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"Hotspot"

JUNGE TALENTE
Neue Typologien

Moritz Walter is an industrial designer and lives in Berlin. His extensive portfolio gives no indication that he only completed his studies last year. In this interview, he tells us what his idea for the heating system of the future is and why he is fascinated by designing luminaires.
25.10.2024

Anna Moldenhauer: Du hast in Münster und in Berlin Produktdesign studiert, wie haben sich die Studien inhaltlich voneinander unterschieden?

Moritz Walter: Ich würde sagen, das interdisziplinäre Studium an der Fachhochschule Münster war eine sehr gute Grundlage für den Beruf, da wir viele der "Hard Skills" vermittelt bekommen haben. Sprich die Lehre war sehr praxisnah, von der Fertigung bis zur Vermarktung. Nach dem Grundstudium spaltet sich diese Basis auf in Schwerpunkte wie Medien-, Kommunikations- oder Produktdesign, aber die Schnittstellen bleiben bestehen, und somit auch die bereichernden Einblicke zwischen allen Fachbereichen. An der Weißensee Kunsthochschule Berlin konnte ich dann nochmal eine andere Perspektive auf die Gestaltung bekommen. Ich habe vor allem bei der Produktdesignerin Carola Zwick studiert und in dem Zuge auch Interaktionsgestaltung und die Arbeit mit elektronischen Produkten gelernt. Es war auf jeden Fall sehr wertvoll, nochmal die Universität zu wechseln, um unterschiedliche Herangehensweisen zu erfahren.

Gibt es eine Arbeitsweise, die du aus deiner Zeit bei Mark Braun mitgenommen hast?

Moritz Walter: Wir haben meistens direkt an einem Prototyp gearbeitet, um möglichst früh ein Gefühl für das Produkt zu bekommen. Ideen wurden also direkt in eine Form gebracht und dann verfeinert. Ich bevorzuge diesen Ablauf, da man so keine Details übersieht, was bei einer digitalen Version schnell passieren kann. Mark ist gelernter Tischler, somit hatten wir eine umfangreiche Werkstatt zur Verfügung und das war ein großer Vorteil.

"Hotspot"

Du hast vor kurzem mit "Hotspot" eine strombasierte Heizung vorgestellt, wie unterscheidet sich diese von anderen strombasierten Modellen?

Moritz Walter: Bei dem Projekt habe ich mich mit drei Problematiken beschäftigt, die das Heizen von Innenräumen mit sich bringt: Die meisten Heizsysteme gehen mit einer recht teuren und aufwändigen Infrastruktur einher. Zudem bieten fossile Energieträger, wie sie in den meisten Heizsystemen noch verwendet werden, keine Perspektive. Fest installierte Systeme heizen ganze Räume auf, anstatt individuell unterschiedliche Wärme zu spenden. Strom ist einer der wenigen nachhaltig erzeugbaren Energieträger und damit auch zukunftsfähig. Ich möchte die Heizung zielgerichteter und effizienter denken, mehr auf die Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet. Daraus ist die Produktfamilie "Hotspot" entstanden, mit einem Panel für großflächigere Einsätze und mobile Wärmespeicher, die für die körpernahe Wärmeübertragung dienen. In meiner Recherche habe ich mich auf dem Markt nach dezentralen Heizlösungen umgeschaut und festgestellt, dass es in erster Linie Produkte sind, die festinstallierte Systeme nur unzureichend und ineffizient imitieren. Strom als eine flexible Energieform, die nicht an Rohrsysteme des Gebäudes gebunden ist, bietet eigentlich viele Vorteile, denn die Wärme kann direkt zum Menschen gebracht werden, wo sie gebraucht wird. Diese Flexibilität ermöglicht viel Gestaltungsspielraum für neue Typologien. In dieser Hinsicht sollte die Gestaltung auch eher der eines Möbels ähneln, als eine technische Anmutung zu haben. Sie sollte in jeder Hinsicht ein bereichernder Bestandteil der Wohnumgebung sein.

Bist du bereits mit Unternehmen für die Marktreife im Gespräch?

Moritz Walter: Bisher haben mich nur HändlerInnen kontaktiert, die das Produkt kaufen wollten, um es selbst zu vertreiben. Ich bin aktuell noch auf der Suche nach einem Unternehmen, mit dem ich die Kollektion zur Marktreife bringen kann.

