Die Zukunftsfähigkeit neuer Leuchten im Büro-, Wohn- und Außenbereich wird stark von LED-Technologien bestimmt. Das zeigten auch die Neuheiten der Lichtmesse Light+Building, die in Frankfurt stattfand. Erst durch ihre lange Lebensdauer werden die energiesparenden Leuchtmittel für den Nutzer zu einer interessanten wirtschaftlichen Alternative. Die Nutzer erwarten von LED-Leuchten zusätzlich aber auch eine gleichmäßige Farbwiedergabe, keine überhitzten Leuchtenköpfe sowie die Entblendung der punktförmigen LED. Diese und andere technischen Details haben die Hersteller weiterentwickelt und versucht, sie in neue Leuchtenentwürfe zu integrieren.
Clevere Mechaniken, Sensorik und Reflexion
Architekt Dietrich F. Brennenstuhl, Inhaber von Nimbus, zählt zu den Herstellern, die sich schon seit längerer Zeit mit LED-Technologie befassen. In Frankfurt präsentierte er die minimalistische Tischleuchte „Roxxane", die der Berliner Designer Rupert Kopp gestaltet hat. Drei fein kalibrierte Friktionsscharniere ermöglichen es, die Aluminiumleuchte in verschiedene Positionen zu bringen, in denen sie dann auch verbleibt. Bei „Roxxane" wird die Wärme im Leuchtenkopf durch kaum sichtbare Lüftungskiemen nach außen befördert. Dies schützt die Leuchtdioden vor dem Überhitzen und verlängert ihre Lebensdauer. Das An- und Ausschalten erfolgt durch eine leichte Wischbewegung über einen am Leuchtenkopf angebrachten Sensor. Das Stillhalten der Hand über dem Sensor reguliert die Dimmung.
Belux hat sich bei der Leuchte „Verto" des Japaners Naoto Fukasawa besonders mit der Lichtlenkung auseinandergesetzt und eine Stehleuchte entwickelt, die direktes sowie indirektes Licht erzeugt. Die im Leuchtenhals angeordneten LED werfen Licht auf einen schräg über ihnen angebrachten, konvex geformten Reflektor, der das Licht umlenkt und blendfrei in den Raum projiziert. Dadurch lassen sich zwei Arbeitsplätze vollflächig mit einem Energieverbrauch von nur 80 Watt beleuchten. Tisch- und Wandleuchten ergänzen die Serie.
Wie ein großer Puck liegt der Kopf der Leuchte „U-Turn" von Designer Michel Charlot für Belux in der Hand, wenn er nicht auf dem magnetischen Kugelgelenk steckt, das ihn hält und ihn in die gewünschte Leuchtposition dreht.
Die Rückseite des aus Aluminium-Druckguss entwickelten Leuchtenkopfes verfügt insgesamt über achtzehn gleich große Mulden, die dem Abdruck einer Kugel ähneln und damit die Form des Gelenks wieder aufnehmen. Die LED-Leuchte ist dimmbar und der Weißton des Lichtes kann zwischen warm und kalt gewechselt werden.
Unter den Messeneuheiten, die der Hamburger Lichtdesigner Tobias Grau in Frankfurt präsentierte, ist die Hängeleuchte „Falling Leaf", aus poliertem Aluminium und mattem Kunststoff, aufgrund der optischen Linse interessant, da sie warmes, weißes LED-Licht blendfrei streut.
Die modulare Leuchte „Io 3D" mit einem kugelförmigen Kopf hat Axel Meise für die Firma Occhio gestaltet. Sie ist dreidimensional beweglich und kann direkt an die Decke montiert werden oder an einem angewinkelten, flachen Metallband hängen beziehungsweise stehen. An der rechten und linken Seite der Kugel befinden sich Grip-Pads, die austauschbar sind und die Hände vor zu hoher Wärmeeinwirkung schützen. Die Steuerung der Leuchte erfolgt berührungslos über eine im Leuchtenkopf integrierte Sensorik. Die Linse ist magnetisch fixiert und kann durch austauschbare Farbfilter ergänzt werden. Ebenfalls erneuerbar ist der LED-Chip.
