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Ein wenig Star Trek-Feeling in Südfrankfreich: Inmitten der Steinruinen von Friche de l'Escalette sind tenporäre Bauten aus Kunststoff gelandet.

Rein ins Ufo!

Den gebauten Zukunftsoptimismus der 1970er Jahre kann man derzeit in der Ausstellung "Utopie Plastic" in den Friche de l’Escalette bei Marseille begehen.
von Adeline Seidel | 29.08.2017

Die Zukunft erschien in den 1970er Jahre wagemutiger, bunter und optimistischer als heute. Alles, was man sich vorstellte, war unbeschwert und von einer gewissen Leichtigkeit. Das gilt auch, wenn man sich die mobilen Häuser des Designers Jean-Benjamin Maneval und des Architekten Matti Suuronen oder die Entwürfe von Georges Candilis und Anja Blomstedt anschaut. Die beiden letztgenannten entwickelten 1972 den "Hexacube", eine Art Kunststoff-Wabe, bestehend aus einem Decken- und Bodenelement, die aufeinandergestapelt einen Raum ergeben – eben den "Hexacube". Je nach Bedarf lassen sich die Waben an allen sechs Seiten erweitern, so dass eine komplexe Raumstruktur entstehen kann. Im Jahre 1968 präsentierte der französische Designer Jean-Benjamin Maneval zum ersten Mal "Bulle", ein Ferienhaus, dessen Form an eine Blume erinnert. Und mit dem "Futuro House" hat der finnische Architekt Matti Suuronen eine Art Ufo zum Wohnen entwickelt, das zwar nicht Fliegen kann, aber immerhin spektakulär mit dem Hubschrauber an jeden gewünschten Ort gebracht werden sollte. 

Der Hexacube (1972) wurde von Georges Candilis (1913-1995) und Anja Blomstedt (geb. 1937) entworfen. Candilis arbeitete im Büro von Le Corbusier und war am Bau der Cité Radieuse in Marseille beteiligt. Er ist bekannt für seine Feriendörfer in Port-Leucate und Port-Barcarès, die zwischen 1964 und 1972 gebaut wurden und nun als historische Wahrzeichen aufgeführt sind.
Candilis entwarf auch eine Strandkolonie bestehend aus "Hexacube"-Raumzellen, die Generationen von Urlaubern erfreuten, bevor sie demontiert wurden. Zum Glück wurden einige vor der Zerstörung von Clément Cividino, einem jungen Antiquitätenhändler aus Perpignan, gerettet.

Die Pavillons sind nun in der Industrieruine Friche de l’Escalette bei Marseille gelandet und dort noch bis Ende September zu besichtigen. Dabei sind sie Ausstellungsstück und Ausstellungsraum zugleich: In den Bauten ist nämlich eine Sammlung zeitgenössischer Plastikmöbeln zu sehen, etwa der "Boomerang Desk" (1969) von Maurice Calka, "Aerospace" von Quasar Khanh, Entwürfe von Benoît Ramognino, der "Baby Molar Chair" (1971) von Wendell Castle, " der „Tomato Divan" (1971) von Eero Aarnio und "Playground" (1968) von Werner Zemp, ein Prototyp aus gelb eingefärbtem Kunststoff, der einst als Spielstruktur für einen Kindergarten in Zürich gedacht war. 

Erst seit 2016 ist die Anlage Friche de l’Escalette bei Marseille für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Ausstellungen sollen sich auf Leichtbau-Architekturen, Skulpturen und Möbel konzentrieren.
 

Ausstellung
"Utopie Plastic - arcitecture - art – furniture"
bis 30. September 2017
Friche de l' Escalette
Route des Goudes, impasse de l'Escalette
13008 Marseilles

Für den Sommer 2018 ist die Ausstellung "Maison Tropicale de Niamey" von Jean Prouvé geplant. Der Bau soll in dem Zustand gezeigt werden, wie ihn Éric Touchaleaume im Jahr 2000 in Niger vorgefunden hat.

Der "Hexacube" in der Ausstellung ist aufgrund seiner Farbe einzigartig und wurde von einem ehemaligen Mitarbeiter von Candilis gekauft.
Die "Bulle Six Coques" (rechts im Bild) des französischen Designers Jean-Benjamin Maneval (1923-1986) wurden 1968 entworfen. Ein Liebhaber kaufte zwanzig Einheiten aus einem Ferienlager in Gripp in den Pyrenäen. Die Ausstellung zeigt zwei "Bulle"-Einheiten. Die eine ist das einzig bekannte Beispiel mit originaler Innenausstattungen. Die andere, die wenig mehr als nur eine Schale ist, wird auf dem Gelände komplett restauriert.
Sechzig Exemplare wurden von dem "Futuro House" (1968) des finnischen Architekten Matti Suuronen (1933-2013) gebaut. Sie haben sich über dem ganzen Planeten verbreitet und werden von ihren Besitzern mit Argusaugen bewacht. Die "Futuro-Besitzer" sind eine bunte Community – vom neuseeländischen Surfer bis zum kalifornischen Milliardär, der architektonische Meisterwerke sammelt.
Die Friche de l'Escalette dienen als Ausstellungsort für Skulpturen, Leichtbau-Architekturen und Möbeldesign.