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Kölnisches Stadtmuseum im Haus Sauer

NACHHALTIGKEIT
Kunst statt Konsum

Architekt Georg Döring BDA im Interview über den Umbau eines ehemaligen Kaufhauses für die Nutzung des stadtgeschichtlichen Museum der Stadt Köln.
17.05.2024

Mit seiner Fassade aus Worzeldorfer Quarzit, einer geschwungenen Rundtreppe über alle Etagen und einer prächtigen Ausstattung mit Marmorboden, Messing und dunklem Vollholz prägte das Modehaus Franz Sauer seit 1987 die Minoritenstraße in Köln. 2016 musste das Familienunternehmen schließen. Jetzt hat das durch einen Wasserschaden unbenutzbar gewordene Kölnische Stadtmuseum ein ungewöhnliches, neues Quartier bezogen. Der Düsseldorfer Architekt Georg Döring BDA plante den Umbau des ehemaligen Kaufhauses. Er findet: etwas Besseres kann einem Museum heute gar nicht passieren. Ein Gespräch über die Schönheit von Split-Levels, Planungsbesprechungen mit der öffentlichen Verwaltung und die zeitgemäße Nutzung von Bestandsbauten.

Katharina Juliana Cichosch: Das ehemalige Modehaus Franz Sauer ist ja schon ein besonderes Bauwerk mitten in der Kölner Innenstadt. Ein Hauch vom Glanz der alten Bonner Republik wehte hier durch die Verkaufsräume. Aus Düsseldorf kommend – kannte man das Gebäude da schon?

Georg Döring: Ja, das Modehaus Sauer war auch über Kölner Stadtgrenzen hinaus ein Begriff, weil es hochwertigste Bekleidung für Herren verkauft hat. Daneben ist es natürlich ein typisches Gebäude der Postmoderne – man darf nicht zu viel an einem solchen Gebäude verändern, auch aus Respekt seinem Architekten, Ulrich Coersmeier, gegenüber. Wir haben uns dann sofort mit ihm ins Benehmen gesetzt, für ihn war die Umgestaltung überhaupt kein Problem. Wir haben allerdings auch wirklich marginal in das Gebäude eingegriffen.

Das Gebäude trägt architektonisch eine starke Handschrift, in jeder Hinsicht völlig entgegengesetzt zur landläufigen Vorstellung eines Museums. Was konnten oder wollten Sie erhalten? Und was musste verändert werden?

Georg Döring: Natürlich hat ein Museum ganz andere Restriktionen als ein Verkaufsgebäude. Insofern war die größte Auflage die Brandschutzbestimmung. Ansonsten handelt es sich hier um ein Split-Level-Gebäude, das ist seine Hauptessenz – diese Treppenkaskade, die sich halbgeschossig nach oben wandelt. Das war schon eine relativ komplizierte Ausgangslage, aber das haben wir natürlich beibehalten, und es gibt dem Museum jetzt einen sehr schönen Charakter, weil man als BesucherIn in alle Ebenen hineinschauen kann.

Georg Döring

Sie haben zahlreiche Wohnhäuser entworfen, dies war Ihr erster Museumsbau. Haben Sie hier auch ans inhaltliche Konzept der späteren Nutzung angedockt, also zum Beispiel mit den Kuratoren zusammengearbeitet?

Georg Döring: Ja, von Anfang an. Die ersten Planungsbesprechungen umfassten den Mieter, also den Liegenschaftsbetrieb der Stadt Köln, dann das Kölnische Stadtmuseum als Nutzer, da waren die KuratorInnen dabei, den ehemaligen stellvertretenden Direktor, inzwischen haben wir eine neue Direktorin, dann MitarbeiterInnen, RätevertreterInnen…es waren immer riesige Sitzungen, erstaunlich für ein Gebäude dieser Größe. Zeitweilig saßen wir mit über 20 Personen am Tisch, um jedes Detail zu besprechen. Es gibt für öffentliche Bauwerke ja ganz bestimmte Einschränkungen und Vorgaben. Auch ein Behindertenkonzept haben wir erstellen lassen, das dann wieder mit der Architektur und natürlich auch der Nutzbarkeit zusammenlaufen musste. Es war sehr aufwändig. Alle gebäudlichen Voraussetzungen haben wir geschaffen, die "Hardware" sozusagen – die Inneneinrichtung kam dann von neo.studio aus Berlin.

