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Das neue Nationalmuseum von Katar in Doha von Ateliers Jean Nouvel

STYLEPARK TECHTEXTIL
Mehr Bewegung!

Hightech-Fasern werden auch beim Bauen immer wichtiger. Der Bereich "Buildtech" spielt deshalb auf der Techtextil 2019, der internationalen Leitmesse für technische Textilien und Vliesstoffe, die vom 14. bis 17. Mai in Frankfurt am Main stattfindet, eine wichtige Rolle. Wir zeigen Ihnen hier schon einmal fünf wegweisende Projekte, bei denen technische Textilien die Architektur machen.
von Adeline Seidel | 03.05.2019

Die aktuellen Entwicklungen der High-Tech-Fasern und Membranen, die in der Architektur zur Anwendung kommen können, sind so vielfältig wie spannend: Neue Beschichtungen und mehrlagige Hüllen bieten verbesserten Wärmeschutz, unkonventionelle Materialverbindungen machen die Fasern zugstärker als Eisen und neue Verarbeitungs- und Herstellungsprozesse ermöglichen maßgeschneiderte Lösungen. Immerhin: Zehn Prozent aller technischen Textilien werden am Bau eingesetzt und jährlich steigt die Nachfrage nach Bautextilien um knapp acht Prozent. Wir stellen fünf Projekte vor, deren Architektur ohne technische Textilen nicht denkbar ist.

Kolon One & Only Towers in Seoul von Morphosis
Die dynamisch geformten Sonnenschutzelemente bestehen aus GFK und Aramid.
Als Brise Soleil verschatten sie die Fassade.

Mit Fasern aus kugelsicheren Westen

Ziemlich futuristisch wirkt die Westfassade des Kolon One & Only Towers, deren organisch geformten Brise Soleil-Elemente weiß-glänzend in der Sonne schimmern. Fast scheint es, als würden sie über der Glaswand schweben. Das US-amerikanische Architekturbüro Morphosis hat das Hochhaus für den koreanischen Textilhersteller Kolon entworfen, der hier neben Büros für Vertrieb, Marketing und Management auch seine Forschung und Entwicklung untergebracht hat, um Synergien zwischen den Abteilungen zu ermöglichen. Die Elemente der selbstverschattenden Fassade sind eine gemeinschaftliche Entwicklung von Kolon und Morphosis. Das neue Produkt steht geradezu symbolisch für den Forschungsdrang des Unternehmens: Es wurde aus einem glasfaserverstärkten Kunststoff (GFK) mit Aramid hergestellt. Bisher kam die leichte High-Tech-Faser in kugelsicheren Westen oder im Flugzeugbau zum Einsatz. Durch die Materialverbindung wird die Zugfestigkeit drastisch erhöht, sodass diese fünfmal höher ist, als die von Eisen.

Das Kulturzentrum "The Shed" bildet das Herzstück des Entwicklungsgebietes Hudson Yards in Midtown Manhattan.
Bislang einmalig ist die ausfahrbare Halle aus Stahl und EFTE-Platten, die über das Gebäude gestülpt ist.

Ein Gigant auf Rädern

Der neuste Anlaufpunkt der New Yorker Kulturszene ist "The Shed", das sich im neuen Entwicklungsgebiet Manhattans, den Hudson Yards, befindet. Das Gebäude mit über 18.500 Quadratmetern Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche wurde von Diller Scofidio + Renfro entworfen. Das Besondere an dem achtstöckigen Bau ist seine bewegliche Hülle: Die u-förmige Außenhaut kann wie ein Teleskop auseinandergezogen werden, wodurch sich die Gesamtlänge des Bauwerks nahezu verdoppelt. Die Gebäudehülle besteht aus einem freiliegenden Stahlrahmen, der auf Rädern gelagert ist. Um die bewegliche Fassade so leicht wie möglich zu gestalten, wählten die Architekten durchscheinende Ethylen-Tetrafluorethylen-Platten (EFTE), um die Stahlkonstruktion zu bedecken. Dieses leichte, langlebige Material besitzt zudem ähnlichethermischeEigenschaften wie Isolierglas. So kann der temporäre Raum vielfältig genutzt werden – als Ausstellungsraum, für Konzerte, Filmvorführungen, Performances und natürlich auch für Feste aller Art. 

Der ehemalige Convento delle Grazie ist Teil des Museumsquartiers "M9" in Mestre von Sauerbruch Hutton.
Die Architekten überdachten den Hof des Konventes mit einem zweischichtigen Membrandach.

