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REVIEW – SALONE DEL MOBILE & MILAN DESIGN WEEK 2025
Neue Netzwerke

Vom 8. bis zum 13. April 2025 fanden der Salone del Mobile.Milano und die Milan Design Week statt. Lesen Sie im Review, welche Ideen die Kreativen aktuell bewegen und welche Konzepte besonders beeindruckend waren.
von Anna Moldenhauer | 15.04.2025

Mailand im April – der Auftakt in den Frühling und die intensivste Woche für die Designbranche im Jahr. Was zuvor nur unter Embargo geteilt wurde, öffnet nun über Nacht seine Blüten zu einem prächtigen Strauß, der über das Messegelände wie quer durch die Stadt verteilt ist und den es im Dauerlauf zu erkunden gilt. In diesem Jahr zeigten 2.103 Aussteller aus 37 Ländern ihre Ideen auf dem Salone del Mobile, davon stellten 306 Unternehmen auf der Lichtbiennale Euroluce aus. Das Team der Messe organisierte zudem ein umfangreiches Rahmenprogramm, inklusive vier Sonderprojekte – darunter die Installation "Mother" von Robert Wilson im Museo della Pietà Rondanini – Castello Sforzesco, ein Gesamtkunstwerk, das Michelangelos Meisterwerk gewidmet ist. Ebenso eindrucksvoll war die "Library of Light" der Künstlerin und Set-Designerin Es Devlin, eine performative Erfahrung, die im Cortile d'Onore der Pinacoteca di Brera den Wert des Wissens mit 2.000 Büchern symbolisierte, die von Feltrinelli ausgewählt und gespendet wurden. Oscar-Preisträger Paolo Sorrentino, begleitet von der Szenografin Margherita Palli und einem Soundtrack von Max Casacci, kreierte auf dem Messegelände "Das süße Warten", ein surrealer Raum, in dessen Mitte sich eine abstrakte Version eines Herzens befindet, dessen rhythmisches Schlagen diesen akustisch erfüllt. Auf bequemen Sesseln liegend, wurde man im Schritttempo zum Zentrum befördert, erfüllt von der Spannung nicht zu wissen, was als nächstes passiert und dem Kampf mit der inneren Unruhe, die einen während des Salone del Mobile stetig begleitet.

Robert Wilson: "Mother"
Es Devlin: "Library of Light"

Komfort mit Stil

Das Wartezimmer der Gegenwart aushalten können und parallel die Zukunft gestalten, diese Aufgabe sehen sich die Kreativen täglich gegenüber und ihre Antwort darauf teilte sich beim Gang durch die Hallen wie Showrooms in der Stadt in zwei Ströme: Zurück zu dem, was war und voraus zu neuen Wegen. Die organischen Formen und erdigen Farbtönen der Sechziger und Siebziger Jahre bekamen leicht abgewandelt einen neuen Aufwind, wie auf dem Stand von Pedrali: Patrick Jouin übersetzte die Hommage an die Vergangenheit und den Wink in Richtung Zukunft mit dem Stuhl "Opale", dessen Silhouette mit einer Verbindung von Bein, Armlehne und Rückenlehne aus massivem Eschen- oder Nussbaumholz definiert wird. In den Rücken ist zudem ein Griff eingelassen. Komfort war ein zentrales Thema in vielen Schauen, bevorzugt in präzisen Strukturen aus Holz oder Chrom eingefasst, wie bei den Stühlen "Aristo" von Sebastian Herkner für ClassiCon mit zweiseitig gepolsterter Rückenlehne, die von einem elegant geschwungenen Stahlrohrrahmen eingefasst wird. Jehs + Laub zogen bei ihrem Stuhl "Kagu" für COR die Holzbeine aus wahlweise Eschen- oder Eichenholz hoch bis in die Armlehne und integrierten sie in die gepolsterte Sitzschale.

"Villhem" von Borselius & Bernstrand für Bla Station zeigt eine formgepresste Sitzschale und Armlehne aus Schichtholz, die je nach Bedarf mit Polstern für die Lehnen, den Sitz und einem Nackenkissen aufgerüstet werden kann. Freifrau hängte den "Marie Lounge Swing Seat" in zwei Versionen an schwarzen Seilen von der Decke und schaffte so ein unbeschwertes Sitzvergnügen, das in unterschiedlichen Bezügen aus Stoff und Leder individualisiert werden kann. Für Acerbis kreierte Philippe Malouin "Trench", eine Kollektion von Sofas und Sesseln, die durch eine einzige fließende Kurve definiert ist, die sowohl den Sitz als auch die Rückenlehne formt. Sancal entwarf mit Note Design Studio eine Kollektion aus Bänken, einem Stuhl und Tischen mit dezentem Auftritt und vielen Kombinationsmöglichkeiten sowie mit MUT Design ein einteiliges Modulsystem, dessen Sitz und Beistelltisch wie aus einem Steinbruch gemeißelt sind. Dank der weichen Polster und dem Wechsel aus geschwungenen wie geraden Linien wirkt es dennoch nicht massiv.

