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Hotel
Himmlische Balance

Mit Feingefühl für den Bestand hat Vincent Van Duysen ein Augustinerstift in Antwerpen in ein Hotel umgebaut.
von Markus Hieke | 12.06.2019

Es gibt wahrlich besondere Orte, an denen Hotels eingerichtet werden: historische Gebäude, die von einer bewegten Geschichte erzählen, Umnutzungen, die heute weit entfernt liegen von früheren Anforderungen. Seit kurzem zählt das Hotel August in Antwerpen dazu: 44 Gästezimmer bietet es in einem ehemaligen Augustinerstift, der einst zum Militärkrankenhaus der belgischen Stadt gehörte. In dem Gebäudekomplex am Rand des neoklassizistischen Klinikensembles wohnten früher Nonnen, die sich Tag und Nacht um die Genesung der Patienten kümmerten. Im Vorderhaus konnten Gäste unterkommen und eine Kapelle diente der Andacht.

Dass diese Vergangenheit noch klar ablesbar ist, auch wenn ein gänzlich neues Konzept Einzug hielt, ist dem behutsamen Umgang des Antwerpener Architekturbüros Vincent Van Duysen zu verdanken. Gemeinsam mit Wouter Callebaut Architecten aus Gent, die sich auf Restaurierungsprojekte spezialisiert haben, wurde eine gestalterische Idee entwickelt, die den denkmalgeschützten Bestand respektiert und in den Gesamtkontext des Klinikgeländes einsortiert, welches als Ganzes neu belebt werden sollte.

Den Eingang zum Hotel markiert eine Fassaden- und Vordachstruktur aus schwarzem Stahl, die im Kontrast zur roten Backsteinfassade steht. Hier wird auf Glasdächer angespielt, die einmal die Terrassen von Krankenhauspavillons überdachten. Auf zeitgenössische Art markiert die Konstruktion aber auch ein Pendant zu den Art-déco-Elementen, die die Fassaden des benachbarten Cogels-Osylei-Viertels schmücken. Ein Blick nach drinnen bezeugt die gleiche Sorgfalt, mit der hier auch historische Details erhalten und mit einer zeitgemäßen Formsprache kombiniert wurden: Zierprofile an den Wänden, schmuckvolle Fliesenböden und eine minimalistische schwarz-grüne Möblierung am Empfangstresen.

Stärker noch wird der Kontrast in der früheren Kapelle, die nun als Bar und so als Treffpunkt im Zentrum des Hotel August dient. Die Bogendecke wurde schwarz gefärbt, was die Aura der Kirche etwas dämpft. Mithilfe von Sofas und halbhohen Trennwänden wird der Raum segmentiert und der Bartresen fand anstelle des Altars Platz. Im angrenzenden Wintergarten befindet sich das Restaurant des Hotels, das von einem Glasdach überspannt wird – was seine zentrale Rolle im Haus betont, wie die Architekten erklären. Auch hier wurden Profile und Türen sorgfältig restauriert und mit handbemalten Fliesen, Oberflächen aus weißem Marmor, einer Beleuchtung von Flos und Möbeln von Vincent Van Duysen für Molteni&C in ein ausgewogenes Zusammenspiel gebracht. Eine ähnliche Sprache in Material und Farbe zieht sich bis in die Hotelzimmer durch, nur dass hier mit helleren Holzlasuren gearbeitet wurde.

Ein wenig verwunschen wirkt dieser Ort. Zwei von Landschaftsarchitekt Martin Wirtz begrünte Gärten und ein noch kleinerer Hof mit Schwimmteich verstärken diesen Eindruck. Dabei richtet sich das August nicht nur an übernachtende Besucher – Bar, Restaurant und Spa sprechen ausdrücklich auch die Nachbarschaft an. Ebenso wie die Zutaten der regionalen Küche zum Teil direkt aus dem benachbarten Dachgarten kommen. Privatheit und Öffentlichkeit, Geschichte und Gegenwart paart Vincent Van Duysen, indem er eine, für ihn bezeichnend, klare Linie führt und nur das Nötigste am Bestehenden antastet.

Kontakt Hotel

Jules Bordetstraat 5
2018 Antwerpen, Belgien

Telefon: +32 35 00 80 80

Architektur & Design