top

Die Pappel stand Patin

Das Populus Hotel in Denver wird in Kürze eröffnet und bietet einen deutlichen Kontrast zu der bisherigen Skyline von Colorados Hauptstadt: Ein Gespräch mit Juliane Wolf, Design Principal and Partner von Studio Gang, über Bäume als Inspiration, Hotels zur Belebung der Innenstadt und Fenster, die man bewohnen kann.
15.07.2024

Katharina Cichosch: Das Populus trägt sein Vorbild im Namen: Eine regionale Pappelart stand Patin für die auffällige Fassade mit ihren "Gucklöchern", die wie eine Schale vor das Haus gesetzt wurde. Wie kamen Jeanne Gang oder wie kamt ihr gemeinsam auf diese Idee?

Juliane Wolf: Als ich mit der Arbeit an Populus begann, kannte ich Denver als Stadt noch nicht wirklich. Die Lage am westlichen Rand der Prärie und praktisch direkt am Fuße der Rocky Mountains ist sehr beeindruckend. Die Verbindung zu den Rockies ist auch in der Stadt erlebbar: durch den Blick auf die Berge, aber auch weil viele Stadtbewohner unglaublich viel Zeit in den Bergen verbringen und dort sozusagen gedanklich leben. Unser Auftraggeber, Urban Villages, erklärte, dass viele Gäste ihren Aufenthalt zwischen der Stadt und den Bergen aufteilen, sodass es uns ein Anliegen war, auch im Hotel Bezug auf diese Naturlandschaft zu nehmen, die so nah ist. Jeanne verbringt viel Zeit in der Natur und ihre Arbeit ist sehr von natürlichen Formen geprägt. Sie war fasziniert von dieser lokalen Aspenart mit ihren "Aspen Eyes", wie man auf Englisch sagt. Im Grunde sind das Narben, die entstehen, wenn die unteren Äste abbrechen und dunkle, augenförmige Spuren auf der Baumrinde hinterlassen. Sie hatte die Idee, diese Geometrie in der Designsprache des Hotels aufzugreifen. Das sieht man vor allem in den Gästezimmern, wo die "Aspen Eye"-Fenster ein markantes Merkmal sind, die ein besonderes Raumerlebnis schaffen und gleichzeitig eine Verbindung von der Stadt zu den Bergen herstellen.

Nun ist euer Architekturstudio bekannt dafür, eine Form nicht einfach als Gimmick zu nutzen. Was hat sich aus der Referenz zum lokalen Baum noch ergeben?

Juliane Wolf: Es ist uns wichtig, dass unsere Designsprache in allen unseren Projekten immer eine praktische Funktion hat. Bei Populus bieten die Fenster nutzbaren Raum – einige haben eine eingebaute Bank, auf der man sitzen oder liegen kann. Einige haben einen eingebauten Schreibtisch. Die Fenster sind nicht nur ein Designelement, sondern auch ein Erlebnis.

Das Populus befindet sich gegenüber des Denver Art Museum und des Civic Center Parks, aber auch in Nachbarschaft einer eher nichtssagenden Skyline, wie man sie so ähnlich gerade fast überall auf der Welt findet. Inwiefern spielte die Umgebung des künftigen Hotels eine Rolle für die architektonische Arbeit?

Juliane Wolf: Das hat eine wichtige Rolle gespielt. Während es auf der Südseite wirklich tolle Museen, eine Bibliothek und viele andere Attraktionen gibt, stehen auf der Nordseite Bürogebäude und es herrscht weniger Betrieb. Unser Auftraggeber wollte, dass wir die Nordseite entlang des Civic Center Parks und den umliegenden Stadtraum beleben. Dabei ging es uns aber nicht nur um die Architektursprache, sondern auch darum, welche Funktionen das Gebäude bieten könnte. Zum Beispiel gibt es in Lobby und Dachterrasse Restaurants und Cafés, die nicht nur für Hotelgäste, sondern auch für Leute, die in der Gegend leben und arbeiten, nutzbar sind.

Nun wirbt das Populus Hotel damit, das "erste CO2-negative" Haus seiner Art zu sein. Ist das nicht ein bisschen hoch gegriffen?

Juliane Wolf: Urban Villages arbeitet an der Klimabilanz für das gesamte Projekt. Sie sehen das Populus nicht nur als Gebäude, sondern in einem größeren Zusammenhang. So wird es zum Beispiel ein Aufforstungsprojekt geben, in dem sehr viele Bäume gepflanzt werden, die zum CO2-Ausgleich beitragen.

Wobei allein der Neubau eines Gebäudes viel Energie kostet. Inwiefern war Studio Gang an den Maßnahmen zur Einsparung oder gar Ausgleich von CO2 gestaltend beteiligt?

Juliane Wolf: Wie bei allen unseren Projekten haben wir darüber nachgedacht, wie wir die Umweltauswirkungen des Gebäudes begrenzen können. Der im Projekt verwendete Beton ist ein kohlenstoffarmer Beton, der Flugasche enthält, um den Zementanteil zu minimieren. Der Kunde wollte außerdem auf Parkplätze vor Ort verzichten, was bedeutete, dass keine Tiefgarage gebaut werden musste. Stattdessen gibt es Fahrradstellplätze und die Menschen werden ermutigt, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Das Gebäude selbst ist auf Effizienz ausgelegt, indem Heiz- und Kühllasten minimiert werden. So helfen beispielsweise die "Aspen Eyes", das Innere der Gästezimmer zu beschatten. Viele der in den von Wildman Chalmers Design entworfenen Innenräumen verwendeten recycelte Materialien. Das sieht man zum Beispiel in der Lobby, wo die Decke aus wiederverwendeten Schneezäunen und Holzbarrikaden aus Skigebieten bestehen.

Ein Ausblick: Es regnet in Denver ja nicht sehr viel. Trotzdem könnte sich die schneeweiße Fassade im Laufe der Zeit optisch verändern – ich denke da an Wasserränder entlang der Fensterrahmungen. Wird sich das Populus äußerlich noch verändern?

Juliane Wolf: Die Fassade besteht aus glasfaserverstärktem Beton, einem sehr robusten Material, das langlebig und leicht zu reinigen ist. Allerdings haben die "Augenlider" der Fenster auch die Funktion, das Wasser in die Innenkanten zu leiten, sodass die Hoffnung besteht, dass das Wasser ein Muster erzeugt, das schließlich Teil des Gesamtdesigns werden kann.

240 14th Street,
Denver, CO 80202

Telefon: 001/ 303-800-4240