Pedrali: "Opale" von Patrick Jouin
ClassiCon: "Aristo" von Sebastian Herkner

Rasche Transformation

Parallel ist wandelbares, platzsparendes Design gefragt, wie in Form der zwei Hybrid-Stühle von Werner Aisslinger für moveinBASE: Dank einer von Angela Staffa ausgereiften Mid Century-Technologie, die es ermöglicht den Stuhl von einer aufrechten Sitzposition in eine entspannte Lounge-Position umzustellen, ist dieser für vielfältige Nutzungen geeignet. Das 2-in-1 Modell für den Innenraum ist so ein voluminöser und organischer Stuhl, der aus einem Upcycling-Kork Komposit besteht, während die Version für den Außenbereich aus gefalteten Aluminium-Flächen gefertigt wird. Färg & Blanche haben mit dem "F-A-B" Stuhl einen schlichten Körper konzipiert, der mit einem System austauschbarer Bezüge bekleidet werden kann. Karimoku zeigte in der KNS & MAS Lounge im Capsule Plaza unter anderem den Prototyp für die "WK Sofa Serie" von Wataru Kumano: Ein Zusammenspiel zwischen Sofa und Bank, gefertigt aus leichtgewichtigen Zypressenholz. Sitz und Rückenlehne sind auf einem Holzrahmen platziert und die umkehrbare Rückenlehne ermöglicht verschiedene Stoff- und Farbkombinationen. Fast präsentierte die von Francesco Meda und David Lopez Quincoces entworfene Kollektion "Unduetre" – ein modulares Sofasystem, das sich mit wenigen Handgriffen an verschiedene Konfigurationen anpassen lässt. Richard Lampert stellte eine wahlweise elektrisch oder manuell höhenverstellbare Evolution des "Eiermann"-Tisches von Tim Schütze vor.

Expormim: "Meridies" von Roberto Lazzeroni
Paola Lenti: "Alma"
Magis: "Bishop"

Draußen und Drinnen

Gestaltung, die keine räumlichen Grenzen kennt, wählten viele Unternehmen als Aufgabe: Fermob präsentierte unter anderem ihre erste Outdoor-Küche und die tragbare LED-Tischleuchte "Swiing". CMP Design entwarf für Pedrali mit "Griante" einen Stuhl aus der Holzart Iroko mit handgeflochtener Sitzfläche und Rückenlehne aus Polypropylengarn, der speziell für den Außenbereich entwickelt wurde. Ebenfalls auf dem Stand zu entdecken war die tragbare Akkuleuchte "Filicudi" von Andrea Pedrali, die aus einer Säule extrudiertem Aluminium wie einem Diffusor aus Polycarbonat besteht und dessen Licht gedimmt werden kann. Ohne Diffusor ist die Säule als Blumenvase nutzbar, während bis zu zehn Diffusoren für die Aufladung gleichzeitig gestapelt geladen werden können – magnetisch, kabellos und platzsparend. Konstantin Grcic hat für Magis den archetypischen Stuhl "Bishop" aus ein Millimeter dickem Stahlblech erdacht, der mit dem Laser geschnitten, gefalzt und zu einer soliden Struktur verschweißt wird und in verschiedenen Farben erhältlich ist. Das glänzende Finish, das die Möbel in sattem Rot, Blau, Grün und Orange anziehend wie kandierte Früchte wirken lässt, war "Bishop" dabei nicht alleine vorbehalten – ob als Akzent oder auf der großen Fläche suchten die Lichtreflexionen auf den glossigen Oberflächen an vielen Ständen das Auge, wie beim Finish des "Table Basse en Forme Libre" von Charlotte Perriand für Cassina.

Roberto Lazzeroni entwarf für Expormim "Meridies" aus FSC®-zertifiziertem Sapeliholz mit breiter Sitzfläche und geschwungenen Arm- wie Rückenlehnen, die mitsamt der passenden Beistelltische aus Keramik und Travertin die Schwelle zwischen den Räumen überwindet. Im 4.000 Quadratmeter großen Showroom inklusive herrlichem Garten von Paola Lenti durfte unter anderem auf dem Sesseln und Sofas "Alma" von Francisco Gomez Paz entspannt werden. Die tragende Bespannung besteht aus dem strapazierfähigen Rete-Gewebe und wird mit Kunststoffknöpfen wie Kordeln aus Rope-Garn an der Stahlstruktur befestigt. Das sehr komfortable Sitzpolster aus Polyesterfaser ist mit Whim-Stoff in individuellen Ausführungen bezogen und ist mithilfe von Glasfaserstäben fest mit dem Gestell verbunden. Extremis sorgt derweil mit "Cabio" für einen gemütlichen Zweisitzer-Cocoon, dessen Verdeck wie bei einem Strandkorb heruntergezogen werden kann, um bei Bedarf vor Sonne und Wind geschützt zu sein. Rolf Benz bietet mit "TAYA" ein Loungesofa in zwei Varianten und Bezügen für Innen wie Außen, das durch die Kombination einzelner Module an Räume jeder Größe perfekt anpasst werden kann – und sich auch dank flexibler Sitz- und Rückenkissen verändern lässt. Svend Loevbjerg und Henrik Pedersen von der dänischen Design-Agentur Norsmind verfolgen in ihrer Design-Idee für Rolf Benz den Ansatz "den Wohnbereich einfach etwas weiter nach außen zu verlängern – ohne Limits und Grenzen. Mit einem unvergleichlichen Indoor-Sitzkomfort."

"JS . THONET"

Ideen weiterentwickeln

Bestehende Designs weiterentwickeln – vor einiger Zeit war das noch ein Vorgang, der vom Publikum wenig Aufmerksamkeit erhielt. Im Zuge der weiterhin unsicheren Wirtschaftslage entschieden sich in diesem Jahr allerdings so viele Hersteller dafür die vertraute Gestaltung neu zu denken, anstatt in vermeintlich unsichere Projekte zu investieren, dass sich eine neue Selbstverständlichkeit abzeichnete, nicht zu jedem Salone del Mobile und Milan Design Week eine Fläche voller Neuheiten präsentieren zu müssen. Die Krone in dieser Disziplin verdient dabei Jil Sander: Die deutsche Modedesignerin interpretierte die Stahlrohr-Klassiker "S64" von Marcel Breuer und Mart Stam von 1929/1930 neu und verleiht ihnen für die Linien "SERIOUS" und "NORDIC" eine zeitgenössische Eleganz mit hochglanzlackierten Holzdetails, veredelten Stahlrohrgestellen, Sitzflächen und Rückenlehnen aus Wiener Geflecht oder matten Leder in nuanciert abgestimmten Farbtönen. Begleitet werden diese von den ebenfalls sanft abgewandelten Stahlrohr-Satztischen "B 97" aus dem Jahr 1933.

