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Außenperspektive Frankfurt School von Rem Koolhaas und OMA

Traut Euch!

Für großartige Architektur braucht es den Mut der Entscheidungsträger. Das Ergebnis des Wettbewerbs für den neuen Campus der „Frankfurt School of Finance and Management“ zeigt eindrucksvoll, warum dies in Deutschland nur selten der Fall ist.
von Daniel von Bernstorff | 20.03.2013

Da hatte man die ganz Großen der Architekturszene zum Wettbewerb eingeladen: Zaha Hadid, Dominique Perrault, Rem Koolhaas und einige andere Stars der Szene. Einen echten „Footprint“ für die Stadt Frankfurt wollte man setzen, einen der internationalen Protagonisten für ein Bauprojekt in der Stadt am Main gewinnen. Das an diesem Dienstag verkündete Ergebnis gibt wenig Anlass zur Vorfreude. Ein mittelmäßiger Entwurf von Henning Larssen, der noch dazu stark überarbeitet werden soll, sowie eine wenig inspirierte Arbeit von Dominique Perrault kamen auf den geteilten ersten Rang.

Der „gefühlte“ Siegerentwurf von Rem Koolhaas und OMA, der die komplizierten Anforderungen von Gelände, städtebaulicher Einordnung und Denkmalschutz mit Abstand am kreativsten aufgreift, musste sich mit dem undankbaren dritten Rang begnügen und hat damit keine Chance mehr, realisiert zu werden. Es ist wie so oft hierzulande: Es fehlt einfach der Mut und das Selbstbewusstsein, eine solche Chance, die sowohl dem Bauherrn als auch der Stadt Frankfurt zu Prestige und internationalem Ansehen verholfen hätte, zu ergreifen.

Dabei zeigt ausgerechnet der nahe gelegene Neubau der Europäischen Zentralbank von Coop Himmelb(l)au, dass herausragende und ikonische Architektur und komplizierte Anforderungen an Raumprogramm und Funktionalität gut vereinbar sind.

Die Arbeit von Rem Koolhaas für die Frankfurt School hat all dies. Ikonische Qualität, ohne anbiedernd oder über Gebühr modernistisch zu wirken, Gespür für die städtebauliche Situation und die Einbindung der Umgebung, formale Brüche, die überraschend und aufregend zugleich sind und dennoch das Gebäude nicht destabilisieren. Und nicht zuletzt eine gestalterische Qualität, die über jeden Zweifel erhaben ist. Dem Einwand der Jury, dem Gebäude fehle im Inneren womöglich ein klares Orientierungssystem, lässt sich entgegen halten, dass dieser Punkt im Vergleich zur Gesamtqualität eher unbedeutend erscheint, beziehungsweise, dass er im Zuge einer Überarbeitung noch verbessert hätte werden könnte. Zudem sieht der Entwurf eine halböffentliche Zone zwischen den Baukörpern vor, die als klare Geste der Öffnung verstanden werden kann und der Stadt einen einzigartigen Raum geschenkt hätte.

Was nun aller Wahrscheinlichkeit kommen wird, ist ein überarbeiteter, seiner kaum vorhandenen Originalität vollends beraubter Bau von Henning Larssen, der dem Frankfurter Stadtbild nicht nur keine neuen Impulse verleihen, sondern von dem man auch schon bald nicht mehr wissen wird, aus welcher Zeit er stammt. Das ist sehr schade, weshalb man allen Beteiligten zurufen möchte: Schaut nach Rotterdam, nach Utrecht oder Kopenhagen, nach Sydney oder Basel, wo herausragende Architektur zu finden ist.

Entwurf von Rem Koolhaas und OMA