Verwandlungskünstler
"Unternehmer werden wollte ich früher eigentlich nie", sagt Volker Reichert, Gründer Geschäftsführer des jungen Möbelunternehmens modul21. Dass es anders kam, hat mit einem genialen Konzept für ein Sitzsystem zu tun, das er nicht in seiner Schublade verstauben lassen wollte. Mit dem Thema Sitzmöbel kennt Reichert sich aus. Seit 30 Jahren gestaltet der Industriedesigner Stühle, Sessel und Sofas. Zu seinen Kunden zählen international renommierte Firmen wie Rolf Benz, Koinor oder der Büromöbelspezialist Kusch+Co. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Reichert mit dem Thema Systemmöbel. Im Laufe seiner Karriere hat er bereits zahlreiche Polstermöbelsysteme für unterschiedliche Hersteller entwickelt. Auch bei der Entwicklung des Systems "modul21" dachte Reichert zunächst nicht daran, es selber zu produzieren. Als ein potenzieller Hersteller absprang, stellte Reichert den Prototypen kurzentschlossen alleine auf der Orgatec 2018 aus. Die Reaktionen waren so überwältigend, dass der Designer beschloss, selbst ins Unternehmerlager zu wechseln.
Mit dem System "modul21" soll Modularität im Polstermöbelbereich völlig neu gedacht werden. Dem Entwurf liegt ein Rasterprinzip zu Grunde, das es erlaubt, die standardisierten Einzelteile immer wieder neu und anders zusammenzubauen. Was Regalhersteller wie etwa USM mit dem Haller-Regal vorexerziert haben, überträgt das System "modul21" auf Sofas, Sessel und gepolsterte Bänke. Mit diesem Konzept im Kopf fing der Designer an, nach Lösungen zu suchen. Das Herzstück des Systems stellt die von Reichert entwickelte Montageschiene dar, die die Einzelelemente miteinander verbindet. Mit Hilfe dieser Schiene können – zumindest theoretisch – endlos viele Einzelmodule aneinandergefügt werden. Das Grundmodul hat die Abmessung 20 mal 80 Zentimeter und eine Höhe von 37 Zentimetern, die allerdings mit Hilfe unterschiedlicher Füße angepasst werden kann. Vier hintereinander montierte Elemente ergeben einen großzügigen Hocker. Werden mehrere dieser Viererblöcke aneinandergefügt, wird daraus eine Bank. Wird das jeweils hinterste Modul durch ein Rückenlehnenelement ersetzt, entsteht ein Sofa. Selbstverständlich sind auch unterschiedliche Seitenlehnen im Programm. Immer beruht alles auf einem Rastermaß von 20 mal 20 Zentimeter. Und immer ist jedes Element darauf vorbereitet, dass es später einmal anders verwendet wird. "Deshalb sind zum Beispiel Partien der Module mit Stoff bezogen, die man bei vielen Einbauvarianten gar nicht sieht", erklärt Volker Reichert.
Inzwischen ist ein ganzer Baukasten entstanden, der vielfältigste Lösungen ermöglicht und der ständig weiterwächst. Durch das Raster, auf dem das System beruht, werden zudem ideale "Schnittstellen" für Architekten, Innenarchitekten und Möbeltischlereien geschaffen. Denn natürlich lässt sich das "modul21"-Grundmaß problemlos auch auf ganze Einrichtungen übertragen – die beste Voraussetzung, um das System nahtlos in Einzelanfertigungen etwa für Arztpraxen oder Geschäftsräume zu integrieren. Für Volker Reichert ist die Vielseitigkeit und Veränderbarkeit von „modul21“ kein Selbstzweck. Sie dient dazu, dass das Möbelsystem und seine Einzelelemente über Jahrzehnte in Verwendung bleiben können. Weil es jederzeit an neue Anforderungen angepasst werden kann, ist es ein Musterbeispiel für ein nachhaltig gedachtes Produkt. "Deshalb sollte mein Entwurf ganz bewusst auch nicht in irgendeiner Form ‘modisch’ sein", sagt Reichert. "Er folgt keinem Trend, sondern ist hoffentlich im besten Sinne zeitlos." Aus diesem Grund spielt für ihn auch Qualität bei den Materialien und der Fertigung eine ganz zentrale Rolle. Hergestellt werden die Elemente in zwei kleinen Manufakturen in Deutschland, mit denen Reichert schon lange vertrauensvoll zusammenarbeitet. Das Innenleben ist aus flammhemmenden Schaumstoffen ausgeführt, so dass die Möbel problemlos auch im Objektbereich verwendet werden können. Als Bezugsmaterialen stehen Textilien von Kvadrat zur Auswahl. Und sollte nach jahrelanger intensiver Nutzung der Polsterstoff verschlissen sein, lässt sich "modul21" problemlos vom Fachmann neu beziehen. Sein System soll den Käufer im Idealfall ein Leben lang begleiten, hofft Reichert, und sich dabei an jeden Lebensabschnitt neu anpassen.