Occhio zeigte in der prächtigen Kulisse der Villa Necchi Campiglio "colors by Occhio", die der "Gioia" Serie in den Nuancen blu, verde, rosso und viola einen neuen Ausdruck verleihen. Arper bot unter anderem auf Basis des Designs "Catifa" von Lievore Altherr Molina mit "Catifa (RE) 46" eine neue Version in acht Farbtönen und einer Auswahl an Gestellen, dessen Sitzschale mit zu 100 Prozent recyceltem Kunststoff gefertigt wird. Für den Sitz hat Arper ein neues Kissen aus "BREATHAIR" erdacht, das auch für die Verwendung im Außenbereich verfügbar ist. Das auf Polyester basierende thermoplastische Elastomer ist elastisch, atmungsaktiv, hygienisch, wasserbeständig und recycelbar. Plank produziert den stapelbaren Armstuhl "Monza" von Konstantin Grcic aus Eichenholz nun auch mit einem Bezug aus Leder. Wagner präsentierte im Showroom sowohl den modulare Baukasten des "D2 bespoke interior system" von Gonzalez Haase AAS und Stefan Diez wie den "D1 Office Pro" von Stefan Diez wie die Ergebnisse der Zusammenarbeit mit dem Schweizer Familienunternehmen Fischbacher, mit dessen Expertise für luxuriöse Textilien wohnliche Szenerien kreiert wurden. Dazu gehören die Prototypen "W-Kiss", "W-Tire" und das "Nesting Sofa mini" von Steven Dahlinger. USM stellte das "USM Haller Soft Panel" vor, textile Panels, die mit Magneten versehen sind und in die Rohrstruktur des Möbelbausystems geklickt werden können – ohne Montageaufwand oder zusätzliche Vorrichtung. Gefertigt sind diese aus Kunstfaser, mit einem Anteil von 40 Prozent an rezykliertem Seaqual® Fibres Meeresplastik und haben auch akustisch eine positive Wirkung auf den Raum.

Flos: "MAAP" von Erwan Bouroullec
Martinelli Luce: "Grammoluce" von Min Dong und Habits Design
Fermob: "Swiing"
Ingo Maurer: "Jasna Kuchni"

Bitte anfassen

In den Hallen der Internationalen Lichtausstellung Euroluce überraschte die Aufforderung zur haptischen Interaktion mit zahlreichen Leuchten: Allen voran "Maap" von Erwan Bouroullec für Flos, bestehend aus einer papierähnlichen, ultraleichten Tyvek-Hülle mit einer Lichtquelle, die für Standardbirnen ausgelegt ist. Der reißfeste Körper kann immer wieder neu geformt werden, lässt sich mit Magneten befestigen und schenkt ein atmosphärisches, flächiges Licht. Parallel durfte unter anderem die "Linked collection" von Michael Anastassiades bei Flos entdeckt werden, ein modulares Glassystem in Hakenform, dessen Elemente für die Beleuchtung ineinander gehängt werden. Pedrali stellte mit "Kawara" von Yusuke Kawai eine Beleuchtungskollektion aus stranggepresstem Aluminium vor, die formal von der traditionellen japanischen Dachpfanne inspiriert ist und als Pendelleuchte, horizontale oder vertikale Leuchte sowie als Stehleuchte zahlreiche Varianten bietet. Das Licht kann mit den verstellbaren Modulen per Hand je nach Wunsch ausgerichtet werden. Lodes präsentierte neben ihrer neuen Outdoor-Kollektion von Patrick Norguet und estudi{H}ac unter anderem das neue Decken- und Wandbeleuchtungssystem "MAP", das mit Geckeler Michels entwickelt wurde und unterschiedliche Module flexibel verbindet. Vom Startmodul aus wird das mit speziellen Leitern versehene Gewebeband frei zwischen den verschiedenen Beleuchtungspunkten gespannt und speist das gesamte System, wobei die Stromversorgungsquelle stets verborgen bleibt. Die Säulen "Vika" von Khodi Feiz für abstracta dämmen Lärm und strahlen gleichzeitig angenehmes Licht aus. Dabei bieten sie eine Vielzahl von Varianten, sei es als Einzelobjekt, zur Installation in Ecken oder als Raumtrenner. "Tortuga" von Moritz Putzier für Martinelli Luce ist eine kleine Wandleuchte aus Aluminium, die in ihrer Form ein wenig dem Panzer einer Schildkröte gleicht und für die Lichtausrichtung um 360 Grad gedreht, wie um 43 Grad geneigt werden kann. Ebenso lässt sich die Wandleuchte "Dud" von ZP Studio | Eva Parigi e Matteo Zetti flexibel verstellen, deren Form auf die typografischen Zeichen "D" und "U" verweist und sich unabhängig voneinander auf einer gemeinsamen Basis drehen lässt. Spielerisch gelangt man bei "Grammoluce" von Min Dong und Habits Design bei Martinelli Luce an das Licht: Die Borosilikatglasstruktur ist von einem elastischen Gewebe bedeckt, das mit darauf platzierten Kristallglaskugeln in verschiedenen Größen verformt wird und so als Schalter und Dimmer für die Lampe dient. Die Anzahl und das Gewicht der auf dem Stoff platzierten Kugeln verändern die Intensität und den Farbton des emittierten Lichts.

