Seltsam ist es schon, wenn ein Gepard in staubig-wüstem Gelände mit einem Automobil um die Wette rennt – und das dann „Manta" heißt. Ein Rochen auf dem Trockenen? Nun ja, so ist Werbung eben. Dynamik und Beschleunigung sind alles, da kommt der gravitätisch im Wasser schwebende Manta einfach nicht mit. Der „Opel Manta" ist ja auch längst (Automobil)-Geschichte. Eine ganz andere, wirklich herzzerreißende Geschichte von einem verletzten Gepard, hat Volkswagen für seinen „Golf V" eingesetzt. Wobei einen die Geschichte des Tiers tatsächlich anrührt und der Schluss mal nicht komplett an den Haaren herbeigezogen ist. Aber klar, es könnte jedes andere Auto sein, das es Cheetah möglich macht, sich auch mit drei Beinen den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. In eine ganz andere Welt wird man in einem Spot entführt, den Vegaolmosponce 2008 in Argentinien für ein Duschgel von Axe gedreht hat. Wer weiß, vielleicht sind Gauchos ja besonders empfindlich, was lieblich-weibliche Düfte angeht. Der Spot selbst aber ist lustig gemacht – und der frisch geduschte Mann wirklich verwirrt ob seiner Bedrängnis. Also bitte, nehmen Sie die richtige Seife, sonst kommt das Hörnchen mit dem Lippenstift in den Pfoten auch zu Ihnen. Nicht ganz den aktuellen Vorstellungen von Nachhaltigkeit entspricht hingegen der Film, der 2010 von Chi & Partners in London für den Lieferservice von Argos ersonnen wurde. Zwei Pinguine bringen einem Walross – einem immer hungrigen, faulen und trägen Koloss – zwei Fische. Mehr davon haben sie im Wagen. Nun gut. Argos liefert so gut wie alles. Doch weshalb es dafür ausgerechnet eines Walrosses bedurfte? Keine Ahnung. Ebenfalls ein Walross taucht in dem 2010 im United Kingdom geschalteten Spot für Vigorsol Kaugummi auf, den sich die Londoner Werbeagentur Bbh ausgedacht hat. Der ironische Nachweis, das Kaugummi sei „kult", weil es „sensationelle Abenteuer" verheißt, muss auch typisch britisch sein – und ist deshalb nicht ohne weiteres für Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund nachvollziehbar. Und auch hier könnte es – sagen wir – genauso gut ein Eisbär sein. Aber vielleicht haben wir ja bezüglich der symbolischen und ikonografischen Eigenschaften eines Walrosses etwas Entscheidendes verpasst und die drolligen Kolosse gelten als besonders gesellige Genossen, mit denen sich nett spielen lässt. Am besten wir fragen bei Gelegenheit einen Briten nach seinem Verhältnis zum Walross. Der Spot der New Yorker Agentur Tbwa\chiat\day von 2010 für die Nikotinpillen von Nicorette in den Vereinigten Staaten gehört ebenfalls zu den Exemplaren, die Tiere klischeehaft einsetzen, also in die Kategorie Wunderlichkeiten. Dass der Entzug den Süchtigen selbst den Schmerz eines zubeißenden Hais vergessen lässt, nun ja, wer's glauben mag. Haifische jedenfalls haben es, seitdem der „Weiße Hai" ihr Image als blutrüstige Killer für immer zementiert hat, ohnehin schwer in der Werbung. Doch kommen auch sie nicht darum herum, das Menscheln zu lernen, selbst wenn sie das immer gleiche Klischee darstellen müssen. Da hilft nichts, nicht einmal der Pausenriegel Snickers. Um in den Vereinigten Staaten eine Variante mit Erdnussbutter einzuführen, haben sich BBDO aus New York Anfang 2011 tatsächlich auf die Methoden der Marktforschung besonnen und eine besondere „Focus Gruppe" zusammengestellt, die mal nicht aus Schülern, Hausfrauen und anderen Schleckermäulern besteht, die nichts besseres zu tun haben, sondern – Sie ahnen es – aus lauter Haien. Ob die Kerle mit dem großen Gebiss – und mit ihnen die Agentur – wirklich Geschmack beweisen, wenn sie feststellen: „Ahh, Steve was delicious!"? Ganz anders nutzten Ddb aus London das missverstandene Tier, als sie die Briten 2009 von den Vorzügen der Staubsauger der Firma Philips überzeugen wollten. Da staunt nicht nur der Betrachter, wie kräftig hier gesaugt wird, da staunt sogar die Maus. So wird Putzen wirklich zu einer tierisch anstrengenden Sache. Zum Schluss unserer kleinen Serie wollen wir nun noch einmal den Kopf zum Himmel wenden und in mit Hilfe des WWF in eine wahrhaft kosmische Dimension vorstoßen. Bevor wir dies tun, wollen wir aber noch kurz des Schimpansen Cheetah gedenken, der – als Teil der Filmgeschichte – am Heiligabend des vergangenen Jahres im Alter von achtzig Jahren gestorben ist. Bekannt geworden ist Cheetah als Partner von Schwimm-Olympiasieger Johnny Weissmüller in den Tarzan-Filmen der frühen dreißiger Jahre. Cheetah sei, so Debbie Cobb, die Direktorin des Suncoast Primate Sanctuary, einem Tierheim in Palm Harbor, Florida, wo der Schimpanse zuletzt gelebt hat, aufgeschlossen gewesen, sie habe es geliebt, mit Fingerfarben zu malen und Menschen lachen zu sehen. Der Schimpanse habe menschliche Gefühle sehr gut verstanden, sagte sie. „Er wusste genau, ob ich einen guten oder einen schlechten Tag hatte. Wenn er dachte, ich sei schlecht drauf, versuchte er ständig, mich zum Lachen zu bringen." Auch in dem Spot des WWF spielt ein Schimpanse die zentrale Rolle. Einst, im Jahr 1961, mit einer Mercury-Kapsel gestartet, kehrt er 65 Jahre später – untermalt mit den Klängen des Songs „Sweet mother I'm coming home" – alas alter Affe zur Erde zurück. Zu einer anderen Erde, auf einen öden, menschenleeren Planeten. Die Botschaft lässt nicht lange auf sich warten: „It's not a planet. It's our home." Ich aber frage mich verwirrt: Sind Tiere, und das nicht nur in der Werbung, vielleicht doch die besseren Menschen? Oder eignen sie sich einfach besonders gut als Projektionsfläche? So nett wie in der Werbung haben sie es jedenfalls nirgends. Aber selbst das spricht nicht wirklich für die Werbung. In unserer Reihe zu Tieren in der Werbung sind bisher erschienen:
› „ Der beste Freund des Menschen"
› „Der kluge Bär hat's schwer"
› „Greenpeace, Star Wars, ein Hundechor und ein Käfer"
› „Elefantenwinde und andere Absonderlichkeiten"
Nehmen Sie die richtige Seife?
von Thomas Wagner | 17.02.2012
Axe Seife
Argos Zustellservice
Vigorosol Kaugummi
Nicorette Bonbon
Philips Staubsauger