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Das dreidimensional ausgeformte Zifferblatt der Armbanduhr "Autobahn" von Nomos.

Tempometer

Werner Aisslinger und Tina Bunyaprasit haben für Nomos eine Uhr entworfen, die ihre Inspiration teilweise aus der Vergangenheit zieht und die dennoch für die Uhrenmanufaktur in mehrerlei Hinsicht Neuland darstellt.
von Fabian Peters | 04.04.2018

Eine Marke durch gutes Design neu zu positionieren ist eine Sache. Für eine Marke, die für ihr Design bekannt und vielfach ausgezeichnet ist, ein neues Produkt zu schaffen, eine andere. Die Uhrenmanufaktur Nomos aus dem sächsischen Glashütte ist so eine Marke. Ihre Uhren, angefangen mit der epochemachenden Tangente, haben die Sachlichkeit deutschen Industriedesigns im Segment der Luxusuhren hoffähig gemacht. Bei dieser Gestaltungsphilosophie ist man in den letzten 25 Jahren im Großen und Ganzen geblieben. Auch Mark Brauns "Metro"-Serie, die in den letzten Jahren in verschiedenen Varianten vorgestellt wurde, steht in dieser Tradition. 

Als Werner Aisslinger und Tina Bunyaprasit um einen Entwurf für die Uhrenmanufaktur gebeten wurden, entschlossen sie sich deshalb, einen Zeitmesser zu entwickeln, der aus der Reihe der existierenden Nomos-Modelle ausbricht. Ihre "Autobahn" getaufte Neuschöpfung ist im Vergleich mit seinen Brüdern "eher verspielt", wie Aisslinger selbst sagt. Und das ganz bewusst: "Wir wollten nicht, dass sich unsere Uhr und die bereits existierenden Modelle gegenseitig kannibalisieren." Sprich: "Autobahn", eine sportliche Armbanduhr, die auf eine in erster Linie männliche Käuferschaft zielt, soll dem Hersteller neue Kundenkreise erschließen.  vermittelt das Design weit mehr als bei den anderen Nomos-Produkte Dynamik. Erreicht wird dies vor allen Dingen durch ein dreidimensional ausgeformtes Zifferblatt – das Bauteil, das auch den größten Entwicklungsaufwand bedeutet hat. Es steigt zum Rand wie eine Steilkurve an – und verweist damit auf einen Themenkreis, der die gesamte Gestaltung der Uhr durchzieht: Dynamik und Geschwindigkeit. Man denkt unwillkürlich an die berühmten Hochgeschwindigkeitskurse von Nardò oder Indianapolis mit ihren überhöhten Kurven. 

Die drei Zifferblatt-Varianten von "Autobahn"

"Ungrafisch" nennt Aisslinger den Entwurf wegen seiner Dreidimensionalität – verglichen mit den anderen Nomos-Uhren. Obwohl er und Bunyaprasit ihrer Uhr ebenfalls mit einem starken grafischen Akzent Charakter verleihen – wenn auch in einer verspielteren Form, als das bisher bei den Produkten des Uhrenherstellers der Fall war. Ein breites Ringsegment umläuft zwei Drittel des Zifferblattes, wahlweise in einem kräftigen Blau auf silbernem Grund, in weiß auf dunkelblauem Grund oder in gebrochenem Weiß auf Weiß, nur bei genauem Hinsehen als leichte Erhabenheit zu erkennen. Dieses gestalterische Element leitet sich, so Aisslinger, aus der Welt der Messgeräte her. Es soll Assoziationen an Tachometer, Drehzahl- oder Öldruckmesser wecken. Zu dem Blauton des Kreises inspirierten Werner Aisslinger und Tina Bunyaprasitunter anderem der blaue Streifen im Renndesign des Ölkonzerns Gulf, das etwa den Overall von Steve McQueen im Filmklassiker "Le Mans" von 1971 ziert. Auch das Uhrendesign dieser Zeit stand für "Autobahn" Pate. 

Mit der Namenswahl wollen die Designer natürlich auf den Kraftwerk-Titel von 1974 verweisen. Der Begriff ist für Werner Aisslinger aber auch eine Chiffre für ein Nachkriegsdeutschland vor Ölkrise und Waldsterben – als das Automobil noch für "Freiheit, Freizeit, Ferien machen" stand.  

Das Kreissegment auf dem Zifferblatt fluoresziert im Dunkeln.
Tina Bunyaprasit und Werner Aisslinger