Keine halben Sachen
Franziska von Schumann: Herr Glantz, "Halbe Sachen sind nicht unser Fall" ist ein Zitat von Ihnen. Wie kann ich mir Ihre Herangehensweise an ein Hotelprojekt wie das b'mine vorstellen?
Cord Glantz: Für unsere Arbeit ist es von großer Bedeutung bereits sehr früh in die Planungsphase integriert zu sein. Erst zu beginnen, wenn die ArchitektInnen mit ihrem Anteil fertig sind, ist für uns nicht der richtige Weg. Die Addition der Zimmer ergibt den Hochbau und das b'mine ist zudem aus dem Modul heraus entworfen. Zur Planung der Innenarchitektur gehört unter anderem die Festlegung der Funktionszonen, wo zum Beispiel die Küche im Haus platziert wird. Für die Gastronomie braucht es im Anschluss kurze Laufwege, der Raum muss übersichtlich gestaltet sein, damit das Personal die Bedürfnisse der Gäste erkennen kann. Diese umfassende Planung ist nur möglich, wenn die InnenarchitektInnen von Anfang an den Prozess begleiten können. Wir übernehmen auch die Bauleitung und kümmern uns nach der Fertigstellung um die fotografische Dokumentation. Sprich es geht vom ersten Atemzug eines Projekts darum mit dem Angebot der Zielgruppe zu entsprechen. Keine halben Sachen eben.
Robert Volhard: Im Vorgespräch haben Sie erwähnt, dass Sie die Grundrisse für das Hotel bereits vor einigen Jahren entwickelt haben. Was hat Sie an diesem Projekt gereizt?
Cord Glantz: Ich bin vor über zehn Jahren von den Entwicklern des "CarLofts", heute b'mine, für ein gemeinsames Projekt angesprochen worden und in der Zusammenarbeit ist die Idee eines einfachen Gebäudekörpers mit wenigen Zimmertypen entstanden. Kleine Räume, die alles bieten was die Gäste benötigen. Die Möbel von Rolf Benz sind langlebig, gut durchdacht und passen daher hervorragend in das Konzept. Das b'mine in Frankfurt ist das erste Hotel der Gruppe, das eröffnet wird und weltweit einzigartig.
Robert Volhard: Gab es weitere Gründe, warum Sie sich für Möbel von Rolf Benz entschieden haben?
Cord Glantz: Wir haben die Zielgruppe analysiert und nach einer Marke gesucht, die zu dieser passt und auch von ihr erkannt wird. Rolf Benz und b'mine passen einfach zusammen: Hohe Qualität, Sinn für das Wesentliche und eine Liebe zum Detail. Die Langlebigkeit ist zudem ein Garant für die Nachhaltigkeit der Innenausstattung. Dazu kommt, dass Rolf Benz als Hersteller sehr flexibel auf unsere Wünsche reagieren konnte.
Franziska von Schumann: Welche Anpassungen wurden an dem Design von Rolf Benz für das b'mine im Detail vorgenommen?
Cord Glantz: Unter anderem haben wir die Sitzhöhe der ausgewählten Möbel verändert. Wir wollten Sofas und Sessel gegenüberstellen, die genau die gleiche Polsterhöhe haben. Ebenso hatten wir eigene Ideen für die Farbe der Bezüge und für das Fußgestell, denn das sollte aus echtem Nussbaum sein, nicht nur gebeizt. Rolf Benz konnte uns alle diese Sonderwünsche erfüllen. Es gibt kaum einen Möbelhersteller, der das leisten kann.
Robert Volhard: "Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler" ist ein Motto von Ihnen, sprich die Gestaltung muss zielgruppenorientiert sein. Welche Köder für welche Fische haben Sie im b'mine ausgelegt?
Cord Glantz: Nachdem wir die Zielgruppe der überwiegend jüngeren Businessreisenden festgelegt hatten, haben wir Befragungen durchgeführt, um herauszufinden, was diesen Personen in einem Hotel wichtig ist. Sicherheit ist ein großes Thema, ebenso wie großzügige öffentliche Bereiche, die komfortabel sind und die Möglichkeit bieten, sich in spontanen Meetings austauschen zu können. Basierend auf diesen Erkenntnissen haben wir Sitzhöhen festgelegt, die die Kommunikation fördern, aber auch die Farben und Materialien für die Räume ausgewählt, wie Böden aus Massivholz, oder Wände aus Kunststein in den Bädern. Die Zimmer bieten zudem multifunktionale Flächen, sie sind leicht zu reinigen und so ausgerichtet, dass man während des kurzen Aufenthaltes entspannen kann, aber auch in Eile gut zurechtkommt.
Franziska von Schumann: Für das Konzept war sicher auch der Standort entscheidend.
Cord Glantz: Ja, die Nähe zum Flughafen ist grundlegend, obwohl das Konzept des b'mine ebenso für eine Vervielfältigung gedacht ist. Die Zimmertypen werden auch in anderen Städten aufgenommen, und auch dort wird eine regional ausgerichtete Gestaltung kaum stattfinden. Frankfurt am Main und speziell der Flughafen ist der Drehpunkt für Europa, deswegen passt dieses offene, international orientierte Hotelkonzept perfekt hierhin. Für gute Häuser wird es immer genug Gäste geben, auch in der Pandemie.
Robert Volhard: Wie sehr haben Sie zu der Entscheidung beitragen können, dass das Restaurant im 12. Stock platziert ist und auch von Gästen besucht werden kann, die nicht im Hotel übernachten?
