Sweet smart home: Die „Wohnschachtel“ von Martin Walter am Fechenheimer Bahnhofsplatz – ein zweigeschossiger Bau mit Glas-Fuge in der Mitte – steckt voller technologischer Raffinessen. Auch die clevere Verschattungslösung an der Fensterfront zur Terrasse lässt sich automatisch steuern.
Foto © Eibe Sönneken/Liquid Architekten
Wofür haben Sie sich dann entschieden?
Martin Walter: Der Elektriker kam mit diversen Angeboten. Ich war überrascht, dass die komplette Anlagetechnik gegenüber einer konventionellen Verkabelung nur um ein Drittel teurer sein würde. Leerrohre hatte ich ohnehin vorgesehen, hinzu kamen Datenkabel und Schalter. Die eigentliche Steuerung berechnete er später, und ich entschied mich für Hager. Die Schalter stammen von Gira. Komponenten verschiedener Hersteller lassen sich mit dem Bussystem KNX kombinieren. Ursprünglich sollte die Steuerung nur Licht und Steckdosen betreffen. Ich wollte von Anfang an, dass die Anlage flexibel und aktualisierbar, sodass sich später weitere Systeme, wie beispielsweise große Wand-Displays, integrieren lassen. KNX ist der aktuelle Standard, der die nächsten Jahre wohl Bestand haben wird. Dafür war ich bereit, mehr Geld auszugeben.
Schon während des Innenausbaus erwies sich die Flexibilität als wichtig. Weshalb?
Martin Walter: Das hat mit seitlichen Fenstern zur Lüftung des Hauses zu tun. Ursprünglich sollten sie von Hand geöffnet werden. Aus Kostengründen habe ich während des Baus ein Podest im Innern eingespart. Dadurch war das Fenster plötzlich viel zu weit oben, denn der Rohbau stand bereits. Also ließ ich ein elektrisches Kabel verlegen, um die Fenster mit Motoren steuern zu können. Im Nachhinein das Beste, was passieren konnte. Der Öffnungswinkel der kleinen Fenster beträgt knapp 20 Grad. Ich kann also gefahrlos lüften, zur Arbeit fahren und die Fenster von unterwegs schließen. Wenn man es vergisst, ist das im Sommer nicht schlimm, im Winter jedoch weniger gut. Es war vorgesehen, dass sich die Fenster nach einer Stunde automatisch schließen. Bislang hat das keiner hinbekommen.
Keine sehr anspruchsvolle Aufgabe?
Martin Walter: Im Grunde nicht. Dazu kommen wir noch…Zunächst wurde die Aufheizung des Gebäudes zu einem Problem.
Und wie haben Sie dem entgegengesteuert?
Martin Walter: Als ich bereits eingezogen war, stellte sich heraus, dass die Sonneneinstrahlung auf der südwestlichen Schmalseite des Hauses doch ein bisschen heftig war. Ein Bauphysiker hat mir nahegelegt, diese Seite um mindestens ein Drittel zu schließen. Im ersten Sommer war es unerträglich. Jalousien kamen für mich nicht in Frage. Das Haus soll stets offen wirken. Ich finde es furchtbar, wenn um 17 Uhr überall die Rollläden runtergehen; da wirkt die Stadt dann tot. In Holland oder Dänemark gibt es so etwas gar nicht.
Also gab es eine Speziallösung?
Martin Walter: Ja, an der Südwestseite ist jetzt außen ein Vorhang angebracht aus einem lichtdurchlässigen, blickdichten Material, das sonst zur Abdeckung von Tennisplätzen genutzt wird. Jalousien oder Lamellen waren konstruktiv zu aufwändig, zu schwer oder zu teuer. Der Vorhang ist für mich die sympathischste Lösung. Mit 10 Euro pro Quadratmeter ist er zudem äußerst günstig und zudem ist die Lichtbrechung sehr reizvoll. Auch hier half die Bus-Steuerung weiter. Allerdings gibt es Kontakte, die den Motor abschalten, sobald der Vorhang geöffnet oder geschlossen wird. Leider ist die außen laufende Befestigung des Vorhangs störanfällig und daher bleibt er im Moment daher zu.
