Bond, sein Name ist Bond. Nein, nicht James Bond. Es geht auch nicht um einen Aston Martin, um Martini und Bösewichte, die nach der Weltherrschaft streben. Trotzdem ist Bond wie immer sehr cool und schick, Bond, der Käfer, das Dreirad. Denn auch der „Bond Bug“ ist außergewöhnlich. Vorne ein Rad, hinten zwei, darauf eine schicke Kabine, fertig ist das Minicar. Wobei das Gefährt aus den Sixties zeigt: Das gute alte Kutschenschema – vorne ein Pferd, hinten ein Sulky mit zwei Rädern – hat sich als überaus wendig und stabil bewährt und kann problemlos auch für eine Motorkutsche eingesetzt werden – nur hat es nun vorne ein drittes Rad statt des Pferdes und erzeugt Vortrieb an den Hinterrädern.
Kleine, preiswerte Fahrzeuge für die Durchschnittsfamilie – das war es, was nach dem Zweiten Weltkrieg und bis in die Wirtschaftswunderjahre hinein die Automobilität in Europa erschwinglich und massentauglich machte. Solche Fahrzeuge, die sich rasch neben Motorrädern etablierten, waren preiswert, sparsam, wendig und oft auch kleine Raumwunder. Pate stand meist das Motorrad und dessen Antrieb, abhängig von vorhandenen Produktionskapazitäten und Vorschriften. So durften beispielsweise in Deutschland aufgrund eines Gesetzes von 1928 Kraftfahrzeuge mit weniger als vier Rädern und einem Hubraum von weniger als 350 Kubikzentimetern ohne Führerschein und steuerfrei gefahren werden. Lässt man die heute geltenden Sicherheitsstandards beiseite, so sind diese Minicars durchaus vorbildliche Stadtmobile.
Beispiele für die Transformation vom wackeligen Zwei- zum standfesten Dreirad gibt es viele: Der „Goliath Pionier“ von 1931 hatte eine Karosserie aus mit Kunstleder überzogenem Holz, die „Ape“ (1947) war, neben dem Roller „Vespa“, Piaggios Arbeitsbiene. Eine Besonderheit: Flugzeugkonstrukteure versuchten sich in den 1950er Jahren im Bau solcher Rollermobile, da ihnen aufgrund eines Erlasses der Alliierten der Flugzeugbau untersagt war. Manche, etwa die Heinkel Kabine oder der Messerschmitt Kabinenroller, wirkten denn auch wie ein Flugzeug, dem die Flügel und damit seine Bestimmung (als Kriegsgerät) abhanden gekommen sind, weshalb es sich jetzt im zivilen Leben allein als Kanzel auf drei Rädern durchschlagen muss. Unter ähnlichen Bedingungen entstanden in England das „Bond“ Minicar und, diesmal ganz sportlich, nicht zu vergessen, der Morgan Threewheeler, der in Gestalt des Cyclecar von 1910 noch sehr nach Kutsche ausgesehen hat. Dreirad, das hieß damals Fortschritt – oder hatte nicht auch Buckminster Fullers wendiger „Dymaxion Car“ von 1933 drei Räder?
Sicher, Fahrzeuge mit drei Rädern tanzen aus der Reihe, weshalb der Durchschnittsautomobilist in Wohlstandszeiten ihnen grundsätzlich misstraut – angeblich kippen sie in Kurven leicht um, gelten also als instabil. Dabei besitzen Dreiräder eine ganz eigene Symmetrie, jede Menge Charme, ganz sicher aber den Reiz des Exotischen.
