top
Installation "among us"

REVIEW – HEIMTEXTIL 2025
Hybrides Erlebnis

Mit der vielseitigen Textilinstallation "among us" bot die renommierte Designerin und Architektin Patricia Urquiola auf der Heimtextil in Frankfurt am Main einen Ausblick auf das Textildesigns der Zukunft, wie sie dessen starke Wirkung auf den Raum zeigt. Gemeinsam mit Partnerunternehmen wie Kettal, Moroso, cc-tapis, Aquafil oder Cimento® wurden die Werke speziell für die 650 Quadratmeter große Schau realisiert. Das Konzept erläutert sie uns im Interview.
21.01.2025

Was ist die Idee hinter "among-us"?

Patricia Urquiola: "among us" ist eine hybride Installation. Es ist nicht nur ein fantasievoller Raum, in dem man sich aufhalten kann, sondern bietet das intuitive Erleben von hybriden Textiltechniken. Das Handwerk hat auch in unserer digitalisierten Gegenwart eine hohe Bedeutung, die wir nicht geringschätzen sollten. Einer der Wandteppiche ist beispielsweise mit der traditionellen Dhurrie-Technik gefertigt. Im Zentrum der Installation ist der Boden sehr weich und gibt ein wenig nach, um ihn zu betreten wird man gebeten seine Schuhe auszuziehen. Diese achtsame Weise den Ort zu erkunden, bietet eine intensivere Wahrnehmung. Mittels der Positionierung der vier Wandteppiche ist die Fläche zudem in teils geschützte Bereiche aufgeteilt, in denen man anhand der Videos auf der Bildschirmen die Idee der Kreation und die Art der Herstellung nachvollziehen kann. Platz nehmen darf man derweil auf den hybriden Textilkreationen die Moroso realisiert hat: "Gruuvelot", "Mushmonster" und "Giano". Das Layout der Schau zeigt somit die zahlreichen Möglichkeiten des Experiments mit Textilkonzepten und lädt zum Dialog über nachhaltiges Design und Gemeinschaft ein – die Installation bietet einen Raum zur Reflektion wie zum Austausch.

"among us" ist eine Erlebnislandschaft und eine Hommage an das Textildesign. Es geht darum unterschiedliche Ebenen zu zeigen und so eine holistische Form der Vermittlung bieten, die über das Visuelle hinausgeht. Parallel bietet die Installation einen Einblick in die Forschungen meines Studios und öffnet den Raum für den Dialog über neue Technologien der Textilverarbeitung. Das Element aus einer neuen Generation von Zement namens Cimento wird aus letzterem mit den Resten der Econyl-Fäden hergestellt, die für die Wandteppiche verwendet wurden, und zeigt eine andere Art der Verwendung dieser Materialien. Auch sind die ersten Ergebnisse einer neuen Drucktechnik von Wasserfarbe auf Textil ein Teil der Installation. Themen wie die Weiterentwicklung der Farbherstellung sollten wir nicht ausklammern, sondern für jeden Aspekt der Textilgestaltung mit der Forschung stets nach Optimierung streben. Ich denke es ist von großer Bedeutung, dass wir offen für eine hybride Forschung sind, um neue Technologien mit unserer Expertise im Handwerk zu kombinieren. Darüber hinaus zeigen wir nachhaltige Lösungen zur Präsentation der Werke, wie Volumen, mit dem wir die Form der Textilien aus recyceltem Stoff verändern. Das schaffen wir mit Luft gefüllten Papiertaschen, die sonst für die Logistik verwendet werden.

Anna Moldenhauer, Stylepark, im Gespräch mit Patricia Urquiola

Kann man sagen, dass Sie mit den Exponaten und der Präsentation "out of the box" denken?

Patrica Urquiola: Ich bin mir nicht sicher, ob es dieses "innen" und "außen" wirklich gibt. Jeder Vorgang findet in einer anderen Zelle statt und hat ein anderes Ergebnis. Wir sollten die Komplexität des Lebens akzeptieren und sie auch in unserer Arbeit zeigen. Alles baut aufeinander auf und das große Ganze ist ebenso spannend für die Entwicklung neuer Perspektiven wie die einzelnen Bausteine.

Die Installation "among us" ist wie Ihre Textildesigns sehr dynamisch.

Patricia Urquiola: Sie bewegen sich aus den vermeintlichen Grenzen heraus. Es ist fantastisch an diesen zu arbeiten und sie auszuloten. Ein Projekt wie "among us" muss immer ein Licht sein. Man schafft in kurzer Zeit einen definierten Raum, der eine Art der Harmonie haben soll, die einen innehalten lässt und auf unterschiedliche Weise rezipiert werden kann. Dank der gehängte Werke und den Sitzelementen fühlt man sich wie in einer Galerie, der Ort hat einen Sinn. Er dient nicht nur dazu eine Pause zu machen, er regt die Sinne an und bietet viele Möglichkeiten des Zusammenseins.

Patricia Urquiola vor einem ihrer Werke in der Installation "among us"

2007 hatten Sie gemeinsam mit Martino Berghinz eine Installation für das Event "The Design Annual" entwickelt, das die Messe Frankfurt gemeinsam mit Stylepark realisiert hat. Sprich ihre Verbindung zur Messe Frankfurt besteht seit vielen Jahren, warum funktioniert diese Zusammenarbeit so gut?

Patricia Urquiola: Im Kern einer Zusammenarbeit geht es immer um menschliche Beziehungen und die beruhen auf gegenseitiger Wertschätzung. Die Ausstellung damals hatte einen anderen Charakter als die aktuelle, aber sie hat eine gemeinsame Verbindung geschaffen, die auch fast 20 Jahre später noch besteht.

Welche Themen sind Ihrer Meinung nach für die Textilbranche aktuell ausschlaggebend?

Patricia Urquiola: Wir sollten uns gemeinsam auf ein nachhaltiges Vorgehen verständigen, gewillt sein, stets den besseren Weg zu wählen. Die Installation "among us" haben wir innerhalb eines Tages montieren können, da sie flexibel und platzsparend gedacht ist. Gestaltungsprozesse sollten ganzheitlich gesehen werden, eine Demontage und Weiterverwendung muss bereits beim Beginn des Prozesses mitgedacht werden. Biomaterialien zu bevorzugen und generell für die Forschung offen zu sein, ist ebenso entscheidend.

Installation "among us"