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Monica, Mario und Giuseppe Pedrali

Mit Herz und Hirn

Pedrali zählt zu den wichtigsten global agierenden italienischen Möbelunternehmen. Mit Leidenschaft, Mut und Sinn für Design gestaltet das Familienunternehmen seine Zukunft.
von Anna Moldenhauer | 09.12.2019

Ein Besuch bei Pedrali bedeutet immer: Große Herzlichkeit, perfekte Gastfreundschaft und faszinierende Einblicke in eine transparente Produktion. Mit Gespür für das handwerkliche Detail fertigt das italienische Familienunternehmen seit 1963 Möbel, Leuchten und Accessoires. Heute bildet die zweite Generation, die Geschwister Monica und Giuseppe, die Firmenspitze. Angefangen hat alles in der Schmiede ihres Vaters Mario im norditalienischen Städtchen Palazzolo sull'Oglio in der Lombardei, wo er seine erste Kollektion Metallstühle für den Außenbereich herstellte. Handwerklich versiert, entwickelte Mario Pedrali die nötigen Maschinen für die Realisation seiner Idee gleich mit. Die Kollektion "Nolita", die 2015 von CMP Design für Pedrali entworfen wurde, ist eine Hommage an diese Zeit: Ein Armlehnstuhl aus Stahlrohr, grundsolide und mit formaler Klarheit, der dennoch eine eigene Eleganz hat und ein breites farbliches Spektrum möglicher Lackierungen bietet. Schönheit, Tradition und Innovation gehören fest zur DNA von Pedrali. "Drei einfache Worte, die die Essenz der Marke perfekt vermitteln", so Monica Pedrali. Sorgfalt möchte man noch dazu addieren, denn jeder Schritt, den das Unternehmen setzt, ist bis in das Detail durchdacht. Wie die vorausschauende Investition in Maschinen und Forschung für neueste Produktionstechniken, die man im automatisieren Lager "Fili d'Erba" in Mornico al Serio nahe Bergamo besichtigen kann. "Grashalme" heißt "Fili d'Erba" übersetzt, ein Verweis auf die Idee von CZA – Cino Zucchi Architetti mit einer außergewöhnlichen Fassadenstruktur die grüne Landschaft rund um den Standort zu spiegeln. Zahlreiche schmale, vertikal und diagonal angebrachte Aluminiumträger sind von einer Seite in natürlichen Grüntönen lackiert, so dass sie das Tageslicht reflektieren und mit den Grau- und Blautönen des Himmels korrespondieren. Mit unterschiedlichem Lichteinfall ergibt sich so stets ein anderer, faszinierender optischer Effekt. Je nach Blickwinkel wirkt die Fassade des kubischen Gebäudes homogen oder dynamisch. Auch die Fahrt auf dem Firmengelände zum Lager ist fortschrittlich, ein Skytrain verbindet das automatisierte Lager mit den weiteren Industrieflächen.

Langlebig gedacht

Im Innenraum des automatisierten Lagers von Pedrali wird jeder der 7.000 Quadratmeter produktiv genutzt: Hochregale ermöglichen eine vertikale Aufbewahrung bis zu 29 Metern Höhe. Robotisierte Fahrzeuge betreuen die Flächen selbstständig rund um die Uhr. 50 Paletten pro Stunde werden so über eine Verbindung zwischen dem Lager und den Abteilungen Produktion, Verpackung und Logistik hin und her transportiert. Bis zu 5.000 Stühle und 2.000 Tische werden täglich in Mornico al Serio und Manzano produziert, jede Bestellung kann individuell angepasst werden. Eine Leistung, für die Pedrali technische Innovationen mit handwerklicher Expertise kombiniert. Wie gut sich die beiden Kompetenzfelder ergänzen, zeigt ein Rundgang entlang der unterschiedlichen Arbeitsstationen: Vom Biegen der Metallgestelle, über die Lackierung bis zur Polsterung der Sitzflächen lässt sich jede Etappe begleiten.