Was sind Ihre Erfahrungen mit der Technik?
Martin Walter: Leider habe ich überwiegend Negatives zu berichten. Die Grundidee ist toll, hat in der Praxis aber etliche Schwachstellen. Es beginnt damit, dass dem Elektriker meine Haussteuerung gehört. Bei mir war sie Teil des Gesamtprojektes. Aber auch, wenn ich sie separat bezahle, bin ich verpflichtet, mit dem einmal gewählten Elektriker zusammen zu arbeiten. Aber was passiert, wenn der Elektriker insolvent ist? Wenn er wegzieht oder ich mich entschließe, mit einem anderen Betrieb zusammen zu arbeiten? Das ist nicht vorgesehen. Das Prinzip der Kundenbindung bekommt hier eine neue und unschöne Bedeutung.
Was bedeutet das konkret?
Martin Walter: Ein anderer Elektriker kann die Programmierung nicht anhand der Daten des Hauses nachvollziehen. Er muss von vorn anfangen. In meinem Fall haben sich die beiden Partner des Betriebes zerstritten. Der eine ist in Pension gegangen und hat angeblich alle Daten, die bei ihm verblieben sind, gelöscht. Sollte ich jetzt etwas ändern wollen, müssten wir bei null anfangen. Ein strukturelles Problem, das sich extrem nutzerfeindlich auswirkt. Da muss jeder Lichtschalter neu programmiert werden. Handelt es sich um einen Dimmer oder nicht und was steuert er? Welche Szenarien gibt es?
Sie wurden also als Nutzer zum Experten?
Martin Walter: Man findet so manches heraus. Das System ist nicht offen. Der Elektriker muss für die Software zur Programmierung etwa 1.000 Euro pro Lizenz ausgeben. Und so gibt es in den üblichen Betrieben einen Laptop mit dem entsprechenden Programm, und einen Mitarbeiter, der das beherrscht.
Man muss also das eigene Haus hacken lernen?
Martin Walter: Für mich hat das Konsequenzen. Eine Zeitschaltuhr und eine Außenbeleuchtung mit Bewegungsmelder werde ich demnächst hinzufügen. Aber ich werde sie nicht ans Bus-System anschließen. Man baut das System ein, weil man meint, man kann damit auf dem aktuellen Stand bleiben und dann sieht es in der Praxis anders aus. Die Werbung verspricht, dass ich mein Haus mit dem iPhone steuern kann…
Und das funktioniert nicht?
Martin Walter: Heute wäre vieles mit einer Standard-Verkabelung und einzelnen Steuerkomponenten einfacher und kostengünstiger. Doch das System hat seine Tücken. Etwa, sobald ich etwas selber machen möchte. So ähnlich, wie ich mir meinen Wecker für morgen stelle, möchte ich vielleicht eine Lichtquelle einmalig umprogrammieren. Das geht jedoch nicht.
Aber das sind auch besondere Ansprüche?
Martin Walter: Nicht unbedingt. Ärgerlich ist auch: Seit fast einem Jahr kann ich von außen nicht mehr aufs Haus zugreifen. Aber genau das wünsche ich mir an Komfort, wenn ich etwa im Winter die Heizung aufdrehe, bevor ich nach Hause komme. Oder, wenn ich im Sommer die Fenster aufmache, um durchzulüften. Jetzt aber müsste ich den Elektriker kommen lassen. Er macht einen Reset, anders, als ich das könnte. Das kostet mich jedes Mal 130 Euro für Anfahrt und Tätigkeit. Aktuell ist eine komplette Tastengruppe ausgefallen und ich weiß nicht, woran das liegt.