Cord Glantz: Das war eine gemeinsame Entwicklung. Das Restaurant im 12. Stock mit einem herrlichen Panoramablick und die Zugänglichkeit der Räume auch für spontane BesucherInnen war uns wichtig, weil das Außergewöhnliche zum USP des b'mine gehört.
Franziska von Schumann: Tauschen Sie sich in der Planungsphase mit Ihrem Zwillingsbruder über das Projekt aus oder sind ihre Schreibtische getrennt?
Cord Glantz: Wir sind eineiige Zwillinge und haben gemeinsam studiert, waren aber zwischenzeitlich beruflich voneinander getrennt. Als ich Geplan Design übernommen habe, ist mein Bruder Rolf wieder in das Unternehmen zurückgekehrt. Jeder hat eigene Projekte, aber wir entscheiden auch einiges gemeinsam und können uns dabei immer aufeinander verlassen, es gibt ein blindes Vertrauen und das gleiche Verständnis für die Dinge. Wenn ich dem Raum verlasse und er ihn stattdessen betritt, könnte er meinen Satz weiterführen. Das ist das Schöne, weil ich weiß, dass er in meinem Sinne entscheidet und ich in seinem. Dazu ergänzen wir uns gut, ich bin mehr ein chaotischer Typ und er bringt sehr viel Struktur mit ein.
Robert Volhard: "Wenn Design nicht funktioniert, ist es eigentlich keines" ist ein Motto von ihnen. Was funktioniert am Design von Rolf Benz so gut?
Cord Glantz: Wenn Design die Funktion nicht befördert, dann ist es kein Design. In der Entwicklung des Industriedesigns geht es um Funktion und wir versuchen in unseren Projekten diesen Fokus zu unterstreichen. Die Ästhetik und die Funktion übereinzubringen ist die Herausforderung. Die Architekten Herzog & de Meuron haben zudem einmal gesagt 'Von Architektur spricht man dann, wenn der Mensch berührt ist'. Das finde ich eine schöne Aussage, die auch auf das b'mine zutrifft, denn mit unserer Arbeit versuchen wir durch Licht, Material und Farbe eine angenehme Stimmung zu schaffen, die die Gäste erreicht.
Robert Volhard: Wenn man das Restaurant des Hotels betritt, hat man den Eindruck, dass Sie auch das Thema Akustik bedacht haben.
Cord Glantz: Ja, die Decke im Restaurant ist akustisch hochwirksam, das war uns ein großes Anliegen. Wenn die Akustik nicht stimmt, bleiben die Gäste nur kurz, bestellen vielleicht auch keine zweite Flasche Wein. Auch in den Zimmern und Besprechungsräumen ist die Akustik sehr wichtig. Die Nachhallzeit ist messbar und wenn Räume lange Nachhallzeiten haben, werden sie als kühl wahrgenommen, egal wieviel Arbeit in die kreative Gestaltung investiert wurde. Die Akustik muss man daher immer in die Planung der Innenarchitektur miteinbeziehen.
Franziska von Schumann: Das Hotel b'mine bietet "Car Lifts" an, sprich das Fahrzeug steht dann nur durch eine Scheibe getrennt vor dem Bett der Gäste. Gleichzeitig möchte man als Gast nicht das Gefühl haben, in einer Garage zu schlafen. Wie haben Sie diese Aufgabenstellung gelöst?
Cord Glantz: In erster Linie war das eine architektonische Aufgabe, denn das Auto steht in der Loggia auf der Terrasse vor dem eigentlichen Zimmer. Die Fassade ist hochschalltechnisch gedämmt, so dass man die Umgebungsgeräusche nicht wahrnimmt und die Terrasse selbst ist stark zurückgezogen, um den nötigen Platz zu bieten. Durch die doppelte Türanlage dringt kein Motorengeruch des Autos in das Zimmer. Die "CarLifts" sind praktisch, weil ich zum Beispiel nicht mehr mein gesamtes Gepäck von der Tiefgarage auf das Zimmer tragen muss, alles ist stets in Reichweite. Dazu sind Tiefgaragen meistens unübersichtlich, es gibt kein gutes Lichtdesign, sie haben keine angenehme Atmosphäre. Mit dem "CarLift" kann ich direkt vor dem Zimmer parken, an der frischen Luft aussteigen und bin genau da, wo ich hinmöchte. Zudem befinden sich auf den CarLoggien die E-Ladestationen. Der Aufzug verläuft durch das gesamte Gebäude, das heißt man könnte auch ein Auto zu Showzwecken im Konferenzbereich in der 11. Etage präsentieren.
Robert Volhard: Sie sind seit 1993 Interiordesigner – worauf würden Sie sagen kommt es bei der Ausstattung von Hotels wirklich an?
Cord Glantz: Ich glaube das wir in Zukunft Hotels viel modularer bauen werden. Die Baugeschwindigkeit, Bauqualität und Ökologie lassen sich so besser steuern, denn ein Produkt kann in der Werkstatt anders gefertigt werden als auf der Baustelle. Trends sind für mich nicht ausschlaggebend, denn als Innenarchitekt gestalte ich Räume, in denen sich Menschen auch noch in zwei Jahren wohlfühlen sollen. Im Grunde gab es aus meiner Sicht in der letzten Zeit auch nur zwei Bewegungen, die auf die Hotelgestaltung wirklich einen Einfluss hatten, die Reduktion auf das Wesentliche und die Suche nach einer privaten Authentizität. Es kommt darauf an ein Ergebnis kreieren können, das sich selbstverständlich mit der Umgebung verbindet. Und das konnten wir gemeinsam mit Rolf Benz im b'mine erreichen.