Die aktuellen Metamorphosen
Stühle rollen hin und her, Tischplatten heben und senken sich und Akustikpaneele können frei im Raum verschoben werden: Die Protagonisten auf der Orgatec 2016 sind beweglich und vielseitig. Ob mit Stoff bezogen, aus Plastik oder Holz, die Büromöbel werden immer farbenfroher gestaltet und zunehmend ausgefallen geformt, und sollen dem Büro eine lebendige Atmosphäre verleihen. Bunte Bürolandschaften für graue Gehirnzellen – aber auch die inneren Werte zählen: der Trend zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen vor allem bei der Herstellung und Verarbeitung wird deutlich sichtbar. Recyceltes Plastik verwendet die Textilbranche zunehmend für die Herstellung von neuen Fasern und Bodenbeläge werden mit dem Abfall aus der eigenen Produktion oder gleich ganz aus Naturfasern ohne Chemikalien hergestellt.
Von Traditionalisten und Einsteigern
Seit 20 Jahren leistet der britische Textilhersteller Camira Pionierarbeit auf dem Gebiet der nachhaltigen und umweltgerechten Herstellung von Stoffen. Das Sortiment bleibt dabei traditionell frei von Mustern und folgt einer klaren Linie. Die Stoffe sind meist mehrfarbig und die Farbpalette konzentriert sich auf gedeckte und melierte Stoffe. In der Firmenchronik finden sich bereits 1996 erste Ansätze umweltbewusster Herstellungsverfahren durch die Verwendung weniger Chemikalien und recycelter Materialien und Naturfasern. Die Stoffe „popular fabrics“, „x-treme“ und „Lucia“ gehören zu den ersten recycelten Stoffen bei Camira. Das Unternehmen verarbeitet sowohl Naturfasern wie Leinen, Wolle und Hanf, als auch Abfälle aus dem eigenen Herstellungsprozess wie Schnittreste und recycelte Plastikflaschen, sogenannte „post-consumer“-Produkte, für die Garne ihrer Stoffe. Auf der Orgatec präsentieren sie den neuen Stoff „Rivet“ aus 100 Prozent Plastik: Aus zwei Dutzend Flaschen entsteht ein Meter Stoff. Das 22-köpfige Designteam prüft dabei stets alle Produktionsbereiche auf ihre Nachhaltigkeit, denn bei Camira geht es um Traditionspflege und Kontinuität, nicht um trendiges Greenwashing wie Catherine Counsell, die Design & Development Managerin des Unternehmens, im Gespräch mit Stylepark betont. Das zeigt sich auch in der Produktpalette: aus wenigen Garnen lassen sich viele unterschiedlich farbige Stoffe herstellen, die in jedem Lebensbereich Anwendung finden.
Während bei den Briten am Stand von Camira die gedeckte Tönen vorherrschen, sieht es an anderen Ständen bunter aus. Die Bodenbeläge des schwedischen Herstellers Bolon oder der deutschen Firma Object Carpet sind vielfältig gemustert und variantenreich. Bei Bolon finden alle Produktionsschritte in der Fabrik in Schweden statt und die Restprodukte aus der Textilherstellung werden auf dem Hof in der eigenen Anlage recycelt. Der zweischichtige Bodenbelag wird jeweils zur Hälfte aus recycelten und neuwertigen Fasern hergestellt.
Ebenso versucht man bei Object Carpet auf allen Produktionsebenen Umweltfreundlichkeit großzuschreiben und Teppichböden zu kreieren, die im Büro nicht nur dem Ambiente, sondern ferner dem gesundheitlichen Klima zuträglich sind. Nachhaltigkeit wird aber nicht nur im Herstellungsprozess angestrebt, sondern auch bei den Produkten, denn Langlebigkeit und geringer Verschleiß bei wenig Pflegeaufwand stellen wichtige Aspekte des Lebenszyklus' eines Produktes dar. Die Branche honoriert dies und zeichnete Object Carpet schon mehrfach aus. Unter anderem erhielten die Teppichhersteller den „AIT-Innovationspreis“ und den „BAU-Trend-Award für Energie und Ressourceneffizienz“. Aber nicht jedes Siegel sagt wirklich etwas über die Nachhaltigkeit des Unternehmens aus und nicht jeder Prozentanteil an Plastik im Stoff ist ökologisch besonders wertvoll und sinnvoll. Längst hat sich der Trend in der Marketingstrategie der Unternehmen verfestigt und fordert von den Herstellern nun, den abstrakten Begriff eines guten Werbeslogans tatsächlich zu einem ergiebigen Gewebe und einer stringenten Unternehmensphilosophie auszuarbeiten.