Davide Groppi zeigte neben minimalistischen Systemen die elektrifizierte Rennstrecke "Race of Lights", die kleine Auto-Lampen mit Energie versorgt. Der Kurs lässt sich dank der Befestigung mit Magneten ganz nach Wunsch gestalten und wird zur Grundlage für ein individuelles Lichtdesign. Vibia ermöglicht mit dem "System Bind" von Martín Azúa das Beleuchtungskonzept im Handumdrehen zu verändern und auch schwierigen Raumanforderungen passgenau gerecht zu werden. Die Wandleuchte "Poudrier" von Philippe Negro für DCW éditions kann mit einer polierten Messingklappe geöffnet und geschlossen werden, während das Licht durch eine dicke Glasscheibe über die gesamte Tiefe gestreut wird. Grau brachte neben einer neuen Version von "Fire" als mobile Tischleuchte aus eloxiertem oder poliertem Aluminium und mundgeblasenem Glas unter anderem auch einen kleinen, runden LED-Strahler aus hochwertigem Aluminium nach Mailand. Dieser schafft mit blaufreiem Licht eine gemütliche Atmosphäre und fördert den Schlaf. "Boltons" von Herzog & de Meuron für Artemide besteht aus einer verstellbare Metallscheibe und einem konischen Glaskörper, in den eine zarte Luftblase eingearbeitet ist. Der obere Reflektor ist durch eine Magnetkugel frei verstellbar und gewährt so eine präzise Steuerung des Lichts. Mathias Hahn hat für Marset indes die neue Leuchte "Gambosa" aus Stahl mit einer großen Farbpalette erdacht. Als moderne Interpretation der Tischleuchte mit vereinfachten strukturellen Elementen, wirken diese, als würden sie in aufeinander balancieren. Das Kabel verläuft von oben nach unten, während ein Clip es führt. Das Team von Ingo Maurer entwickelte mit "Jasna Kuchnia" eine Leuchte aus fünf Porzellantellern, die mit einer LED-Linie hinterleuchtet ein Alltagselement in Szene setzt und im eingeschalteten Zustand anhand eines kleinen Details offenbart, wie lichtdurchlässig Keramik sein kann: Auf dem vordersten Teller ist ein kleines, dunkles Streichholz abgebildet. Im Moment des Einschaltens scheint das Licht es zu entflammen – eine subtile Illusion, die den spielerischen Charakter des Designs unterstreicht. Die Teller können auch aus der Komposition entnommen werden.

Artemide: "Arctic" von BIG - Bjarke Ingels Group
Bomma: "Fragments"
Lasvit: "Splash" von Martin Gallo

Fragmente und Kaleidoskope

Faszinierend waren darüber hinaus die Neuinterpretationen von Beleuchtung, die mit filigranen Elementen neue Perspektiven schufen: Wie BIG mit "Arctic" für Artemide, eine Kollektion, dessen Struktur einem archimedischen Festkörper ohne sichtbare Außenflächen gleicht, der aus fünfeckigen Elementen aufgebaut ist. Die gespiegelte Oberflächen sind aufeinander ausgerichtet und stehen einander gegenüber, wodurch ein Wechselspiel von Reflexionen entsteht, dass sich je nach Perspektive verändert. Lasvit zeigte "Splash" von Martin Gallo, eine Glaslichtinstallation aus verschmolzenem Glas, die aus vielen Einzelteilen zusammengesetzt die emotionale Resonanz von Wasser und seinen fließenden, sich ständig verändernden Formen erforscht. "Ich wollte einfangen, wie ein einzelner Tropfen zu etwas Großem werden kann, wie das Licht auf der Oberfläche tanzt und wie Wasser, wie Glas, sowohl Stille als auch Energie in sich birgt", so der Designer. Ebenso konnte auf dem Stand die Wandleuchte "Loomo" von Maxim Velčovský entdeckt werden, dessen Glasscheibe den Abdruck einer textilen Struktur zeigt und ein weiches Licht bietet. Bomma kombinierte für die neuen Kollektionen "Fragment Line" und "Fragments" recycelte Glasscherben zu geradlinigen wie dynamischen Leuchten. Preciosa Lighting zeigte in ihrer Schau die vielfältigen Individualisierungsmöglichkeiten des modularen Lichtdesigns wie anhand von "Crystal Links", ein Netzwerk aus handgefertigten Kristallbikonen und schlanken Metallröhren. A-POC Able Issey Miyake und Atelier Oï zeigte "TYPE-XIII Atelier Oï": kunstvolle, wellenförmige Tisch- und Deckenleuchten aus Draht und Stoff. Michael Anastassiades stellte für seine gleichnamige Marke in der Jacqueline Vodoz and Bruno Danese Foundation eine neue Serie modularer Leuchten namens "Cygnet", "Frame" und "Floor Mobile Chandelier" aus zarten Strukturen vor, wie aus zwei gleichseitigen Papierdreiecken, die von einer verborgenen Lichtquelle beleuchtet werden. Snøhetta kreierte für Viabizzuno "Aura": Bestehend aus transparenten "Lichtprismen" steht das Licht hier selbst im Fokus.