Am ausgestreckten Arm hängt die Wandleuchte „Counterbalance" des norwegischen Nachwuchsdesigners Daniel Rybakken für das italienische Label Luceplan, das ebenso wie Modular Lighting zur Philips Group gehört. Obwohl der Leuchtenkopf deutlich schwerer ist als der Arm, an dem er befestigt ist, wird er von einer Zahnrad-Trägerstruktur gehalten und kann horizontal in mehrere Raumpositionen geschwenkt werden.
„Zak Zarak" heißt die neue Tischleuchte aus Aluminiumkomposit, die Lutz Pankow zusammen mit Lichtgestalter Ingo Maurer entwickelt hat. Der Prototyp besteht hauptsächlich aus Metallstreifen, die sich durch den weichen Kern des Materials falten lassen. Beim Aufrichten und Absenken der Tischleuchte halten Magnete die aneinander gleitenden Metallstreifen zusammen. Federn und Haken sind somit überflüssig.
Gerüschtes, Zerschnittenes und Altes in neuem Gewand
Hersteller wie Serien Lighting, Arturo Àlvarez, und Fontana Arte haben Leuchtenschirme aus Materialien wie Seide, Silikon und Polypropylen gestaltet, die warmes Licht in den Wohnraum werfen. Christina Lobermeyer und Katharina Merl haben bei der Stehleuchte „Gentle" für Serien Lighting Wildseide in der Smocking-Technik dreidimensional gerafft und zu einem Leuchtenschirm verarbeitet, der nach oben und unten direktes Licht abgibt und sich zum Reinigen abnehmen lässt.
Der spanische Leuchtenproduzent Arturo Àlvarez hat die Kollektion seiner Silikon-Leuchten erweitert und von den Architekten von A-Cero, Joaquín Torres und Rafael Llamazares, die Stehleuchte „Spline" entwerfen lassen, die wie eine Skulptur im Raum steht und indirektes Licht abgibt. Die Leuchte „Tina" versteckt ihren Leuchtenkopf in einem wirren Büschel aus langen Polypropylen-Streifen, die sein Besitzer beschneiden und seinen individuellen Bedürfnissen anpassen kann.
Zum achtzigjährigen Firmenjubiläum hat der italienische Leuchtenhersteller Fontana Arte eine Reihe seiner Klassiker wieder aufleben lassen: „Mano" (1932) und „Corteccia" (1937) von Pietro Chiesa, „Ashanghai" (1955) von Max Ingrand sowie den Werksentwurf „Pangen" (1961). In einer limitierten Auflage zeigt Fontana Arte Leuchtschirme mit ungewöhnlichen Stoffvariationen, die der Künstler Paolo Facchinelli gestaltet hat. Er hat Stoffe einer alten Webtechnik des Herstellers „La Fabbrica Lenta", wörtlich übersetzt: die langsame Fabrik, verwendet und sie mit transparenten sowie farbigen Harzen behandelt. Zum einen, um sie vor Schmutz zu schützen, zum anderen, um farbige Akzente zu setzen.
Ganz im Sinne des Firmengründers Gio Ponti pflegt Fontana Arte Kontakte zu renommierten nationalen und internationalen Architekten und Designern, gibt aber auch Newcomern eine Chance wie etwa dem Schweden Johan Lindstén, der in diesem Jahr die Bogenleuchte „Gravity" entwickelt hat. Über die gesamte Länge des Bogens aus weißem Metall verläuft eine Einkerbung, durch die sich ein rotes Kabel vom Leuchtenfuß bis zum -kopf zieht.
Formen, Schatten, Raumgestaltung
„IN-EI" bedeutet auf Japanisch Schatten und ist gleichzeitig der Name der neuen Papier-Leuchten, die Modedesigner Issey Miyake und sein Forschungslabor Reality Lab für Artemide entworfen haben. Das Material besteht zu 40 Prozent aus recycelten PET-Flaschen und wird nach mathematischen Formeln zu origami-ähnlichen Leuchtskulpturen gefaltet. Hänge-, Tisch- und Stehleuchte haben eine individuelle Form und projizieren jeweils andere Schatten in den Raum. Alle Leuchten sind mit LED ausgestattet. Formal erinnern die Entwürfe an die Papierleuchten „Akari", die der Japaner Isamu Noguchi in den fünfziger Jahren gestaltet hat.
