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Max Wörner, Geschäftsführer von der TRIQ GmbH

NACHHALTIGKEIT
Bausteine für die Bauwende

Die TRIQ GmbH hat mit "TRIQBRIQ" ein patentiertes Holzbausystem entwickelt, für das Schwach- und Schadholz als kreislauffähiger Baustoff verwendet wird. Das Ziel sind klimaneutrale Gebäude, die ein Umdenken in der Baubranche fördern. Das Konzept erklärt uns Geschäftsführer Max Wörner im Interview.
05.08.2021

Anna Moldenhauer: Herr Wörner, wie ist die Idee für das Holzbausystem "TRIQBRIQ" entstanden?

Max Wörner: Wir sind eigentlich ein klassischer Projektentwickler, der aber aus der konventionellen Bauschiene aussteigen will, um nachhaltige Wohngebäude zu entwickeln. Unser Ziel ist es, ein seriengefertigtes Standardprodukt anzubieten, das ähnlich wie ein Ziegelstein in Masse hergestellt werden kann und so mit Blick auf den Preis, die Lieferfähigkeit und die Planbarkeit in unterschiedlichsten architektonischen Bereichen zum Einsatz kommt. Für ein nachhaltiges Gebäude möchten wir keine ausgewachsenen Bäume fällen, sondern Schwach- und Schadholz verwenden, das in der Forstwirtschaft als Abfallprodukt verwertet wird, wie etwa für OSB-Platten. Dank der Architektur des Bausteins ist es möglich, viele Ansätze miteinander zu vereinen: Das Holz ist günstig und wir können dennoch ein sehr stabiles, tragfähiges Serienprodukt produzieren, das auch im Geschosswohnungsbau eingesetzt werden kann.

Woher stammt das Schwach- und Schadholz für die Fertigung?

Max Wörner: Aus heimischen Wäldern – wir wollen den Holzbau revolutionieren und in die Fläche bringen. Das fängt schon bei der Produktion an: Wir stellen ein Ökosystem vor, in dem wir eine Produktionslinie mittels Plug and Play auf bestehende Sägewerke implementieren können, überall dort wo das Schwach- und Schadholz anfällt. Dadurch ist es möglich, flexibel zu reagieren, wenn beispielsweise das Aufkommen der Kalamitäten durch ein Sturmtief oder eine Borkenkäferplage sprunghaft erhöht wird. Die Elemente können direkt vor Ort produziert und weitertransportiert werden. Wir schaffen damit eine neue Wertschöpfungskette für diese Art von Holz. Außerdem haben die Sägewerke dann die Möglichkeit, ein eigenständiges Produkt herzustellen.

Es gibt auch Stimmen, die sich gegen die umfangreiche Verwendung des kostengünstigen Schwach- und Schadholzes aussprechen – es heißt, dass so ein Preisverfall im Holzmarkt verursacht würde. Wie stehen Sie zu dieser Diskussion?

Max Wörner: Ich denke, man sollte miteinbeziehen, was bisher mit dem Kalamitätsholz passiert: Ein sehr großer Anteil wird nämlich einfach verbrannt. Die Waldbesitzer können das Schwach- und Schadholz überwiegend nicht verkaufen, da nur bestimmte Längen und Stückzahlen gefragt sind. Teilweise wird das Holz geschreddert und zu OSB-Platten verarbeitet. Die Preise, die hier gezahlt werden, sind auch meiner Meinung nach viel zu gering. Die Wertschöpfung des Waldes muss daher sinnvoll erweitert und für die Industrie mitgedacht werden. Daher ist es wichtig, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Ziel für die Bauwende verfolgen: Mischwälder und die Aufforstung fördern, den Holzbau industrialisieren, Abläufe vereinfachen. Unser Bausteinsystem kann jeder Maurer, Rohbauer oder auch Messebauer einsetzen. Zudem kann es für nahezu jede Form der Architektur verwendet werden – vom sozialen Wohnungsbau bis zur Luxusvilla. Es gibt derzeit so viele Aufgaben, um die Bauwende zu bewältigen und wir sehen uns da als einen Baustein.

Können Sie uns mehr über die Eigenschaften von "TRIQBRIQ" erzählen wie etwa Tragfähigkeit, Feuerfestigkeit, Dämmwert und Langlebigkeit? Gibt es dahingehend Unterschiede zwischen Schadholz und gesundem Holz?