Plank: "SOL" von Konstantin Grcic
e15: "ALDE"
Zanat: "Rye" von Yves Béhar
"Velazquez" von Herzog & de Meuron für Marta Sala Éditions Milano

Auf Holz klopfen

Möbel aus Holz erfreuten sich auf dem Salone del Mobile und der Mailänder Designwoche einer wachsenden Beliebtheit: Kettal zeigte beispielsweise die von Konstantin Grcic entworfene "Kari"-Kollektion – Beistelltische aus Teakholz, deren raffinierte Konstruktion sofort ins Auge fällt. Während beide Tische mit einer runden Platte ausgestattet sind, weisen ihre Untergestelle zwei unterschiedliche Geometrien auf: Zylinder und Pyramiden. Mattiazzi zeigte mit "Stelo" von Sam Hecht & Kim Colin eine zeitgemäße Interpretation des Windsor Captain's Chairs aus Eschen- oder Buchenholz. In diesem Jahr stellte die Nordiska Galleriet (NO GA) während der Mailänder Designwoche ihre neue Möbelkollektion NO GA Projects vor. Zu der Ausstellung gehörte auch die Möbelserie des Mailänder Architekturbüros NM3 das erstmals seinen präzisen, industriellen Ansatz in Holz umsetzt. Die Stühle und Tische werden entweder aus Douglasie oder Afromosia gefertigt und bieten zwei unterschiedliche Ausdrucksformen. Knoll gab die Zusammenarbeit mit dem Architekten und Bildhauer Jonathan Muecke bekannt: Die "Muecke Wood Collection" ist ein Ensemble aus Esszimmerstühlen und -tischen aus Holz, mit raffinierter handwerklicher Verarbeitung, bei der ein einziges, rundes Holzprofil konstruktiv aufeinander aufgebaut wird. "Mueckes Skulpturen spielen eine zentrale Rolle in den Showrooms von Knoll und verleihen dem Interieur eine besondere architektonische Sensibilität und Komposition. Mit seiner ersten seriellen Möbelkollektion kann Knoll diese künstlerischen Prinzipien in die Häuser und Projekte seiner Kunden integrieren", so Jonathan Olivares, Senior Vice President of Design bei Knoll.

Pedrali zeigte das "Blume Sideboard" von Sebastian Herkner, wofür er das raffinierte blütenförmige Profil aus stranggepresstem Aluminium der gleichnamigen Kollektion aufgreift. Es verfügt über vier gebogene Türen aus Sperrholz mit Eschenholz- oder Walnussfurnier, die mit Beinen aus stranggepresstem Aluminium in verschiedenen eloxierten oder pulverbeschichteten Ausführungen kombiniert sind, sowie über eine Platte aus Verbundmarmor oder Hochdrucklaminat. Yves Béhar entwarf für Zanat den Hocker "Rye", ein zeitgenössischer Twist auf das klassische Bugholz-Möbel. Dessen runden Beine teilen sich und biegen sich zu Bögen, die einen massiven Holzsitz stützen. "Mit 'Rye' wollte ich auf die Weise anspielen, wie Bäume sich verzweigen, wenn aus einem Stamm zwei Äste wachsen. Das Ergebnis sind Beine, die strukturell durch wunderschöne Bögen miteinander verbunden sind. Der Hocker, einschließlich des Fußrings, besteht aus massivem Holz und ist in verschiedenen Holzarten und -oberflächen erhältlich. Natur und Struktur kommen in einer kontinuierlichen Bewegung zusammen, da man nicht sehen kann, wo die Struktur beginnt und endet", so der Designer über seinen ersten Entwurf aus Bugholz.

Ausgeklügelte, überraschende Aufbauten mit einer Ästhetik, die keine Ablaufdatum hat, bot auch Plank mit den Stühlen "SOL" und "SOMBRA" von Konstantin Grcic: Als Paar mit vertikal ausgerichteten Beinen, horizontalen Armlehnen und schräger Sitzfläche aus massiven Eschenholz entworfen, basieren sie auf einer Grundidee wie einem ausgeklügelten Stecksystem, haben aber unterschiedliche Charaktere: agil und kompakt, großzügig und entspannt. Herzog & de Meuron entwarf mit dem Innenarchitekturstudio Marta Sala Éditions Milano die Möbelkollektion "La Magie du Bois" für die Installation "The Secret Soul of Useful Things" im Museo Bagatti Valsecchi – Teil dessen ist ein skulpturaler Beistelltisch aus Holz, der aus zwei Teilen besteht, die ineinandergesteckt werden. Studio Omi Tahara schuf das "Pages" Bücherregal für Potocco mit Stützen aus massivem, geschnitztem Holz mit weichen, asymmetrischen Linien. e15, seit Beginn mit großer Expertise für Möbel aus massiven Holz, zeigte den klassisch anmutenden Stuhl "ALDE" von David Thulstrup aus Eiche, dessen Lehne und Sitz gepolstert ist, den runden Clubsessel aus der Kollektion sowie den markanten Esstisch "KANAME" von Philipp Mainzer, der in runder, ovaler und rechteckiger Form erhältlich ist. Die limitierte "Hos"-Kollektion von Kengo Kuma konnte bei Gandia Blasco erkundet werden: Liegestuhl und Hocker wurden in Anlehnung an die japanische Architekturtradition aus Holzverbindungen gefertigt und mit Stoffen aus recycelten PET-Fasern bezogen. Ein weiterer Architekt, der den diesjährigen Salone del Mobile und die Mailänder Designwoche um Industrie- und Produktdesign bereichert hat, ist Maria Botto: Gemeinsam mit Alias hat er die Tischkollektion "Saturno" und den Hocker "Zeta" aus MDF gefertigt, beide mit starken Ausdruck – "Zeta" zeigt die Form des Buchstabens "Z", das Untergestell von "Saturno" setzt sich aus vier Dreiecken zusammen, deren Spitze in der Mitte an einem Strukturstahlzylinder zusammenkommen.

