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Lichtlabor in Lamotte-Beuvron

Für das neue Forschungszentrum von Sammode haben FREAKS Architecture eine hybride Struktur in eine Industriehalle integriert.
Text von Jeanette Kunsmann, Fotos von David Foessel | 28.09.2020

Die Avantgarde funktioniert auch in der Provinz: Das Pariser Studio FREAKS Architecture hat für den französischen Leuchtenhersteller Sammode ein ehemaliges Druckereigebäude in einen experimentellen Hybrid aus Büro, Werkstatt, Labor und Showroom umgewandelt. Die Rohrleuchten, LEDs und Lichtlösungen von der Société d’Application des Méthodes MODernes d’Éclairage électrique (kurz: Sammode) erhellen Bahnhöfe, Parkplätze und Fassaden, Wohnhäuser, Büros und Schulen, Bibliotheken, Theater und Museen, Hotels, Restaurants und Schwimmbäder. 1927 in den Vogesen im beschaulichen Châtillon-sur-Saône gegründet, hat das Familienunternehmen seinen Hauptsitz in Paris. Seit 2019 ergänzt ein neues Forschungs- und Innovationszentrum etwa 20 Minuten außerhalb des Zentrums von Lamotte-Beuvron als dritter Standort den Kosmos der Beleuchtungsexperten.

Dass dafür kein funktionaler Neubau errichtet, sondern eine ehemalige Industriehalle intelligent umgebaut wurde, vermittelt Haltung: Wo einst die schweren Maschinen einer Druckerei ratterten, werden heute Leuchten entwickelt, getestet und optimiert. "Im Grunde war unser Auftrag, die 1.000 Quadratmeter große offene Halle in einen Showroom zum Arbeiten für Forschung und Büro umzuwandeln", lautet die kompakte Zusammenfassung des Briefings von Guillaume Aubry. Er ist einer der drei Partner des Studios FREAKS Architecture, das für dieses Projekt direkt von Sammode beauftragt wurde. Die jungen Architekten hatten schon vorher mit dem Traditionsunternehmen in anderen Projekten zusammengearbeitet. Die neue Edelstahlfassade ist durchaus betont markant, aber keine Provokation: Sie kleidet den eingeschossigen Zweckbau in ein zeitgenössisches Gewand, in dem sich die Weite der Vorstadt spiegelt. Durch die doppelte Schichtung aus perforierten und glatt gewellten Elementen entwickelt sich ein abstrakter Dialog mit der Umgebung. Eine begrünte Terrasse erweitert das Gebäude an einer Kopfseite in den Außenraum und bietet Besuchern wie dem Personal einen entspannten Erholungsort an der frischen Luft.

Haus im Haus

Im Inneren gliedern FREAKS den Raum mithilfe einer zweiten Struktur in verschiedene Nutzungszonen. Es sei im Grunde ein gebautes Diagramm, meint Aubry: das klassische "Haus im Haus", um ein gewisses Gleichgewicht aus Komfort und Industrielandschaft zu erzeugen. Der bestehende Betonboden wurde gesäubert und erhielt einen warmgrauen Schutzanstrich. Durchgehende Holzverkleidungen aus hellem Birkensperrholz sorgen für eine wohnliche Atmosphäre und verbessern gleichzeitig die Akustik. Alle Testlabore befinden sich in isolierten Kabinetten, während die Büroarbeitsplätze und Flächen für die Produktpräsentation im Open Space organisiert wurden. Die Überlagerung verschiedener Nutzungen soll den engen Austausch zwischen Mitarbeitern, Architekten, Lichtplanern und den Kunden von Sammode fördern.

Mit ihren Holzrahmenkonstruktionen erinnern die Kabinette an die Rückseiten von Bühnenbauten. Durch ihre zurückhaltende, minimalistische Gestaltung werden die Laborboxen zum Objekt. Wenn hier die Widerstandsfähigkeit der Leuchten in Bezug auf Luftdruck, Wasser, Nebel, Staub, Hitze und Kälte getestet wird, wirkt der Prozess wie eine Kunstperformance, was wiederum gut zu den Anforderungen eines Showrooms passt. Gläserne Gewächshäuser dienen als Besprechungsräume und gliedern den Open Space. Neben den Einbaumaßnahmen konnten die jungen Architekten ebenfalls das komplette Interieur entwickeln und so mit den Möbeleinbauten und Büroobjekten ihr übergeordnetes Konzept bis ins Detail weiterspielen. Die Arbeits- und Bürotische sind so Entwürfe von FREAKS Architecture, für die Sofa-Lounge greifen sie auf Vintage-Möbel zurück. Weitere Sitzmöbel sind von Vitra, darunter Klassiker wie der Eames Chair, oder der schlichte Stapelstuhl .03 von Maarten Van Severen. Die Bürostühle kommen aus dem Bestand von Sammode. Wie sich die Arbeitswelt durch Covid-19 noch weiterhin verändern wird, beschäftigt auch die drei Partner Guillaume Aubry, Cyril Gauthier und Yves Pasquet – Ende August 2020 hat Frankreich die Maskenpflicht fürs Büro eingeführt. Es bleibe spannend, wie sich Räume und Gebäude an all die neuen Anforderungen anpassen werden, meinen die Architekten und zeigen sich dabei optimistisch. Der Sammode-Standort in Lamotte-Beuvron erweist sich bisher als krisensicher und zukunftsorientiert, denn auf 1.000 Quadratmeter kann das achtköpfige Team ganz gut den notwendigen Abstand einhalten – wobei es sogar noch ein wenig wachsen darf.