Ruhe unterm Dach

Wer sich aufmacht, um Venedig einen Besuch abzustatten, der sollte nun auch einen Abstecher nach Mestre, der Schwester der Lagunenstadt auf dem Festland, einplanen. Denn dort haben Sauerbruch Hutton das neue Museumsquartier "M9" geschaffen: Ein durchdachter Stadtbaustein, der die Bestandsbauten mit den neuen Gebäuden klug in die urbane Struktur einwebt. Neben der auffälligen Museumsarchitektur aus rauem Beton und Keramikfliesen, beeindruckt ein Ort auf eine ganz besondere Art: Der Innenhof des ehemaligen Klosters Convento delle Grazie. Die Berliner Architekten haben den historischen Bau aus dem 16. Jahrhundert behutsam saniert und für eine Büro- sowie Gastronomienutzung umgebaut. Das Herzstück ist der allseitig umschlossene Innenhof des ehemaligen Klosters. Dieser wurde mit einer "fünften Fassade" versehen - einem transluzenten Dach aus einer Membran des italienischen Herstellers Serge Ferrari. Die untere Membranschicht, also jene zum Innenhof, ist ein Polyester HT-Gewebe mit PVC-Ummantelung und akustisch wirksam: Die spezielle Gewerbestruktur erlaubt es, dass Schall zwar in die Gewebeporen eindringt, aber nicht zurückgeworfen wird. Die obere Membranschicht ist ein Polyester mit flexiblem PVC-Komposit in Verbund mit einer Beschichtung aus Polyvinylidenfluorid (PVDF). Diese sorgt für eine noch höhere Beständigkeit gegen klimatische Einflüsse, Schmutz und Luftverunreinigung. Das Dach mit seinen polygonalen Linien, das auf äußerst filigranen Stützen lagert, taucht den Innenhof in ein sanftes Licht und sorgt für eine angenehme Atmosphäre der Leichtigkeit und Ruhe – ein öffentlicher Raum, an dem man sich gerne auf aufhält, zumal es hier auch bei sommerlicher Wärme angenehm kühl ist.

Ateliers Jean Nouvel ließen sich zur Form des Nationalmuseums von Katar durch die Sandrose, einen Wüstenkristall, inspirieren.
Für die markanten Scheibenformen haben die Architekten glasfaserverstärkten Beton genutzt.

Sandrose aus Glasfaserbeton

Für den Entwurf des neuen Nationalmuseums von Katar in Doha nahm sich der Architekt Jean Nouvel die Sandrose zum Vorbild. Die kristalline Besonderheit Nordafrikas kommt in verschiedenen Größen und Formationen vor. Doch ihnen allen sind die charakteristischen, scharfkantigen Scheiben, die "Blätter" der "Rose", zu eigen. Und so stapeln sich bei Nouvels ausladendem Museumsbau die überdimensionalen Scheiben dramatisch aufeinander, bilden Wände und Dächer, formen Vorsprünge und Nischen. Um dem Vorbild aus der Natur gerecht zu werden, entschieden sich die Architekten für einen Stahlrahmen, auf dem die ineinandergreifenden Scheiben mit glasfaserverstärktem Beton verkleidet wurden. Dies lässt die "Blätter" des Nationalmuseums unglaublich schlank und ihre Ränder fast messerscharf erscheinen. Der warme Sandton erinnert dabei an eine Wüstenlandschaft. Durch die Plattenzuschnitte des Glasfaserbetons und die Fugen entsteht ein Ornament, das an arabische Schmuckformen erinnert.

Für den Entwurf des neuen Nationalmuseums von Katar in Doha nahm sich der Architekt Jean Nouvel die Sandrose zum Vorbild. Die kristalline Besonderheit Nordafrikas kommt in verschiedenen Größen und Formationen vor. Doch ihnen allen sind die charakteristischen, scharfkantigen Scheiben, die "Blätter" der "Rose", zu eigen. Und so stapeln sich bei Nouvels ausladendem Museumsbau die überdimensionalen Scheiben dramatisch aufeinander, bilden Wände und Dächer, formen Vorsprünge und Nischen. Um dem Vorbild aus der Natur gerecht zu werden, entschieden sich die Architekten für einen Stahlrahmen, auf dem die ineinandergreifenden Scheiben mit glasfaserverstärktem Beton verkleidet wurden. Dies lässt die "Blätter" des Nationalmuseums unglaublich schlank und ihre Ränder fast messerscharf erscheinen. Der warme Sandton erinnert dabei an eine Wüstenlandschaft. Durch die Plattenzuschnitte des Glasfaserbetons und die Fugen entsteht ein Ornament, das an arabische Schmuckformen erinnert.

Gerber Architekten haben die neue König-Fahd-Nationalbibliothek in Riad entworfen.
Die Sonnensegel vor der Glasfassade erinnern an arabische Zeltkonstruktionen.

Segel schützen Wissen

Die König-Fahd-Nationalbibliothek von Gerber Architekten in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad ist ein ruhiger Bau. Nicht nur durch ihr Raumprogramm, sondern durch ihre architektonische Gestalt und ihre Fassade. Die eingespannten rautenförmigen Segel erinnern an arabische Zeltstrukturen. Wer sich dem Bau nähert, erkennt, dass die vermeintlich zweidimensionalen Textilsegel sich überlappen, vor- und zurückspringen und ein interessantes Schattenspiel vor der Glasfassade der Bibliothek erzeugen. Entsprechend der lokalen Sonnenbahn wurde die Fassadensegel in ihrer Gestalt optimiert und schaffen so bei 50 Grad Celsius Außentemperaturen den notwendigen Lichtschutz. Dabei bleiben Durchblicke von außen nach innen und von innen nach außen bestehen. Lediglich sieben Prozent beträgt der solare Durchlassungsgrad, den die Architekten mit diesen Sonnenschutzsegeln, die an einer filigranen Stahlseilkonstruktion befestigt sind, erreichen.

Techtextil - Internationale Leitmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe

Messe Frankfurt
Vom 14. bis 17. Mai 2019

Öffnungszeiten: 

9 – 18 Uhr (14. bis 16. Mai)
9 – 17 Uhr (17. Mai)