Bolon: "Exodus: A Journey Beyond Reality" von JoAnn Tan und Luca Nichetto

Farbe und Fantasie

Unter den Füßen der Gäste breiteten sich in diesem Jahr vorzugsweise Teppiche mit grafischen Mustern aus, wie die "ADJA"-Kollektion von Jan Kath aus Wolle und Seide, die mit großzügige Dimensionen, klare Linien und einer dezente Farbpalette den Grundsätzen des Bauhauses folgt. Mattiazzi zeigte mit der "Zona" Kollektion von Annahita Kamali und Florian Böhm handgeknüpfte Teppich aus Neuseelandwolle für die sie prächtige, giftfreie Farben in einen geometrischen Muster gewählt haben. Bolon und Object Carpet präsentierten ihre Kollektionen zudem in außergewöhnlicher Weise: Object Carpet zeigte "Mediterraneo" als Teil der Installation "Trilocale – La Casa dell’Architetto", eine Zusammenarbeit zwischen den Architekten Matteo Thun & Antonio Rodriguez wie dem Magazin Marie Claire Maison Italia in den historischen Räumen der Galleria d’Arte Moderna in der Villa Reale. Bolon ließ ihre BesucherInnen in der Installation "Exodus" von Luca Nichetto und JoAnn Tan in eine liebevoll gestaltete Fantasiewelt eintauchen, in der die nachhaltige gewebte Bodenbeläge als mysteriöse anthropomorpher Kreaturen zum Leben erweckt wurden. BD Barcelona präsentierte unter anderem die Regal-Kollektion "ECLIPSO" von Jaime Hayon mit Retro-Charme in Braun, Rot, Blau, Beige und Grün, dessen abgerundete Regalbretter von zwei Säulen gehalten werden und damit sowohl minimal in der Form wie maximal im Ausdruck ist.

Hydro: "R100"
Roca: "A Beat of Water" by BIG - Bjarke Ingels Group
Il Tornitore Matto von Alessi: "The Last Pot"
Studio Drift und Audi: "Drift us"

Prozesse zeigen

Zu den außergewöhnlichen Projekten in den Ausstellungen der "Capsule Plaza" gehörte das "R100-Projekt" von Hydro: Nach der Einführung des weltweit ersten 100-prozentigen Post-Consumer-Aluminiums im Jahr 2024, verlagert das Unternehmen seinen Schwerpunkt darauf, den ökologischen Fußabdrucks des Transports zu optimieren. Die DesignerInnen Sabine Marcelis, Keiji Takeuchi, Cecilie Manz, Daniel Rybakken und Stefan Diez haben eine Kollektion von Monomaterial-Aluminiumprodukten geschaffen, die von Wohnaccessoires bis hin zu Stühlen und Möbelkomponenten reicht. Alle Produkte werden aus recyceltem "Hydro CIRCAL 100R"-Aluminium hergestellt, das aus einem Radius von 100 Kilometern stammt. Konstantin Grcic stellte zudem seine neue Plattform "25kg" vor, für die er unter eigenen Namen radikal gedachte Designkonzepte herstellt – nicht weiter definierte "things", die wie "thing 1" und "thing 2" ein Hocker, eine Halterung, eine Bank sein können, oder auch nichts davon. "Ich verspüre den starken Drang, Ideen zu verwirklichen, die die Diskussion vorantreiben und vielleicht sogar Kontroversen auslösen. Ich möchte diese Dinge in die Debatte einbringen. Ich glaube, es gibt einen Platz für sie", so Konstantin Grcic. Ebenfalls beeindruckend war das Projekt "Trace of Water" von Honoka (Sieger des SaloneSatellite Award 2023) und Aqua Clara im Palazzo Litta im Rahmen der Designausstellung MoscaPartners Variations. Das Team erforschte das Potenzial von Mehrwegflaschen für Wasserspender als Upcycling-Material und visualisiert dessen Anwendungen für eine optimierte Kreislaufwirtschaft in Architektur und Design. Ein wichtiges Spotlight auf einen menschlichen Prozess, der oft in der Gestaltung übersehen wird, setzte Il Tornitore Matto von Alessi mit der Ausstellung "The Last Pot" in der Biblioteca Ostinata: Eine Kollektion von Urnen, entworfen von 10 internationalen DesignerInnen. Die von Alberto Alessi kuratierte und in Zusammenarbeit mit Giulio Iacchetti entwickelte Kollektion umfasst Skulpturen von Michael Anastassiades, Philippe Starck, David Chipperfield, Naoto Fukasawa, Daniel Libeskind, EOOS, Mario Tsai, Audrey Large, Michele De Lucchi und Giulio Iacchetti selbst. Das Ergebnis sind Urnen, die Ästhetik und Symbolik miteinander verbinden und dazu ermutigen, mit einer Gestaltung, die den Tod nicht außen vor lässt, zu den Ursprüngen unserer einst schmuckvollen Erinnerungskultur zurückzukehren.