Das Bauvorhaben war noch aus einem anderen Grund außergewöhnlich: Es handelt sich beim Kölnischen Stadtmuseum eigentlich um eine temporäre Einrichtung, eine Interimslösung, bis das neue Stadtmuseum an anderem Standort gebaut wird. Wobei temporär durchaus zehn Jahre oder mehr umfassen kann. Inwiefern hat sich das auf Ihren Gestaltungsprozess ausgewirkt: Muss man immer schon an das denken, was danach kommen könnte?

Georg Döring: Nein, gar nicht. Das war teilweise allerdings schon eine skurrile Erfahrung. Wir haben in enger Absprache mit dem Bauamt agiert. Anfangs war das sehr mühselig, aber das hat sich bald eingeschliffen. Inzwischen weiß ich, wie Verwaltungen funktionieren, welche Abläufe nötig sind, und wie viele Einzelpersonen beteiligt. Das dauert natürlich in der Regel deutlich länger als in der Privatwirtschaft. Wir haben aber deutlich gemacht, dass die Genehmigungen in diesem Fall doch schneller als sonst vielleicht üblich vorliegen müssen – weil es im eigenen Interesse der Stadt liegt. Durch den Wasserschaden war im bestehenden Stadtmuseum ja kein Besuchsbetrieb mehr möglich. Und wie es so ist mit Provisorien: Oft halten die länger, als man denkt. Beispielsweise der berühmte Pavillon von Herzog & de Meuron in München für die Sammlung Goetz, der letztlich auch drei Jahrzehnte überdauert hat. Ich könnte mir vorstellen, dass diese Interimslösung zu einer Dauerlösung wird.

Das ist nur meine Mutmaßung – aber sagen wir so: bevor die Finanzen für einen Neubau da sind, gehen viele Jahre ins Land. Außerdem ist die Location super, direkt neben dem Kolumba von Peter Zumthor und der Minoritenkirche, zentral in der Stadt – etwas Besseres kann einem Museum heute gar nicht passieren. Sehr nachhaltig ist es obendrein. Wenn man sich die ganzen Kaufhäuser anschaut, die reihenweise schließen müssen, dann hätte ein solches Konzept heute gar keine wirtschaftliche Voraussetzung mehr. Dass dieses Gebäude jetzt so umgenutzt werden konnte, halte ich für ein sehr zeitgemäßes, gutes Beispiel, wie man mit dem Bestand umgehen kann.

Blick in das Modehaus Sauer, Erdgeschoss und 1. Etage, 1989, Entwurf des Architekten Ulrich Coersmeier

Bauen im Bestand erscheint als vielleicht wichtigstes Bauthema überhaupt – Grundstücke sind Mangelware, Wohnraum ist Mangelware, Ressourcen sind knapp, die Innenstädte veröden. Sie haben selbst verschiedene Vorhaben im Bestand umgesetzt.

Georg Döring: Ich finde, das muss man unbedingt weiter fördern. Man darf nicht vergessen, bis ins 19. Jahrhundert galt die Devise des Weiterbauens. Nicht des Abreißens und Neubauens. Das ist eigentlich ein Phänomen des 20. Jahrhunderts, dass man nur noch auf die Zahlen schaut und dann ein bestehendes Gebäude rigoros abreißt. Man darf auch nicht vergessen, dass etwa 38 Prozent aller Emissionen und Belastungen aus der Bauindustrie stammen. Wenn man diese Baustoffe allesamt neu herstellt, benötigt das Energie. Diese sogenannte Graue Energie ist ja in den Gebäuden gespeichert. Natürlich müssen die Voraussetzungen stimmen: Du kannst nicht aus jedem Bauwerk alles machen. Aber dieses Gebäude hat durch seine eigene Konstruktion und durch sein eigenes Konzept mit den hohen Geschossigkeiten, die allesamt über Split-Level miteinander verbunden sind, beste Voraussetzung für ein solches Museum.

Vor kurzem wurde das Kölnische Stadtmuseum nach mehrjähriger Planungs- und Bauphase eröffnet. Was ging Ihnen beim ersten Besuch durch den Kopf?

Georg Döring: Dass es wirklich sehr gut geworden ist. Ich muss auch mein Kompliment an neo.studio aussprechen, die das intelligent und modern umgesetzt haben. Im Gebäude sieht man Details, die wir gestaltet haben, wie die große Treppe, die über alle Ebenen geht, und dazwischen die Szenografie der Ausstellung. Das ergibt einen schönen Kontrast und eine gute Spannung zwischen zeitaktueller Gestaltung und diesem postmodernen Stil des Gebäudes, und ich würde sagen, das ist wirklich ein Gewinn für die Stadt Köln.