Max Wörner: Ich nenne da gerne ein Beispiel aus dem Lebensmittelbereich – wenn eine Banane nicht schön gewachsen ist, bedeutet das nicht, dass ihre Qualität schlechter wäre als eine, die perfekt in der Norm ist. Schwach- und Schadholz sind auch namensbedingt negativ besetzt. Der Unterschied ist eher optisch: das Holz weist größere Astlöcher auf, ist nicht normgerecht geformt, oder es erhält durch den Schädlingsbefall eine blaue Verfärbung. Mit unserem patentierten dreiaxialen Dübel-Verbindungssystem und den kleinteiligen Holz-Elementen können wir diese Schadstellen umgehen – sie können der Serie so nichts anhaben. Das Ergebnis ist ein sehr starkes System, 30 Zentimeter breit, 30 Zentimeter hoch, in der Länge variabel. Die einzelnen Elemente sind zwar aus Schwach- und Schadholz gefertigt, aber in der Verbindung mit den Hohlholzdübeln ergibt sich ein Massivholzsystem. Damit schaffen wir auch eine sehr hohe Speicherfähigkeit an Co2. Hier sollte ein Umdenken in der Bauphysik und auch bei den ArchitektInnen stattfinden, gerade im Bereich Oberflächentemperierung und Holzkernaktivierung. Diese Punkte kommen immer mehr zum Tragen. Mit "TRIQBRIQ" baut man diffusionsoffen, das Raumklima wirkt automatisch reguliert. Mit verschiedenen Schalungssystemen kann man zudem alle denkbaren Formen umsetzen, schmalspurig oder als Passivhausstandard. Das System ist sehr tragfähig, wir können knapp 30 Tonnen auf dem laufenden Meter abstellen. Zudem ist der Rückbau sortenrein möglich, das Material ist aber auch komplett recycelbar.

Sie kommen ohne künstliche Verbindungsmittel wie Leim aus. Wie schaffen Sie das?

Max Wörner: Unser Vorteil ist, dass wir im Verband bauen und dank der Noppenstruktur die vertikal stehenden Hölzer über Dübel einfach verbinden können. Das heißt, ich stecke den Stein auf die erste Reihe und verschiebe die Dübel, so dass sich alle kleineren stehenden Elemente miteinander verketten. Wenn wir in diesem Raster arbeiten, brauchen wir keine weiteren Verbindungsmittel. Es kommt natürlich ein wenig auf die Architektur an. Wenn etwas auf den Bestand aufgesetzt wird, werden mitunter Verbindungsmittel nötig. Aber die Verbindungen im System selbst funktionieren tatsächlich nur über die Holzdübeltechnik – ohne Schrauben oder Leime.

Welche Gestaltungsfreiheit bietet das System? Sind auch Sonderformen denkbar?

Max Wörner: ArchitektInnen können innerhalb des Rasters frei gestalten. Wir entwickeln gerade eine Software, die aufzeigt, an welchen Stellen man beispielsweise Fenster platzieren kann, ohne Sonderteile zu brauchen. Auch jegliche diffusionsoffene Art von Fassade kann vorgehängt werden. Wir möchten ein Rohbausystem entwickeln, das dann als bauphysikalisch wichtiges Tragelement eingesetzt und sich einfach an die Bedürfnisse anpassen lässt. Das Ergebnis muss also nicht ein klassisches Holzhaus sein, da die Struktur auch modern verkleidet werden kann.

Mit dem Bausteinsystem möchten Sie auch Endkunden ansprechen. Was sollten diese beachten?

Max Wörner: Es kommt ein wenig darauf an, was gebaut werden soll und auf welchem Grundstück. Die Skizzen der Bauherren können wir unter Berücksichtigung des Baurechts mit unserem System relativ einfach aufgreifen. Wir arbeiten auch mit Servicepartnern zusammen, die mittels künstlicher Intelligenz Gebäudesimulationen schon auf Basis der ersten Ideen erstellen und dann die Möglichkeiten der Umsetzung prüfen, um anschließend in die Fachplanung einzusteigen. Da muss auch ein Umdenken stattfinden – der konventionelle Prozess ist meist zu eindimensional. FachplanerInnen haben nicht die Möglichkeit, wie eine Maschine milliardenfache Berechnungen in kurzer Zeit zu prüfen, um das Optimum herauszufinden zwischen Baukosten, Co2- Einsparung und Betriebskosten. Da möchten wir ansetzen und unser System in verschiedene Softwarelösungen implementieren, so dass beim Kunden schon in der Planungsphase eine gewisse Bandbreite an Möglichkeiten dargestellt wird. Ich denke, das ist die Zukunft: den Planungsprozess allumfassend starten und erst im Anschluss in die Feinplanung und Fachplanung einzusteigen.

Was fehlt aktuell noch, um mit "TRIQBRIQ" einen Schritt nach vorne zu gehen?

Max Wörner: Da das System weiter skalierungsfähig ist, suchen wir fortlaufend Investoren und strategische Partner. Ebenso sind wir darauf angewiesen, Unterstützung seitens der Politik und der Behörden für die bauaufsichtliche Zulassung zu erhalten. Aktuell ist es leider noch nötig, für jedes neue Bauprojekt eine Einzelzulassung zu beantragen. Bislang haben wir zwei Gebäude in Deutschland im Genehmigungsprozess.

Wäre auch eine Kooperation mit anderen Unternehmen wie "Gelzhäuser Forst" oder "Blockhaus Typen" für Sie denkbar, die ebenso Schwach- und Schadholz für den Bau von Gebäuden verarbeiten?

Max Wörner: Wir sehen uns als kleinen Baustein in der Bauwelt und möchten auf verschiedene Systeme aufsetzen, dabei nachhaltig bauen, auch im Bereich des Tiny House oder des Selbstbauhauses. Wir haben verschiedenste Ideen und sind für jede Kooperation erstmal offen, da wir alle das gleiche Ziel haben: Wir wollen eine Bauwende. Dafür ist es unerlässlich, dass die großen, etablierten Unternehmen mit den kleinen, aufstrebenden Start-ups zusammenarbeiten.