Überhaupt lohnte sich der Weg auf der Milan Design Week auch abseits der gängigen Pfade, wie zur Ausstellung "Vienna Vibes" der Galerie Zippenfenig, die im Keller der Erotika Boutique viele Ideen von GestalterInnen aus Wien ausstellte, wie den "Tide Chair" von ante up und Fantoplast aus recycelten Kunststoffplatten, die Beistellobjekte "bonbon" wie "nougat" von studio högl borowski oder die Pendelleuchte "Flybar" von studio re.d. Studio Drift zeigte mit "Drift Us" eine immersive Installation in Zusammenarbeit mit Audi: Die robotergestützte Kunstinstallation im Innenhof des Hotels Portrait Milano erinnerte in Form von überdimensionalen Grashalmen die BesucherInnen daran, dass sie in einem ständigen dynamischen Dialog mit ihrer Umwelt stehen. Die synchronisierten Bewegungen wurden dafür an den menschlichen Atem- und Herzrhythmen orientiert. "Wind ist die treibende Kraft der Evolution und Innovation in der Natur. Ohne Bewegung gibt es keinen Fortschritt", so Studio Drift. Bocci stellte wie im letzten Jahr in einem verwunschenen Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert in der Zona Vincenzo Monti aus und feierte mit einer von David Alhadeff kuratierten Schau ihr 20jähriges Jubiläum. Zu entdecken waren die vielfältigen Arbeiten von Omer Arbel in neuen Installationen wie Arbeiten von Orior, Calico Wallpaper, Shore Studios und Christopher Farr.

Decor Walther zeigte in der Pop-up-Ausstellung "Reflecting" eine Zusammenarbeit mit dem Fotografen Marc Krause in einem kleinen Kurzwarenladen im Mailänder Brera. Die Schau zeigt sowohl vakuumverpackte Produkte, die sich im Licht brechen und reflektieren, wie die Reflexion und der Bruch mit bestehenden Mustern der Produktpräsentation thematisiert wird. Die Installation "A Beat of Water" von BIG – Bjarke Ingels Group und Roca ließ Wasser in eine geschlossenen Kreislauf durch 300 Meter verzinkten Stahlrohren mit 3,5 Meter Höhe fließen und rückte so seine Kraft in den Mittelpunkt – ein dynamisch geformter Pavillion aus Rohren, der der natürlichen Bewegung nachspürt und ein Bewusstsein für den hohen Wert der Ressource schaffen will. Im Mittelpunkt des Konzepts stand das cloudbasierte intelligente Wassermanagementsystem "Roca Connect". Eine Ballettschule im Hinterhof der Via Palermo 1 bot derweils die Bühne für "Atmosphere" der Ippolito Fleitz Group für Jung: Eine monumentale, abstrakte Discokugel inklusive Spiegelkabinett, bestückt mit hunderten von Jung Lichtschaltern, lud die Gäste ein, mit ihr zu interagieren. Durch das Betätigen der mit Grafiken und Buchstaben bedruckten Schalter, die auf international bekannte Songtexte verwiesen, veränderte sich die Atmosphäre im Raum – ein Erlebnis aus Licht, Klang und Poesie. Passend dazu stellte das Team die neue Schalterkollektion "Jung Unique × Ippolito Fleitz Group" vor, die Auszüge aus Songtexten zeigt, die das Team mit dem Thema Licht verbindet – gestalterisch inspiriert von Club-Postern der 1960er- und 1970er-Jahre. Die Konstruktion von Atmosphere ist zerlegbar und wird in der nächsten Zeit in den Showrooms des Unternehmens einen neuen Platz finden.

Kazuki Nagasawa aka "Super Rat": "Utsuwa-Juhi"
Studio Luis Marie: Plissade
Riccardo Toldo: "Fil-Rouge"
Juan Cortizo: "Quibor Project"

Junge Talente

Der SaloneSatellite stand in diesem Jahr unter dem Motto "Nuovo Artigianato: Un Mondo Nuovo // New Craftsmanship: A New World". Aus über 130 KandidatInnen wurden unter der Leitung von Paola Antonelli seitens der Jury vier Projekte ausgewählt. Über den ersten Platz durfte sich Kazuki Nagasawa aka "Super Rat" aus Japan freuen – sein Projekt "Utsuwa-Juhi" besteht aus Vasen und Behältern, für die er vorwiegend Rinde als Material verwendet hat. Mit seinem Projekt möchte er das japanische Kunsthandwerk neu interpretieren sowie vielfältige Formen ermöglichen, um die Auswirkungen auf die Umwelt bei der Produktion von Produktdesign zu verringern. Der zweite Preis geht an das niederländische Studio Luis Marie für "Plissade", einem vollständig textilen Paravent, der ohne Bindemittel oder Klebstoffe versteift wird und auf traditionelle Falttechniken verweist. Über den dritten Preis durfte sich der Italiener Riccardo Toldo für die "Fil-Rouge" Leuchte freuen: Ein fast unsichtbares Filament wird aktiviert, wenn es von gegenüberliegenden Polen gespeist wird. In dem roten Lichtfaden mit einem Durchmesser von 1,8 Millimetern verbirgt sich eine Leuchtkraft von bis zu 1.200 Lumen. Der venezolanische Designer Juan Cortizo wurde mit einer besonderen Erwähnung geehrt und erhielt den Róng Design Award, der einen einmonatigen Aufenthalt in der Rong Design Library im Yuhang-Distrikt von Hangzhou in China, dem Förderer der Initiative, ermöglicht. Sein "Quibor Project" umfasst außergewöhnlich geformte Lautsprecher, die seine Leidenschaft für Industriedesign wie sein Engagement für venezolanische Handwerkskunst verkörpern. Insgesamt nahmen in diesem Jahr 700 Designerinnen von 36 Ländern und 20 internationalen Schulen und Universitäten teil.

