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FEATURED STORY
Die Dinge neu denken

Mit "Shell" hat Corian Siedentopf eine skulpturale Schale aus Mineralwerkstoff und Furnier entworfen, die Form und Funktion harmonisch miteinander verbindet.
von Anna Moldenhauer | 19.11.2021

"Die Grundidee war eine Schale zu entwerfen, die so wenig Bodenkontakt wie möglich hat", sagt Corian Siedentopf über das Konzept von "Shell". Seine Wahl fiel auf eine Ellipse, die nur von einer Seite aus gebogen ist. "Ich komme aus der Bildhauerei und da spielen wertige Materialien und freie Formen eine große Rolle. Das adaptiere ich jetzt in meiner Arbeit als Möbeldesigner", sagt er. Auch im Material ist die Schale besonders: sie besteht aus dem Mineralwerkstoff Corian, ihre Oberfläche aus Furnier in Eiche, Walnuss oder Olive. Bereits für den Spiegel "Adore" hat Siedentopf das Material Corian verarbeitet, dessen Bezeichnung er selbst als Vornamen trägt. Aus diesem Zufall entstand 2019 die Zusammenarbeit mit DuPont Corian und seinem Designstudio Voncori. "Das Material Corian war für mich schon immer eine interessante Sache, weil es sich sowohl additiv wie subtraktiv verarbeiten lässt – man kann es nahtlos verschweißen, mit der CNC-Fräse bearbeiten und tiefziehen. Als Thermoplast ist es möglich, es mit einer Negativ- und Positivform in eine gewünschte Form zu bringen. Das fand ich spannend und wollte gerne die Möglichkeiten des Materials ausprobieren", so Siedentopf. Für die Kombination mit Furnier brauchte es einige Versuche, bis er mit sechs Millimeter eine Plattenstärke gefunden hatte, die zu einer idealen Symbiose beiträgt. Auch die neutrale weiße Farbe des Mineralwerkstoffes ist kein Zufall, denn "die Farbe Weiß ist ideal für komplexe Formen, da der Licht, Schatten-Kontrast am stärksten ist und die Form so ideal zur Geltung kommt. Nicht ohne Grund ist der weiße Marmor der von BildhauerInnen am Häufigsten verwendete Naturstein", erklärt er. Und fügt hinzu: "Auch verstärkt Weiß die Assoziation mit Seide, die sich im Wind bewegt oder über einen Körper gespannt ist. Das verleiht der Schale Leichtigkeit und verstärkt den Eindruck sie würde schweben."

Materialexperimente sowie die Suche nach individuellen Ausdrucksmöglichkeiten prägen "Shell". Das Ergebnis ist eine skulpturale Schale, organisch, aber mit eigenem Dreh, die das Bedürfnis weckt, sie zu berühren und genauer zu betrachten. "Ich habe eine Liebe zur Konstruktion und versuche die Dinge neu zu denken, so begreife ich meine Arbeit als Designer", sagt er dazu. Dass seine Wurzeln in der Bildhauerei liegen, zeigt sich an vielen Details – sei es an seiner Vorliebe für massive, wertige Materialien und freie Formen oder an seinem Anspruch Möbel zu entwickeln, die als lebenslange Begleiter dienen können. "Ich habe erkannt, dass gerade in den Möbeln ein unglaubliches Potenzial steckt, um mich auch bildhauerisch auszuleben", so Corian Siedentopf. Sowohl mit "Shell" wie auch bei seinen weiteren Arbeiten schafft er Objekte aus langlebigen Materialien, bei denen die Grenzen zwischen Kunst und Design fließend sind. "Für mich folgt nicht die Form der Funktion, ich versuche stattdessen ein harmonisches Zusammenspiel zu erzeugen", sagt er. Was würde der Lehrmeister von Corian Siedentopf, der Bildhauer Tony Cragg, zu seinen Arbeiten sagen? "Ich denke ihm gefällt was ich mache, ob er es zugeben würde, weiß ich nicht", schmunzelt er.

"Shell" von Corian Siedentopf/ Voncori