzubringen.

Franziska von Schumann: Wie ergänzt du dich mit deinem Bruder Rainer in der Zusammenarbeit?

Peter Wagner: Indem wir uns als zwei völlig konträre Charaktere immer wieder finden und die Dinge auf den Punkt bringen. Rainer ist als klassischer Kaufmann sehr rational, ich bin eher der Phantast, den man ab und an auch mal einfangen muss. Er darf das und beherrscht das auch am besten, weil er mein Bruder ist.

Franziska von Schumann: Wie wichtig ist es euch die Balance zwischen Tradition und Zukunft zu wahren?

Peter Wagner: Die Tradition sagt ja schon, dass der Unternehmer immer in die Zukunft denkt und schreitet. Wir sind konservativ, progressiv, innovativ. Zu der Tradition gehört es, den Entwurf des Wirtshausstuhls zu bewahren und diesen auch neu zu interpretieren – wie mit einem Bewegungsgelenk in der Outdoorvariante. Es geht darum, die Tradition, die Werte zu wahren, ohne die Innovation zu vergessen. Das ist die Grundhaltung von Wagner und auch die Stärke des Unternehmens.

Robert Volhard: Werte ist ein schönes Stichwort. Gesundheit, Design und Funktionalität sind drei wichtige Schlagwörter, die Wagner Living definieren. Euer Portfolio reicht inzwischen weit über den Stuhl hinaus: Mit "D2" habt ihr gemeinsam mit Gonzales Haase AAS und dem Diez Office ein nachhaltiges Raumsystem erdacht, das sich individuell anpassen lässt und zu 100 Prozent recycelt werden kann. Mit einem speziell entwickelten Beschlag aus Polyamid, mit Aluminiumprofilen und Rückwänden aus transluzentem Polycarbonat, können die Aluminium- oder Kartonleichtbauplatten ohne Werkzeug zu Regalen oder ganzen Raumlösungen zusammengefügt werden. Was umfasst euer Nachhaltigkeitsansatz?

Peter Wagner: Der Nachhaltigkeitsansatz umfasst drei große Aspekte: Den ökonomischen, sozialen und ökologischen Nutzen. Wir arbeiten beim "D2" mit sehr wenig Material, das individuell zugeschnitten wird. Ich nutze für den Raum somit nur das, was wirklich benötigt wird. Damit hat es auch einen sozial ökologischen Nutzen. Es geht darum, die Raumausstattung für den Menschen wie einen Maßanzug zu fertigen, eine optimale Lösung zu bieten. Die lässt sich nicht mit Standards finden. Mit diesen sehen alle Räume gleich aus. ArchitektInnen wollen mit der Lösung ihre Idee perfekt abbilden und bei Bedarf verändern. "D2" wird werkzeuglos montiert wie demontiert und es kann in Zusammenarbeit mit unseren PlanerInnen immer wieder verändert werden. Diese Idee passt zu uns als Stuhlhersteller, da wir das Beste für den Menschen wollen. Die Möbel sind die perfekte Ergänzung und dank dem Fokus auf das Wesentliche vergleichsweise günstig. Dazu kommt die Freude an der eigenen Gestaltung, denn auch darüber ergibt sich ein Wert. Mit der Kombination aus System und Individualität bringen wir diese sich bislang fremde Begrifflichkeiten zusammen und schaffen ein neues Miteinander.

Robert Volhard: Der nächste Entwicklungsschritt sind jetzt die Partnerunternehmen von "D2".

Peter Wagner: Genau. Die Orgatec 2024 wird dafür ein Startpunkt sein. InnenarchitektInnen, die frei mit uns zusammenarbeiten und PlanerInnen der Fachhandelspartner übernehmen die Planung, die wir dann mit unseren SchreinerInnen in eine Werksplanung umsetzen. Letztere übernehmen dann auch die Produktion und Lieferung. Wichtig ist dabei der lokale Bezug – das Projekt in Hamburg beispielsweise soll auch von Schreinereien in Hamburg gebaut werden. Mit unserer Ausstellung in der Design Post Köln sind wir ein zentraler Anlaufpunkt für die PlanerInnen aus der Umgebung. Auch in Augsburg haben wir bereits einen Planungspartner für den Raum München. Anhand unserer neuen "Moving Spaces" Broschüre erläutern wir den Gästen auf der Orgatec unsere Idee. Das die zeitgemäß ist, zeigen auch aktuelle Studien wie vom ifo Institut oder die Cisco-Studie. Die besagt, dass in 75 Prozent der Unternehmen in Europa die Mitarbeitenden aus dem Homeoffice zurück in das Büro möchten – aber nur, wenn dieses für kollaboratives und kommunikatives Arbeiten ausgerichtet ist, statt auf Einzelbüros ausgelegt zu sein. Sprich die Mehrzahl möchte zurück ins Büro, nur das Büro ist noch nicht bereit dafür. Wir müssen die alten Denkweisen gemeinsam aufbrechen. Nur dann kommen wir in Deutschland wieder voran.