Ebenfalls eine Leuchte, die durch magnetischen Halt eine größere Flexibilität erhält, ist „Ipparco", die der schottische Designer Neil Poulton für Artemide entwickelt hat. Ein Leuchtring mit magnetischem Gelenk klettert beliebig an einem Aluminiumstab auf und ab und kann an jeder gewünschten Stelle befestigt werden. „Ipparco" ist um 360 Grad sowohl auf der senkrechten als auch auf der waagerechten Achse schwenkbar.
Silberfarbene Rückseite und opalweißer Diffusor – auf den ersten Blick sieht die runde Wand- und Deckenleuchte „Silverback" des dänischen Leuchtenherstellers Louis Poulsen wie viele andere zeitlose Leuchtkörper aus. Dennoch hat sie die Kopenhagener Designgruppe Kibisi, zu der Jens Martin Skibsted, Lars Larsen und Bjarke Ingels gehören, mit einer besonderen Eigenschaft ausgestattet: Die silberfarbene Rückseite ist so gewölbt, dass sie die Struktur der Wand beziehungsweise der Decke, an der sie hängt, spiegelt und dadurch mit ihr zu verschmelzen scheint. Zudem schmückt „Silverback" Wand und Decke mit einem Lichtschein, der sich wie der Hof des Mondes um sie legt. Um die optimale Wölbung der Unterschale im Verhältnis zur flachen Wand bestimmen zu können, haben sich die Gestalter von Wassertropfen auf ebener Fläche inspirieren lassen.
Mit der Wirkung von Licht und Schatten haben sich auch die Gestalter Delugan Meissl Architects im Auftrag von Zumtobel auseinandergesetzt, als sie einen neuen LED-Strahler für den Verkaufsbereich entworfen haben. „Iyon" dient dazu, helle und dunkle Bereiche zu schaffen, in denen sich, nach Untersuchungen des Herstellers, Kunden besonders gerne aufhalten. Für Störungs- und Notsituationen hat der Dornbirner Lichtspezialist gemeinsam mit dem österreichischen Designbüro Eoos eine Serie von Notfall-Leuchten entwickelt. „Onlite Resclite", „Onlite Comsign 150", „Onlite Puresign 150" und „Onlite Crossign 160" sind Rettungs- und Sicherheitsleuchten, die im Notfall den Weg zum Gebäudeausgang weisen.
Licht für Garten und Straße
Mit energiesparender Beleuchtung im Außenbereich haben sich Hersteller wie IP44 und iGuzzini befasst. Der in Rheda-Wiedenbrück ansässige Spezialist für Außenbeleuchtung, IP44, präsentierte in Frankfurt die bereits mit dem red dot design award 2012 ausgezeichnete „Base IvyLight". Die Bodeneinbauleuchte besteht aus einem rahmenlosen Gehäuse mit schwarz hinterlegtem Glas, das bodenbündig versenkt wird. Eingerahmt von einem aus Aluminium gelaserten Rechteck, erhält die Außenleuchte die notwendige Reflexionsfläche, um als Lichtskulptur zu wirken. In dieser Ausführung heißt sie dann „Base Poller".
„Wow" ist eine Straßenleuchte vom Gestaltungsbüro Piano Design für den italienischen Hersteller iGuzzini, die sowohl als Mastaufsatz als auch auf einem ausladenden Arm montiert werden kann. Der LED-Leuchtenkopf ist mit besonders effizienten Leuchtmitteln ausgestattet, die 26 Prozent weniger Strom verbrauchen als bisherige LED. Dennoch ist die Beleuchtungsleistung hoch genug, um die Abstände zwischen den einzelnen Masten auf Straßen oder öffentlichen Plätzen zu vergrößern und insgesamt weniger von ihnen zu montieren. Am Ende seiner Lebensdauer kann der gesamte Leuchtenkopf gegen ein technisch aktuelleres Modell ausgetauscht werden.
Der Streifzug durch die Messehallen der Light+Building hat neben dem Ringen um effizientere LED-Technologien gezeigt, dass auch die Anforderungen an das Material sowie die Funktion der Lichtquelle im Raum, für den sie bestimmt ist, stetig steigen.