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So weiß wie Schnee, so rot wie Blut: das neue Feuerwehrhaus in Südtirol von Pedevilla Architekten.

So rot wie Blut

Pedevilla Architekten haben in Südtirol ein Feuerwehrhaus aus rot gefärbtem Beton errichtet, das insbesondere im Schnee geradezu märchenhaft wirkt. Und hier liegt oft Schnee.
von Florian Heilmeyer | 20.02.2017

Die Schönheit und Stille eines verschneiten Tages hat schon so Manchen abgelenkt. Zum Beispiel auch jene Königin, die nur einen Moment zu lange aus dem Fenster in den Schnee starrte, und sich - autsch! - in den Finger stach. Das rote Blut im weißen Schnee fand sie so schön, dass sie sich augenblicklich ein Kind mit ebenso weißer Haut und roten Lippen wünschte. Der Wunsch ging in Erfüllung, Schneewittchen war geboren, jedoch die Königin, wie es so geht bei den Gebrüdern Grimm, verstarb schon kurz nach der Geburt.

Ob die Gebrüder Armin und Alexander Pedevilla, ihres Zeichens Architekten, sich beim Entwurf eines Feuerwehrhauses in Vierschach, Südtirol, wohl von der Geschichte der Grimms inspirieren ließen? Mehr als die meisten anderen Feuerwehrhäuser versteht es ihr Gebäude jedenfalls, eine geradezu märchenhafte Poesie auszustrahlen – insbesondere im Schnee. Dabei ist dies einfach nur die neue Unterkunft der Freiwilligen Feuerwehr von Vierschach, einer Gemeinde im Hochpustertal nahe Bruneck, deren Gebiet auf bis zu 2.000 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Schnee kommt hier also häufiger vor.

Liegt dieser Eindruck von Entrücktheit am Entwurf von Pedevilla Architekten oder doch mehr an den Fotos von Gustav Willeit?

Die entrückte Poesie entwickelt das eigentlich zutiefst pragmatische, funktionale und kostengünstige Haus zuallererst aus dem sanften Rot seiner unregelmäßig gefärbten Betonwände. Es sei ein sehr ursprünglicher Bau, sagen die Pedevillas, und meinen damit, dass der hochdämmende Leichtbeton in so guter Qualität gegossen wurde, dass nach dem Rohbau nur noch wenige Ausbauten nötig waren, um das Gebäude fertigzustellen. „Die Unregelmäßigkeiten und Maserungen machen den Charme des Materials aus“, so die Architekten. Die Außenflächen wurden hydrophobiert, um sie noch etwas wasserabweisender zu machen, und dann nachgeschliffen. Innen wurde der Leichtbeton nicht verputzt, so haben die Räume hinter den massigen Wänden einen robusten Werkstattcharakter bekommen.

Die Fahrzeughalle gestalteten die Architekten aus robusten Materialien.

Es wäre allerdings ein vergleichsweise wuchtiger und kantiger Blutstropfen, der hier in den Schnee gefallen ist. Das neue Feuerwehrhaus steht auf einem steil abschüssigen Gelände zwischen dem Dorf und der Hauptstraße. Von der Straße aus wirkt es eingeschossig, aber zum Dorf zeigt es beide Stockwerke. Beide Etagen orientieren sich eindeutig in jeweils eine Richtung: die untere mit der Fahrzeughalle und den Umkleideräumen öffnet sich nur zum Dorf, die obere Etage bleibt hinter einer fensterlosen Betonwand verborgen. Nur die expressive Wendeltreppe aus rot eloxiertem Metall verweist deutlich darauf, dass es auch eine oberes Stockwerk gibt. Dort liegt der Schulungsraum, der auch für Veranstaltungen oder Feste gemietet werden kann. Über eine Fensterfront und eine gebäudebreite Rampe öffnet sich dieser Raum ganz zur Straße, auch wenn die dunkel getönten Fensterscheiben das Innere tagsüber fast ganz verbergen.

Dieser obere Raum ist der einzige, dessen Betonwände innen mit Holz verkleidet wurden. Nein, nicht mit schwarzem Ebenholz, wie der königliche Fensterrahmen im Märchen der Grimms, sondern mit lokalem Zirbelholz und Vorhängen aus einheimischer Lode. Wer weiß, sonst wäre das Feuerwehrhaus in Vierschach vielleicht allzu märchenhaft geworden. Nicht, dass sich noch jemand beim Blick aus dem Schulungsraum in den Finger sticht.

Der Veranstaltungsraum im ersten Stock: Die Vorhänge sind aus einheimischem Loden, Wände, Boden und Decke aus Zirbelholz.
Die Fassaden sind aus rot gefärbtem Leichtbeton, der sich vom Rot der Feuerwehrfahrzeuge klar unterscheidet.
Auch alle Metallteile von den Fensterprofilen bis zur Metalltreppe wurden rot gefärbt. Die Fenster sind gegen die Sonne dunkelbraun getönt.
Das obere Geschoss des Gebäudes öffnet sich mit seiner Fensterfront zur Hangseite, die darunterlegende Fahrzeughalle mit ihren Toren zur Talseite.