Gegründet wurde der britische Automobilhersteller Bond Cars Ltd 1948 von Lawrie Bond in Preston in der Grafschaft Lancashire und hieß – bis 1965 – Sharps Commercials Ltd. 1969 wurde das Unternehmen von Reliant Motor Co Ltd übernommen. Der neue Besitzer schloss die Fabrik in Preston, nutzte die Marke „Bond“ aber bis 1974 für Fahrzeuge aus der eigenen Fabrik in Tamworth, Staffordshire. Begonnen hatte Bond Cars 1949 mit der Herstellung eines Dreirads, des „Minicar Mark A“, der von einem Einzylinder-Zweitakter von Villiers mit 122 oder 197 cm³ angetrieben wurde. Die Karosserie bestand überwiegend aus Aluminium, bei einigen Modellen wurde für einige Teile auch Fiberglas verbaut. Das Fahrzeug war – trotz seines eher skurrilen Aussehens – ein Erfolg. Dreiräder wurden in Großbritannien wie Motorräder mit Seitenwagen behandelt und konnten mit einer niedrigen Führerscheinklasse gefahren werden. Außerdem waren sie steuerlich begünstigt.
Das „Bond“ Minicar durchlief sieben Entwicklungsstufen, gipfelnd im „Mark G“ von 1961. Es wurden verschiedene Karosserieversionen angeboten und größere Motoren eingebaut. Auf der Basis von Motorrad-Triebwerken entwickelt, hatten sie keinen Rückwärtsgang, was kaum von Nachteil war, weil Motor, Schaltung und Vorderrad eine Einheit bildeten, die durch das Lenkrad um 90 Grad nach rechts und links gedreht werden konnte, wodurch das Fahrzeug über einen minimalen Wendekreis verfügte und fast auf der Stelle drehen konnte. Spätere Modelle besaßen eine besondere Art von Rückwärtsgang: Die Maschine wurde einfach gestoppt und rückwärts angelassen. Die letzten Bond Minicars wurden 1966 gebaut.
Tom Karen, ein in Wien geborener britischer Designer tschechischer Herkunft, hatte 1963 begonnen, für Reliant zu arbeiten. Das Design der Entwürfe von 1963 und 1964, die den Reliant „Regal Range“, ebenfalls einen Threewheeler, ersetzen sollten, empfand man bei Reliant zunächst als zu abenteuerlich. Erst 1967, als sich das kulturelle Klima verändert hatte, wurde das Projekt wieder aufgegriffen und um neue Ideen von Ogle Design, das Karen nach dem Unfalltod von David Ogle von 1962 bis 1999 leitete, ergänzt. (Nebenbei bemerkt: Karen schuf mit dem 1967 vorgestellten „Scimitar GTE“ das Konzept des dreitürigen Sportkombis, des Shooting Brake, der als konzeptioneller Vorläufer des Volvo „P1800 ES“ und des Lancia „Beta HPE“ gilt.) Fertiggestellt wurde der Prototyp unter dem Namen „TWII“ im Frühjahr 1969. Im selben Jahr kaufte Reliant die Bond Car Company. Produziert wurde der „Bond Bug“ von 1970 bis 1974.
Der „Bond Bug“ – ein Dreirad mit Reliant-700-Kubikzentimeter-Vierzylinder und einer Spitzengeschwindigkeit von 75 Meilen pro Stunde – erreichte einen großen Bekanntheitsgrad. Was ohne Zweifel am Design lag. Die Karosserie traf den Zeitgeist. Kantig, mit großen Glupschaugen und einem Dach, das zum Einsteigen komplett nach vorne geklappt werden kann, war fast alles an dem kleinen Käfer Pop. Nicht zufällig waren die meisten Bugs in einem leuchten Orange lackiert.
Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sich Natur und Kultur grundlegend voneinander unterscheiden, Dinge mit drei Beinen wie der „Bond Bug“ liefern ihn. Sicher, es gibt jede Menge Hocker und Stühle mit „nur“ drei Beinen. Für gewöhnlich aber hält sich der Mensch, wenn er Dinge herstellt, an das Vorbild der Natur – und die kennt nun mal nur Lebewesen mit einer geraden Anzahl von Beinen. Entsprechend haben wir uns daran gewöhnt, dass die Dinge sind, wie sie sind und Autos eben vier Räder haben. Bis wir bemerken: Sie müssen gar nicht so sein und sie waren keineswegs immer so. Womit wir wieder beim Bond Bug angekommen wären. Wer weiß, vielleicht versuchen wir es ja mal auf drei Rädern?