Messestand von Kengo Kuma für die Gandia Blasco Group

Verschobene Prioritäten

Bei der Suche nach nachhaltiger, kreativer Standarchitektur auf dem Salone del Mobile in diesem Jahr wurde man leider nicht oft fündig – herauszuheben ist die Präsentation von Kengo Kuma für die Gandia Blasco Group aus luftigen Holzstrukturen. Miniforms schaffte mit Wänden und Böden in Ocker und der Zonierung anhand blauer, transparenter Textilien eine angenehm wohnliche Umgebung auf kleiner Fläche. tarostudio schuf für Kriptonite eine fließende Standarchitektur aus Papierbahnen. Fantin nutzte die eigenen, modularen "Uno Living" Regale für die Struktur, S-CAB entschied sich für Bodengitter aus Stahl und Trennwände aus Aluminium. abstracta kreierte eine Standarchitektur aus meterhohen Holzwänden, BD Barcelona stellte die Möbel einfach auf Schwerlastregale und ließ einen silbrig glänzenden Vorhang hinter diesen laufen. Cleaf zeigte anlässlich ihres 50jährigen Jubiläums in Kooperation mit Vudafieri-Saverino Partners unter dem Titel "Calling the Future" eine Zeitreise in Form einer ikonischen SIP-Telefonzelle der 70er Jahre. In dieser konnte man nach dem Einwurf einer Telefonmarke ein Objekt oder eine Idee aus der Vergangenheit benennen, das man gerne in die Zukunft nehmen möchte. Form us with love erdachte für BLOND einen Messestand mit cleaner Ästhetik dank flexibler Trennwände aus semi-transparentem Plexiglas und weiß beschichteter Metallstruktur.

Das Buzzwort "Nachhaltigkeit" schrieb sich indes kaum noch ein Unternehmen groß auf den Stand, auch wenn ihre Ziele für eine CO2-neutrale Produktion nicht kleiner geworden sein dürften. Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass den großen Worten nun Taten folgen müssen, um vertrauenswürdig zu bleiben. Oder das reine Überleben hat schlicht für die Unternehmen in wirtschaftlich ungewissen Zeiten eine höhere Priorität, als über nachhaltige Optimierungen nachzudenken. Kreative Krisen-PR bewies Lensvelt mit dem Motto "Wir haben unseren Flug nach Mailand verpasst – Schuld sind unsere Stühle". Denn die seien so bequem, dass das gesamte Team in einen tiefen, wohlverdienten Schlaf versunken wäre. Sie seien zwar nicht in Mailand, aber ihre Entwürfe sehr wohl verfügbar, verkündeten sie – inklusive Fotografien, die sie schlafend auf den Stühlen zeigten.

Gucci | Bamboo Encounters

Bündnisse bilden

Die Zurückhaltung der Unternehmen für Investitionen war auf dem Salone del Mobile und der Mailänder Designwoche auch anhand der vielen Weiterentwicklungen bestehender Produkte deutlich sichtbar. Parallel ist die Zahl der Aussteller auf dem Messegelände im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und Unternehmen wie Lodes fanden den Weg zurück auf die Messe, die ihr zeitweise den Rücken gekehrt hatten. Das umfangreiche Kulturprogramm des Salone del Mobile mit Talks, Masterclasses, Ausstellungen und Installationen ergänzte das Angebot ideal. Die Freude an der Gestaltung und die Neugier auf neue Technologien lassen sich die Kreativen zum Glück auch in unsicheren Zeiten nicht nehmen – wenn die Gestaltung vergangener Jahrzehnte aufgegriffen wurde, dann meist in eleganteren Proportionen und leichteren Strukturen als im Jahr davor. Hinzu kam eine Wertschätzung für das holzverarbeitende Handwerk und modulare, flexible Möbelsysteme, die je nach Anforderung stets verändert werden können. Auch im Lichtdesign wurde die Gestaltung mit zukunftsweisenden Technologien vorwiegend flexibel und luftig, ohne dabei an Effekt einzubüßen.

Ungünstig für die BesucherInnen waren weiterhin die oft komplizierten Registrierungsprozesse an den Messeständen, die zu langen Warteschlangen führten und leider auch dazu, dass man aus Zeitmangel diese Ausstellungen nicht erkundete. Auf der Mailänder Designwoche führte die hohe Nachfrage nach Flächen dazu, dass die Werke abseits der gängigen Showrooms vermehrt in kleinen Ladengeschäften gezeigt wurden – und den Gästen der Mailänder Designwoche sich somit neue Orte erschlossen. Während Alcova immer weiter aus der Stadt rückt und nun teils Eintritt fordert, erstarken Formate wie Capsule Plaza und Dropcity in ihrer Bedeutung. Parallel drängen neben der jährlichen Sonderausstellung von Hermès jedes Jahr mehr Modeunternehmen mit eigenen Formaten in die Stadt – das Symposium Prada Frames, kuratiert von Formafantasma, ist mittlerweile etabliert, wie auch die Schauen von Marken wie Gucci, Marimekko oder Louis Vuitton zunehmend von der Branche akzeptiert werden. Stilistisch war in diesen eine starke Tendenz zum farbenfrohen Minimalismus abzulesen, der statt Beige und Ecru satte Töne nutzt, um die Räume strahlen zu lassen. Der Schulterschluss von Jil Sander mit Thonet ist ebenso ein Hinweis, dass die großen Disziplinen der Designbranche derzeit näher zusammenrücken. "Die 63. Ausgabe des Salone del Mobile war ein Leuchtturm in einem Jahr 2025, das von globalen Herausforderungen geprägt ist: Sie hat Stärke und eine gemeinsame Vision gezeigt. (…) Die Branche hat einmal mehr bewiesen, dass Qualität und Innovation in Bezug auf Verfahren und Produkte in einem immer härter werdenden internationalen Wettbewerb die entscheidenden Faktoren sind," so Maria Porro, Präsidentin des Salone del Mobile.Milano.

Salone del Mobile.Milano 2025

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