JUNGE TALENTE
Die Vielseitigen
Lilian Ingenkamp: Wann seid ihr zum ersten Mal mit Design in Berührung gekommen?
Michał Tokarski: Meine Mutter hat oft Interior-Magazine gekauft, in denen ich sehr gerne geblättert habe. Und ich habe mehrere Jahre lang Malkurse besucht. Ich glaube, ich wusste schon damals, dass ich etwas Kreatives machen will. Wir wurden in den 1990er Jahren geboren. Es war eine Zeit des politischen Umbruchs und des sozioökonomischen Wandels in Polen. Wir hatten noch keine Handys, Computer oder Internet. Viele Dinge kamen gerade auf den Markt. Ich erinnere mich daran, dass ich als Kind oft meine eigenen Spielzeuge oder kleine Gegenstände herstellte. Später habe ich in Krakau zunächst Innenarchitektur studiert, merkte jedoch schnell, dass mich nicht die Innenräume, sondern die Objekte darin am meisten interessierten. Da beschloss ich, mich für Produktdesign an der Akademie der Bildenden Künste zu bewerben.
Sonia Bąk-Tokarska: Ich komme aus einer Familie, in der man sich hauptsächlich mit Medizin oder Kunst beschäftigt hat – eine gute Mischung aus Rationalität und Verrücktheit. Vielleicht ist das keine schlechte Grundlage für den Einstieg ins Design. Mein Vater hat Restaurierung studiert und mich zu den Malkursen an der Akademie mitgenommen. Ich bekam meine eigene Leinwand, Farben und malte zusammen mit den Studierenden, und das im Alter von vier Jahren! Bis heute mag ich den Geruch von Ölfarben und Terpentin.
Wie habt ihr zueinander gefunden?
Sonia Bąk-Tokarska: Wir haben gemeinsam an der Akademie der Bildenden Künste in Łódź und dann in Warschau studiert. In dieser Zeit haben wir an vielen Projekten zusammengearbeitet. Wir teilen einen einheitlichen Sinn für Ästhetik und legen beide Wert auf eine hohe Qualität der Materialien und die Verarbeitung. Nach unserem Studium sind wir im Jahr 2020 zurück nach Krakau gezogen, wo ich ursprünglich herkomme. Jetzt leben wir am Stadtrand in einem kleinen Dorf in der Nähe des Kraków Valley Landscape Park. Unser Ort ist umgeben von einer malerischen Landschaft, in der die Natur ganz nah ist. Es gibt hier viele Wälder, Kalksteinfelsen und Felder.
Wer übernimmt bei euch welchen Part bei der kreativen Arbeit?
Michał Tokarski: Da sind wir sehr flexibel. Wir versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen und zu helfen, wenn es nötig ist. An Sonias Arbeitsweise schätze ich, dass sie mutig ist, schnell Entscheidungen trifft und sehr akribisch und gründlich ist. Wenn etwas extreme Präzision erfordert, weiß ich, dass Sonia es am besten machen wird. Was ich auch schätze, ist, dass sie zu Beginn eines Projekts in der Regel zu verschiedenen Büchern greift, manchmal sogar zu solchen, die nichts mit dem Thema zu tun haben. Das bringt uns oft neue Erkenntnisse.
Sonia Bąk-Tokarska: Michał ist ein Visionär, er hat tausend Ideen in seinem Kopf. Wenn er sich entschlossen hat, eine davon zu entwickeln, was manchmal sehr lange dauern kann, denkt er ganzheitlich darüber nach: welche Materialien wir wählen, wie wir sie verarbeiten, zusammenbauen und verpacken könnten, welche Kulisse sich für ein Fotoshooting anbietet und sogar welcher Duft zu dem Produkt passen würde. Er hat eine künstlerische Seele, eine überdurchschnittliche Sensitivität und er ist ein guter Beobachter. Ich bin eher praktisch veranlagt, eine Realistin, würde ich sagen. Ich sehe eher Grenzen und Hindernisse bei der Arbeit, aber ich treffe schneller Entscheidungen und habe weniger Angst vor Misserfolgen.
In eurer Arbeit versucht ihr offensichtliche Konzepte zu vermeiden und stattdessen auf verschiedene Technologien zurückzugreifen. Welche Art von Handwerkskunst steht für euch dabei im Vordergrund?
Michał Tokarski: In unserem Beruf ist es ganz natürlich, aufgeschlossen und neugierig auf Dinge, Menschen und die Welt im Allgemeinen zu sein. Wenn wir uns mit verschiedenen Technologien und Handwerken auseinandersetzen, können wir mehr erforschen und verstehen, wie etwas funktioniert. Das bringt uns immer näher an bessere und interessantere Lösungen heran. Das Projekt "Shaping Methods" ist ein gutes Beispiel, bei dem wir die Möglichkeiten des Materials getestet, experimentiert und das Werkzeug anstelle des endgültigen Produkts entworfen haben. Wir versuchen, uns nicht auf eine bestimmte Technologie oder ein bestimmtes Material festzulegen. Wir streben immer nach Innovation, nach etwas Überraschendem.
Eure Papierlampe ist von einem Sumoringer inspiriert. Wie kam es zu dieser besonderen Assoziation?
Sonia Bąk-Tokarska: Bei diesem Projekt haben wir viele kleine Modelle hergestellt, indem wir das Papier gefaltet, geknickt und geschnitten haben. Alle Techniken der Formfindung stellen sich immer als sehr kreativer Prozess heraus. Wir beginnen die Schaffensphase gerne mit Handarbeit, und Papier ist dafür meist das beste Material. Eines der Modelle, hat uns an die spezifische Pose eines Sumoringers erinnert. Das hat uns gefallen und die Assoziation ist im Namen "Sumo Lamp" geblieben.
Ihr seid sehr vielseitig in der Wahl der Materialien und arbeitet mit Papier, Glas und Holz. Welcher Rohstoff würde euch in Zukunft reizen?
Michał Tokarski: Wir möchten gerne Projekte sowohl mit Glas als auch mit Papier weiterentwickeln. Was das Glas betrifft, so arbeiten wir schon lange an einer limitierten, mundgeblasenen Kollektion. Hoffentlich werden wir sie bald auf den Markt bringen. Papier hingegen, insbesondere im Zusammenhang mit Beleuchtung, ist etwas, das uns sehr interessiert, und wir werden weiter damit experimentieren.
Eure Formensprache ist sehr reduziert, wobei all eure Entwürfe kleine, besondere Details vorweisen. Beschreibt das euren Stil?
Michał Tokarski: In der Tat sind die Objekte, die wir entwerfen, meist einfach, aber wir versuchen immer, etwas zu finden, das uns fasziniert, das sie einzigartig macht. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum wir so viel Wert auf raffinierte und interessante Details legen, die immer das Ergebnis von Forschung, Technologie oder Beobachtung sind.
Seid ihr jemals mit einer Idee oder einem Projekt gescheitert?
Michał Tokarski: Natürlich, viele Male! Ich glaube, es gibt sogar mehr Misserfolge als Erfolge, aber ich denke, das ist normal, wenn man am Anfang steht. Es gibt viele Dinge, die einfach nicht funktionieren, und dann muss man die Idee aufgeben oder sich etwas anderes einfallen lassen. Das ist vielleicht manchmal frustrierend. Andererseits ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass ein Scheitern nicht als das Ende empfunden werden sollte, sondern als Motivation. Ich denke, jedes Mal, wenn man scheitert, lernt man etwas Neues, und das ist der eigentliche Wert des Scheiterns.