Produktionsabfälle muss man an den einzelnen Stationen gezielt suchen, denn Kreislaufwirtschaft und ökologisches Bewusstsein sind elementare Pfeiler der Firmenpolitik von Pedrali. Jeder Rohstoff wird vor seinem Einsatz in Hinblick auf Umweltverträglichkeit auf Herz und Nieren geprüft. "Während des Produktionsprozesses legen wir ein besonderes Augenmerk auf die verwendeten Materialien, den Rohstoffverbrauch, die Optimierung der Ressourcen, die Abfallwirtschaft und Emissionskontrolle", so Monica Pedrali. Auch die Möbel aus Polypropylene sind zu 100 Prozent recycelbar. Für die Holzverarbeitung im Werk in Manzano bei Udine garantiert eine FSC-Zertifizierung die Herkunft von Rohstoffen aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern entsprechend strenger Umwelt-, Sozial- und Wirtschaftsstandards. Lackiert werden die Hölzer mit Lacken, die wasserbasiert sind und aus Pflanzen gewonnen werden. Mit hochwertigen Materialien und einem optimieren Produktionsprozess sind die Produkte von Grund auf langlebig gedacht. Das für beide Werke von Pedrali ein Standort in Italien ausgewählt wurde, dient zudem der Qualität: "Der gesamte Zyklus lässt sich so sehr gut kontrollieren, von der Entwicklung, über die Beschaffung der Rohstoffe bis zur Produktion und Lieferung", so Monica Pedrali.

Pedrali-Beauty, tradition and innovation

Raffinierte Einfachheit

Zur Nachhaltigkeit tragen auch die zeitlosen Designs von Pedrali bei: "Die Kollektionen teilen eine universelle Sprache, die wiedererkennbar ist und international geschätzt wird", so Monica Pedrali. Wie der Stuhl "Frida" aus Eichenholz von Odo Fioravanti, der 2011 mit dem renommierten Industriedesignpreis Compasso d'Oro ADI ausgezeichnet wurde. Elegant, klar, mit Liebe zum Detail und einem angenehm positiven Charakter, der in puncto Komfort die Menschen mitdenkt. "Einfachheit ist die ultimative Raffinesse, sagte Leonardo da Vinci einmal, und dieses Mantra funktioniert auch für unser Unternehmen", so Monica Pedrali. Wie spannend klare Linien sein können, zeigt unter anderem auch der Sessel "Fox" den Patrick Norguet entworfen hat – mit gebogenen Eschenrahmen und einer schlanken Schale, die aus Polypropylen bestehen oder mit Leder oder Stoff gepolstert werden kann, hat dieser einen unverkennbaren Charakter. Bis zu 15 neue Kollektionen präsentiert Pedrali jedes Jahr. "Es geht uns darum ein Möbel zu schaffen, das die kreative Kunst des Designers und die technologische Kompetenz einer industriellen Produktion für den Objektmarkt vereint, die Pedrali auszeichnet", erklärt Monica Pedrali.

Das diese Philosophie überzeugt, belegt die lange Liste der Projekte, die Pedrali bereits mit stilvollen Sitzmöbeln ausstatten durfte: Vom Restaurant "ore" von Sternekoch Alain Ducasses im Château de Versailles über den größten Amazon Campus der Welt im indischen Hyderabad bis zur American University in Kairo. "Zu den glamourösten Auftritten unserer Produkte in der letzten Zeit gehört sicher auch das Grand Diner im Palais du Louvre zum 30-Jährigen Jubiläum der Glas-Pyramide", erzählt Monica Pedrali. Und fügt an: "Es war ein großer Nervenkitzel dabei zu sein". Die Rolle von Pedrali endet allerdings nicht bei der Ausstattung und Organisation außergewöhnlicher Projekte und Events – das Unternehmen nimmt seine Verantwortung als Förderer von kulturellen und sozialen Initiativen ernst. Sei es die Unterstützung der Veranstaltung "Love Design", die der Krebsforschung dient, oder der Teilnahme am Forum "VigoniForEurope", das als Plattform für eine kulturpolitische Diskussion fungiert. Nah am Leben, mit einem Sinn für simple Eleganz, der Tradition tief verbunden und dabei stets vorausschauend: "Alles beginnt mit einer großen Leidenschaft für das Produkt und einer klaren und langfristigen Vision", so Monica Pedrali.

Hauptsitz Pedrali in Mornico al Serio, entworfen von Cantarelli Moro & Partners

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