STYLEPARK WAGNER LIVING
Freude am Experiment
Anna Moldenhauer: Wie ist die Zusammenarbeit mit Wagner entstanden?
Hadi Teherani: Peter Wagner und ich sind uns auf den Fachmessen begegnet und quasi umeinander herumgeschlichen, bis wir gesagt haben, "Komm, wir machen mal ein Projekt zusammen". Da Wagner Living zu der Zeit gemeinsam mit Thorsten Franck bereits mit dem 3D-Druck experimentiert hat, war das eine gute Gelegenheit.
Die Beschreibung der Minimalfläche des Mathematikers H.F. Scherk von 1885 diente als Inspiration für die Grundform des Hockers – was hat Sie daran fasziniert?
Hadi Teherani: Es sollte ein Hocker sein, den man auch als Hocker benutzen kann. Der statisch und auch ergonomisch funktionieren sollte. Dafür musste zuerst eine stabile Struktur berechnet werden und dann ging es um die Feinarbeiten, so dass der 3D-Druck gleichmäßig verläuft. Wir hatten zuerst mit einer glatten Oberfläche begonnen, die Form hat sich auch durch die nötige Statik ergeben. Die Minimalfläche war eine Inspiration zu Beginn. Wir wollten etwas herstellen, dass mit keinem anderen Verfahren realisiert werden kann. Zudem wollten wir die Grenzen des 3D-Drucks austesten, experimentieren, welche Formen im Vergleich zu konventionellen Herstellungsmethoden möglich sind.
Ein Zitat von Ihnen ist "der Entwurf ist schon da, du musst ihn nur erkennen". Welche Lösung lag für den "W3D" auf der Hand, die Sie sichtbar gemacht haben?
Hadi Teherani: Für die Erkenntnis diente uns auch der Computer, sprich die Form war bereits da, aber der Weg zu ihr noch nicht komplett. Die Form des Hockers zeigt zudem auch parametrische Strukturen, die in der Architektur bereits seit Jahrhunderten gebaut werden.
Die Kollektion wird nun mit Tischen erweitert – was genau erwartet die BesucherInnen in Mailand?
Hadi Teherani: Die Tische werden drei unterschiedliche Höhen fertigen, so dass sie jeweils zu den Versionen der Hocker passen, beispielsweise als Stehtisch. Dazu bieten wir Materialkombinationen wie Glas und Fenix Chrom an, denn der Entwurf lässt viel Spielraum in Bezug auf Material und Farbe. Ebenso ist die Integration von Licht geplant. Gerade die großen Tische im 3D-Druck zu fertigen war eine Herausforderung.
Der "W3D" ist in Serie produzierbar und aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt. Was war nötig um diese Vision zu realisieren?
Hadi Teherani: Der Wille. Unser Ansatz ist ganzheitlich, die Frage der Nachhaltigkeit daher selbstverständlich. Wir mussten prüfen, wie sich das Material in den thematischen Bedingungen verhält, ob die Stabilität gegeben bleibt. Der Bio-Kunststoff ist aktuell sehr preisintensiv, weil er aus naturbasierten Rohstoffen besteht. Wenn die Nachfrage nach dem Produkt steigt, wird sich das auch verändern. Die Hauptsache um neue Wege zu gehen ist den ersten Schritt zu setzen.
Die Lehre des Bauhauses ist für Sie ein Vorbild, was hätte Marcel Breuer wohl zu dem "W3D" gesagt?
Hadi Teherani: Der würde das wunderbar finden. Nachhaltiges Zukunftsdesign, im Material auf ein Minimum reduziert.
Sie haben vor kurzem mit Matthias Gretzschel Ihre Biografie veröffentlicht – und dafür jede Station Ihrer Ausbildung und Ihres Berufs noch einmal Revue passieren lassen. Gibt es etwas, dass Ihnen dabei neu bewusst geworden ist?
Hadi Teherani: Ich habe eher Bestätigung empfunden als im Rückblick etwas anders machen zu wollen. Meine Arbeiten von heute würde ich heute genauso wieder realisieren. Ohne zu es wissen, hatte ich bereits damals das richtige Gefühl, den richtigen Ansatz für die Wege. Zudem bin ich der Meinung, dass man den Beitrag, den man für die Gesellschaft leisten kann auch leisten sollte.
Ihr Mindset war von Beginn an offen für Experimente, Ihre Studienrichtung haben Sie beispielsweise damals mit einem Münzwurf entschieden. Wie hat sich diese Offenheit auf Ihr Design ausgewirkt?
Hadi Teherani: Das stimmt, ich gehe mit einem offenen Blick in die Zukunft. Ich möchte mich nicht zu früh festlegen oder irgendwelchen Dogmen folgen. Was auf uns zukommt soll spannend bleiben. Ich maße mir nicht an bereits zu wissen was richtig und was falsch ist, sondern möchte die Lösung in meiner Arbeit finden. Die Vergangenheit interessiert mich nur partiell, ich habe immer für die Zukunft entworfen. Man muss frei sein für das Neue und seine Prozesse auch den gesellschaftlichen Stimmungen, den neuen Technologien und den Anforderungen der Nachhaltigkeit anpassen. Wenn der eigene Rucksack sinnbildlich zu schwer ist, lassen sich neue Wege nur schwer beschreiten.
Ihr Design begann 2001 mit einem futuristischen Bürostuhl – wäre ein Drehstuhl auch eine Option für die weitere Zusammenarbeit mit Wagner?
Hadi Teherani: Durchaus, wenn er nachhaltig ist. Mir geht es in der Zusammenarbeit mit einem Unternehmen immer darum die DNA herauszuarbeiten und daraus die Ideen zu entwickeln. Es geht mir nicht nur um die Funktion, sondern um das Ganze, von der Struktur bis zur Würde des Produkts. Wir vereinen somit in unserer Arbeit mit Wagner Living architektonische und gestalterische Aspekte.
Ihre Perspektive war stets optimistisch – welchen Rat würden Sie jungen ArchitektInnen mit auf den Weg geben, die gerade erst in den Beruf einsteigen?
Hadi Teherani: Ganz vorne sind immer noch Plätze frei. Wenn man eine Vision hat, sollte man nicht daran denken, ob sich damit genug Geld verdienen lässt oder nicht. Das, was ich mache, muss ich lieben, dann ist das Ergebnis hundertprozentig auf dem Punkt. Nur so kommt der Erfolg. Was zählt ist Passion, Energie und ein offener Blick.
Wagner @ Milan Design Week
Via Alessandro Manzoni 23, 20121 Mailand
Öffnungszeiten:
16. bis 19. April 2024, 10 bis 21 Uhr
20. April 2024, 10 bis 17 Uhr