"Modi"

Ebenso entwickelt hast du die Solartischleuchte "Nomad" und die Stehleuchte "Modi" – was waren hier jeweils die Herausforderungen?

Moritz Walter: "Nomad" habe ich zusammen mit meiner Kommilitonin Michelle Müller gestaltet – die Leuchte war das Ergebnis eines Kurses an der Hochschule zum Thema Solarenergie. Wir wollten eine autarke Leuchte gestalten, bei der die Solarzelle Teil des Interaktionskonzepts ist. Das bedeutet, man muss die Leuchte auf den Kopf drehen, um sie auszuschalten und die Solarzelle aufzuladen. Diese Geste soll dazu beitragen, die Solarzelle als essenziellen Teil der Leuchte zu verstehen und das Gefühl für die Solarenergie ein wenig greifbarer werden zu lassen. Dafür haben wir auch eine kleine LED-Leiste in den Steg integriert, die je nach Position im Raum anzeigt, wo die optimale Aufladesituation im Raum ist. "Modi" war vor allem von modernen Wohnsituationen mit begrenztem Raum inspiriert. Die Leuchte bietet zwei Lichtszenarien: einen direkten Lichtstrahl, um als klassische Leseleuchte zu funktionieren und ein diffuses Stimmungslicht für gemeinschaftliche Situationen.

Aktuell arbeitest du bei "GRAU" – möchtest du auch bei deinen freien Projekten zukünftig in erster Linie Leuchtendesign entwickeln?

Moritz Walter: Mich reizt das Thema Licht auf jeden Fall sehr. Neben dem Möbeldesign ist es der Bereich, mit dem ich mich aktuell sehr viel beschäftige. Ich finde es spannend, wie stark die Atmosphäre im Raum durch die Beleuchtung beeinflusst wird und wie viel Persönlichkeit Leuchten über die Gestaltung und Lichtfarbe erhalten. Festlegen möchte ich mich darauf allerdings nicht, da es auch noch viele weitere spannende Produktfelder gibt.

Moritz Walter

In der Pandemie hast du als Abschlussarbeit zudem den Stuhl "Turn" entwickelt, der viele Sitzpositionen anbietet, in wohnliche Kontexte passt und ohne komplexe Bauteile auskommt. Wäre der Stuhl bereits marktreif?

Moritz Walter: Ich wäre auf jeden Fall gewillt, im Eigenvertrieb oder mit einem Partner eine kleine Serie zu starten. Den Stuhl habe ich seit der Entwicklung bei mir zu Hause in Verwendung und konnte den Prototypen ausgiebig testen.

Deine Gestaltung ist sowohl lösungsorientiert, wie sie einen ästhetischen Wert zeigt. Kannst du deine Designphilosophie beschreiben?

Moritz Walter: Du hast schon gut formuliert, was ich ausdrücken möchte – ich versuche jeweils eine Klarheit in der Gestaltung zu erreichen, auch wenn die Themen komplexer sind. Auf die Frage wie wir zukünftig heizen wollen, möchte ich beispielsweise mit verständlichen Lösungsansätzen antworten. Gerade wenn Objekte im Wohn- und Arbeitskontext eingesetzt werden sollen, ist es umso wichtiger, dass sie in der Gestaltung nahbar sind.

Wie ist die Situation in Berlin für junge DesignerInnen aktuell?

Moritz Walter: Die Mieten sind wahnsinnig hoch und Jobs sind nicht einfach zu finden. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Stadt ein großes Potenzial bietet, eigene Ideen zu entwickeln. Man muss selbst aktiv werden, da viele Unternehmen nicht proaktiv auf DesignerInnen zugehen oder wissen, welche Vorteile eine Zusammenarbeit hätte. Eigeninitiative ist ein wichtiger Punkt. Dazu bieten Städte wie Berlin viele Möglichkeiten, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen und dadurch entstehen auch Ideen und Projekte. Ich habe beispielsweise mit zwei FreundInnen einen kollaborativen Workspace in Berlin gegründet, inklusive Werkstatt. Das ist ein toller Ort, an dem Netzwerken stattfindet und Jobs entstehen.

Woran arbeitest du gerade?

Moritz Walter: Neben dem Ausbau des Workspace arbeite ich an zwei neuen Entwürfen, die ich zu einer kleinen Serie entwickeln möchte.

"Turn"
"Norm"
"Nomad"