Das Ende des Schulflures
"De Vonk", zu deutsch "der Funke", heißt der neue Spiel- und Bildungscampus im belgischen Knokke. In dem niedrigen Gebäudekomplex am Rande des mondänen Seebades, dort, wo die Felder beginnen, sind ein Kindergarten und eine Grundschule untergebracht. Gebaut haben das Ensemble NL Architects aus Amsterdam, die Gewinner des diesjährigen Mies van der Rohe Awards.
Die Außenansicht bietet zunächst Vertrautes: Pavillonarchitektur, eingeschossig, eloxierte Metallfassade, große bodentiefe Fenstertüren, ganz umzogen von einem Laubengang aus Betonelementen. In der Mitte ein erhöhter kubischer Baukörper, um den herum die übrigen Gebäudeteile angeordnet sind. Den größten dieser Flügelbauten bekrönt ein begrüntes Dach in der Form eines umgedrehten Trichters.
Der Komplex umgeben allseitig Spiel-, Grün- und Gartenflächen, mit denen er durch die großen Fenstertüren und den Laubengang eng verzahnt ist. Tritt man durch eine dieser Durchgänge ins Innere, so bemerkt man, dass das gesamte Gebäude leicht im Boden gegraben wurde: Das Fußbodenniveau liegt ein gutes Stück unterhalb des Geländeniveaus. Die Fensterbänke aus Holz sind hier im wahrsten Sinne als Bänke gestaltet. Geht man weiter, fällt das nächste wichtige Gestaltungsmerkmal auf: Die Architekten verzichten bei ihrem Bau fast vollständig auf Flure und Korridore. Das gelingt ihnen, weil sie praktisch jeden Erschließungsraum so aufweiten und gestalten, dass er als Kommunikationsfläche, als Lern- und Spielbereich genutzt werden kann.
Dazu organisieren sie die vier Hauptfunktionen des Baus – Grundschule, Kindergarten, Verwaltung und Schulmensa – um eine zentrale Multifunktionshalle herum an, die unter anderem als Pausenraum, Sporthalle und Aula dient. Er ist höher als die übrigen Bauteile. Ein Fensterband unter der Decke führt ihm Tageslicht zu. Zwischen der Halle selbst und den Gebäudeflügeln lassen die Architekten eine große Spielfläche entstehen, wobei sie die holzverkleideten Außenwände der Halle als "programmed wall" gestalten. Hier finden unterschiedlich geformte Sitznischen, Bücher- und Zeitschriftenregale ihren Platz.
Die Raumorganisation in den Gebäudeflügeln ist aus ihrer jeweiligen Funktion entwickelt: So sind die Klassenzimmer der Grundschule um einen zentralen Platz herum angeordnet, der zum Spielen und Lernen gleichermaßen dient. Zentrales Element ist hier ein großes Podest unterhalb der bereits erwähnten trichterförmigen Dachausstülpung. In seinem Sockel befinden sich Sanitär- und Abstellräume, auf ihm finden Gruppen- und Einzelarbeitsplätze unter einem großen Oberlicht ihren Platz. Hohe Stufen schaffen zudem ein kleines Auditorium. Wie die Multifunktionshalle kann auch das Podest vollständig umrundet werden – so entstehen keine "toten Winkel" und Sackgassen.
Im Kindergarten-Flügel gehen die Gruppenräume dagegen von eine langgezogenen "Spielstraße" mit mehreren kleineren Oberlichtern aus. Doppelflügelige verglaste Türen sorgen für Durchlässigkeit zwischen beiden Bereichen. Die "Straße" mündet in den Ausgang zum Spielplatz des Kindergartens. Ein großes Vordach vermittelt hier zwischen drinnen und draußen und schafft eine vor Witterung geschützte Aufenthaltsfläche.