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Serpentine Pavilion 2024, Archipelagic Void, designed by Minsuk Cho, Mass Studies

Architektonisches Archipel

Seit dem Jahr 2000 beauftragt das Kunstmuseum Serpentine Gallery renommierte ArchitektInnen mit dem Entwurf des Serpentine Pavilion in den Kensington Gardens, der mitten in London eine soziale Plattform bietet. Minsuk Chos "Archipelagic Void" verweist auf den "Madang", einen offenen Innenhof, wie er die traditionellen Häuser seiner koreanischen Heimat prägt.
von Elisabeth Bohnet | 07.06.2024

Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1970 sind die Serpentine Galleries eine frei zugängliche Institution für zeitgenössische Kunst. An den beiden Standorten im Londoner Kensington Park finden etwa sechs Ausstellungen pro Jahr statt, die Kunst, Design, Architektur, Performances oder kooperative Projekte präsentieren. Zum mittlerweile dreiundzwanzigsten Mal eröffnet der Serpentine Pavillon – dieses Jahr in der Ausführung des koreanischen Architekten Minsuk Cho vom Studio Mass Studies. Für seine Version recherchierte er die Geschichte der früheren Pavillons und resümierte, dass diese oft als isolierte Struktur auf dem Rasen der südlichen Serpentine Gallery errichtet worden waren. Minsuk Cho wollte dieser Tendenz einen offenen wie verbindenden Raum entgegenstellen. "Archipelagic Void" besteht aus einem zentralen Ort, von dem aus fünf Flügel nach außen abstrahlen. Die geschwungenen Kanten der einzelnen Dächer werden durch einen Stahlring verbunden, der über dem Zentrum einen Okulus bildet und natürliches Licht einlässt. Ausgehend von der kreisförmigen Öffnung stellen die fünf Räume eine Verbindung zur Serpentine South Gallery und zu den Fußgängernetzen im Park her. Diese Anordnung bezieht sich auch auf traditionelle koreanische Häuser mit einem offenen, zentralen Innenhof. Dieser sogenannte "Madang" ist mit den verschiedenen Wohnräumen verbunden und bietet Platz für individuelle Alltagsaktivitäten sowie größere kollektive Rituale unter dem Eindruck der Jahreszeiten.

Serpentine Pavilion 2024, Archipelagic Void, designed by Minsuk Cho, Mass Studies
Serpentine Pavilion 2024, Archipelagic Void, designed by Minsuk Cho, Mass Studies
Serpentine Pavilion 2024, Archipelagic Void, designed by Minsuk Cho, Mass Studies

Auch in London dient die Struktur den unterschiedlichen Nutzungen: In der "Gallery" ist eine Klang Installation des Musikers und Komponisten Jang Young-Guy zu hören. Er verbindet aufgenommene Geräusche aus dem Kensington Park mit traditioneller koreanischer Musik. Im nördlichen Flügel ist eine "Library of Unread Books" angesiedelt, die der Künstler Heman Chong gemeinsam mit der Archivarin Renée Staal konzipiert hat. Mit gespendeten Büchern möchten sie einen Ort des kollektiven Wissens schaffen. Ein "Play Tower" sorgt mit einem orangenen Kletternetz für körperliche Ertüchtigung. In Reminiszenz an James Grey West, der das Serpentine South Gebäude 1934 als Teehaus entworfen hat, beherbergt der Ostflügel von Chos Architektur ein "Tea House". Gegenüber davon befindet sich das Auditorium: im größten Raum werden dort Veranstaltungen wie Vorträge, Konzerte oder Lesungen abgehalten.

Diese verbindende und gleichzeitig offene Architektur fördert die Interaktion zwischen den BesucherInnen, wie die Geschäftsführerin Bettina Korek und der Künstlerische Leiter Hans Ulrich Obrist betonen: "Wir sind begeistert, dass 'Archipelagic Void' die Geschichte der Serpentine Gallery fortführt als Ort, an dem Menschen im Park zusammenkommen, ebenso wie unseren Auftrag, Brücken zwischen Kunst und Publikum zu bauen. Wir freuen uns auf einen Sommer voller Erlebnisse, die durch Chos brillanten Komplex für Begegnungen und Kollaborationen ermöglicht werden."

Serpentine Pavilion 2024, Archipelagic Void, designed by Minsuk Cho, Mass Studies