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Eine Frage des Gleichgewichts

Auf der imm cologne Anfang diesen Jahres präsentiert, zeigte TON nun auf dem Salone del Mobile die Weiterentwicklung von "Chips" der tschechischen Designerin Lucie Koldová. Was genau verändert wurde, hat sie Anna Moldenhauer im Interview verraten.
26.04.2018

Anna Moldenhauer: Inwiefern wurde "Chips" nach der Präsentation auf der imm cologne weiterentwickelt?

Lucie Koldová: Im Prinzip proportional. Wir haben die endgültige Form nicht verändert, aber an den Details gearbeitet. Die Dicke und der Komfort des Kissens, der Hocker der zu "Chips" gehört, die Dicke der Beine und die Stabilität des Stuhls – all das waren Themen die uns nach der Messe beschäftigt haben. Für "das Haus" hat es bereits perfekt funktioniert, aber wir wollten ein perfektes Endergebnis.

Anna Moldenhauer: Ich werde nach dem Interview einmal probesitzen.

Lucie Koldová: Das Kissen könnte ein wenig softer sein, aber wir haben es jetzt so gestaltet, dass es sich dem jeweiligen Rücken anpasst und somit einen ergonomischen Nutzen hat. In der ersten Serie war es eher steif und damit nicht für jeden bequem.

Anna Moldenhauer: Sie haben bei dem Stuhl das traditionelle Handwerk des Holzbiegens mit einem modernen Design kombiniert – hatten Sie hierbei seitens TON freie Hand oder gab es klare Vorgaben?

Lucie Koldová: Ich hatte eher eine Art Carte blanche – die Idee für "Chips" kam von mir und ich hatte bereits klare Vorstellungen für die Proportionen und Farbtöne. TON mochte mein Design wie es war und dann haben wir zusammen an den Punkten Stabilität und Komfort gearbeitet und den vielen Details die bei dem Entwurf eines Sitzmöbels aufkommen. Ich habe die Synergie zwischen diesen Polen gesucht. "Chips" war mein erstes Möbel, daher waren viele Aspekte für mich neu und so konnten wir uns in der Zusammenarbeit perfekt ergänzen.

Anna Moldenhauer: Das bringt mich zu meiner nächsten Frage, Sie arbeiten für Ihre Leuchten sonst in erster Linie mit dem Effekt von Licht – war Ihr Schwerpunkt auch bei der Gestaltung von "Chips" ein Thema, beispielsweise im Hinblick auf die transparente Rückenlehne?

Lucie Koldová: Ich denke das rührt von meiner Obsession mit lichtdurchlässigen Materialien, mit dem Aufbau von Glasschichten, Volumen aufzubauen. Ich wollte bei dieser Großzügigkeit bleiben und ein Statement-Möbel entwerfen. Damit es nicht zu wuchtig wirkt, habe ich die Rückenlehne transparent gestaltet.

Anna Moldenhauer: Sie mögen das Spiel mit Kontrasten, oder?

Lucie Koldová: Ja, das war von Anfang an der Fall. Als ich anfing zu studieren hat mich der Kontrast zwischen Schwarz und Weiß in meiner Arbeit oft begleitet. Es ist eine Frage des Gleichgewichts. So ging es mir auch bei "Chips". Auf der einen Seite wollte ich übertreiben, ein außergewöhnliches Stück entwerfen, das Aufmerksamkeit erregt. Auf der anderen Seite sollte es im Detail durchdacht sein, die Weiterentwicklung der Handwerkskunst des Holzbiegens spiegeln, gut aussehen und das Sitzen sollte bequem sein. Es ist ein Spiel.

Anna Moldenhauer: Wie Sie bereits angesprochen haben, war das Interieurdesign ein neues Feld für Sie, die Arbeit mit Stoffen, mit Statik und neuen Materialien. Möchten Sie nun zurück zu Ihren Wurzeln im Leuchtendesign oder wird es weitere Möbelentwürfe geben?

Lucie Koldová: Je mehr ich im Leuchtendesign arbeite, desto mehr liebe ich es. Die großartige Möglichkeit Art Director bei Brokis zu sein hat mir da auch viele neue Möglichkeiten eröffnet. Auf der anderen Seite ist die Arbeit mit Möbeln auch ein Bereich der mich interessiert und den ich weiter erforschen würde. Ich sehe das nicht als Widerspruch, ich möchte offen bleiben für neue Herausforderungen bleiben. Zudem ist die Arbeit mit Holz auch ein Teil meiner DNA, es ist ein Handwerk, so wie die Glasbläserkunst ein Handwerk ist. Da geht es nicht um industrielle Produktion, sondern um den Umgang mit natürlichen Materialien. Glas und Holz funktionieren sehr gut miteinander. Die Handwerkskunst von TON kommt dazu aus Tschechien – meine Heimat liegt mir sehr am Herzen, daher schließt sich hier auch ein Kreis.

Anna Moldenhauer: Werden Sie "Chips" um ein Sofa erweitern?

Lucie Koldová: Ich denke es wird ein weiteres Element geben, das die "Chips"-Familie erweitern wird, aber das wird kein Sofa sein. Die Idee entwickelt sich gerade, da kann ich noch nicht mehr sagen.

Anna Moldenhauer: Ich bin gespannt. Ihr Design spielt oft mit Rundungen, es ist sehr organisch, man könnte beinahe sagen es hat einen emotionalen Touch. Ich habe bei der Vorbereitung gelesen, dass der Kreis für Sie die perfekte Form ist, warum ist das so?

Lucie Koldová: Weil er keinen Anfang und kein Ende hat. Es ist eine elementare, fließende Form, die mich immer wieder inspiriert. Ich bin aber nicht auf den Kreis als Form festgelegt. Das meine Designsprache eher rund ist, hängt auch mit der natürlichen Formgebung bei der Glasbläserkunst zusammen und geschieht eher unbewusst. Das ist bei dem Biegen von Holz ähnlich, scharfe Kanten gilt es zu vermeiden. Der Kreis spielt also auch im Handwerk selbst eine Rolle.