Franziska von Schumann: Wir sitzen im Wagner Design Lab, das die Architekten Titus Bernhard und Andreas Weissenbach für euch entwickelt haben. Es wurde direkt über eurem ehemaligen Elternhaus gebaut und hat eine spektakuläre Glasfassade. Die Raumaufteilung mit Vorhängen fördert sicher auch flexible Denkweisen und Perspektivwechsel, oder?

Peter Wagner: Ich motiviere meine MitarbeiterInnen über den Verlauf der Woche immer mal wieder den Platz zu wechseln. Selbst unser Marketingchef hat direkt von Beginn an signalisiert, dass er keinen festen Platz braucht, sondern sich bevorzugt frei im Unternehmen bewegt.

Robert Volhard: Kannst du aufschlüsseln, wo bei dem Business Case die Wertschöpfung liegt?

Peter Wagner: Die Wertschöpfung liegt in der Idee. Sobald die Idee eines Raumes da ist, ist die Wertschöpfung überall. Stühle werden bei der Gestaltung einer Innenarchitektur allerdings oft erst am Schluss ausgesucht, wenn das Budget für einen guten Stuhl knapp wird. Daher säumen wir das Pferd von hinten auf und zeigen mit unseren Systemen: Es braucht gute Möbel und gute Raumlösungen, die intelligent für die KundInnen maßgeschneidert werden. Keine Standardlösungen mit vielen überflüssigen Elementen. Es geht darum Lebensräume zu schaffen.

"3D ONE"
"D1" und "D2"
"D1"

Robert Volhard: Wie vermittelt ihr auf der Orgatec, was mit dem "D2"-System alles möglich ist?

Peter Wagner: Wir haben eine D2-Workbox entwickelt, anhand der wir die zahlreichen Möglichkeiten gut darstellen können. Parallel zeigen wir in unserem umgebauten Airstream Wohnwagen, warum Aluminiummöbel ein Leben lang Bestand haben. Wir bieten am Mittwoch, den 23. Oktober 2024 um 14:30 bis 15:30 Uhr einen D2-Workshop auf unserer Fläche in der Design Post an und zusätzlich wird unser Projektmanager Patrick Böhnke auf der Fläche live mit dem D2-System planen.

Franziska von Schumann: Wie entstehen die Kooperationen mit namhaften DesignerInnen wie Stefan Diez, Gonzales Haase, Hadi Teherani und Thorsten Franck? Und was ist bedeutsam, damit die Zusammenarbeit erfolgreich ist?

Peter Wagner: Die Kooperationen entstehen meist aus Netzwerken, die sich stets weiterentwickeln. Parallel sind wir mit der Marke Wagner so weit angekommen, dass auch namhafte ArchitektInnen wie DesignerInnen mit Ideen auf mich zukommen. Eine gewisse Steuerung von unserer Seite gehört natürlich dazu. Es geht um gegenseitiges Verständnis und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln. Neben den bekannten Kreativen ist uns auch der Nachwuchs sehr wichtig. Steven Dahlinger hat beispielsweise mit seinen Entwurf des "Nesting" Sofas mit Wagner Living realisiert.

Franziska von Schumann: Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen?

Peter Wagner: Steven Dahlinger war ein Student in der Klasse von Stefan Diez an der Angewandten in Wien. Für ein Projekt zum Thema "Workspace in progress" sollten sich die Studierenden die Zukunft der Arbeit vorstellen und was die Bedürfnisse an den Arbeitsplatz in dieser wären. Die Idee von Steven hat uns beeindruckt und sie ist zeitgemäß: In einem modernen Büro darf man sich zwischen den Arbeitsphasen auch mal ausruhen, auf ein Sofa setzen oder legen und mit der doppellagigen Rückenlehne von "Nesting" einen temporären Ruheraum schaffen.

Robert Volhard: Was wird uns auf der Orgatec erwarten?

Peter Wagner: Wir bieten einen großen, bunten Blumenstrauß zum Thema Innenarchitektur, mit dem wir sowohl AnwenderInnen wie EnkundInnen überraschen werden. Es geht darum Freiräume für mehr Bewegung zu schaffen.

Wagner Living @ Design Post zur Orgatec
Deutz-Mühlheimerstrasse 22A, 50649 Köln

Öffnungszeiten:

22. bis 25. Oktober 2024
Dienstag: 9 bis 21 Uhr
Mittwoch bis Freitag: 9 bis 19 Uhr

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