Nachhaltigkeit
Alternativen aufzeigen
Anna Moldenhauer: Farah, Arjen, was ist eure Philosophie?
Arjen Aarnoudse: Wir sind beide Architekten und waren stets interessiert am nachhaltigen Bauen – allerdings ist die "ökologische Ästhetik" nicht unsere. Wir wollten hochwertige Projekte realisieren, die auf allen Ebenen begeistern können. Daher haben wir vor drei Jahren unser eigenes Studio gegründet.
Farah Agarwal: Eines unserer ersten Projekte war das "Floating House" in Amsterdam, ein Entwurf für eines der insgesamt 30 schwimmenden Häuser des Quartiersprojekt "Schoonschip" im Johan van Hasseltkanaal. "Schoonship" soll das nachhaltigste schwimmende Viertel Europas werden. Das war ein guter Ausgangspunkt für unsere weitere Arbeit.
Wie sieht die kreative Rollenverteilung bei euch aus?
Farah Agarwal: Arjen ist der technische Part und gleichzeitig der, der es liebt bei allem auf der Baustelle aktiv zu helfen. Ich fokussiere mich mehr auf die gestalterische Arbeit und füge die losen Enden zusammen. Da wir zudem verheiratet sind und zwei Kinder haben, sind die Übergänge oft fließend, jeder macht ein wenig alles. Wir ergänzen uns und haben eine gemeinsame Sprache in der Architektur gefunden.
Eure Wohnprojekte sind sehr unterschiedlich, vom mobilen Rückzugsort bis zur Villa. Was ist für euch die Herausforderung?
Arjen Aarnoudse: Die Herausforderung ist, den Kunden an die Hand zu nehmen und die Projekte von der ersten Idee bis zur Übergabe gemeinsam zu definieren. Es braucht viel Überzeugungsarbeit, um Alternativen zu konventionellen Bauweisen aufzuzeigen. Viele Auftraggeber wissen nicht, wie umweltschädlich beispielsweise Beton oder Stahl als Materialien sind, da sie weit verbreitet und günstig sind. Diese Überzeugungsarbeit und Aufklärung zu leisten ist der schwierigste Part in jedem Projekt. Wir versuchen in kleinen Schritten aufzuzeigen, wie das Gebäude nachhaltiger gestaltet werden kann. Ich habe den Eindruck, wir befinden uns aktuell in der "Hybridphase" des nachhaltigen Bauens: Mit jedem Projekt können wir ein paar Schritte weiter voran gehen.
Aktuell bauen wir zum Beispiel ein Haus aus Hanfbeton in den Niederlanden, eine Art Leichtbeton mit Hanf als Hauptmaterial. Hanfbeton lässt die Konstruktion atmen, die Luftfeuchtigkeit im Haus wird durch die Wände reguliert. Zudem ist der Hauptbestandteil – Hanf – umweltverträglich, da er CO2 speichert und keine schädlichen Emissionen produziert. Man muss allerdings verstehen, wie sich das Material im verbauten Zustand verhält, auf was geachtet werden muss. Wir wollen kein Polystyrol, also keinen Kunststoff, oder andere toxischen Materialien einsetzen. Auch wenn dieser in Form von Schaumstoff bei den meisten Bauvorhaben im Fundament verwendet wird. Man sieht es zwar nicht, aber das schädliche Material stellt in der Summe für die Umwelt eine immense Belastung dar. Die Bauindustrie funktioniert stark nach traditionellen Konventionen, ein Umdenken lässt sich nur sehr langsam umsetzen.
Im Moment wird viel über Nachhaltigkeit in der Architektur debattiert – gibt es etwas, dass ihr im aktuellen Diskurs vermisst?
Arjen Aarnoudse: Ich denke es geht darum ein Gleichgewicht zu schaffen. Beton und Stahl sollten beispielsweise dort eingesetzt werden, wo es aufgrund der Eigenschaften der Materialien sinnvoll ist und nicht weil man einer gängigen Methode folgt. Der Charakter des Materials muss verstanden werden. Das materielle Wissen ist so groß wie nie zuvor, dazu gibt es unbegrenzte Möglichkeiten umweltverträgliche Lösungsansätze zu recherchieren. All diese Optionen müssen ausgeschöpft werden, wenn die Mischung aus Nachhaltigkeit und Ästhetik bei einem Bauvorhaben höchste Priorität haben soll.