Auferstanden und hungrig: Das neue Restaurant "Phönix" im Düsseldorfer Dreischeibenhaus. Foto © Steve Herud
Menü in drei Scheiben
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von Christian Holl
02.03.2016 Man soll ja mit Superlativen vorsichtig sein. Aber dass das 1960 fertiggestellte Dreischeibenhaus in Düsseldorf eine Ikone der deutschen Nachkriegsarchitektur und damit eines der bedeutendsten Hochhäuser in Deutschland ist, darf man ruhigen Gewissens behaupten. Das 96 Meter hohe, elegante Stahlskelettgebäude der Architekten Helmut Hentrich, Hubert Petschnigg, Fritz Eller, Erich Moser und Robert Walter wurde kürzlich nach einem Verkauf vorbildlich saniert. Der neue Eigentümer, Patrick Schwarz-Schütte, hat sich damit nicht nur als Freund guter Architektur erwiesen. Er ist auch ein Freund der guten Küche, hat er doch initiiert, dass in der ehemaligen Telefonzentrale im Erdgeschoss des Dreischeibenhauses ein Restaurant eingerichtet wurde. Benannt wurde es nach dem Erbauer des Hauses, der Phoenix-Rheinrohr AG. Phönix, der mythische Vogel kann dabei aber durchaus auch eine Vorbildrolle gespielt haben, denn dass ein Denkmal dieser Bedeutung nach einer grundlegenden Sanierung wieder derart frei den Geist seiner Entstehungszeit atmet, ist nicht selbstverständlich – und aus der Asche wieder aufzuerstehen macht sicher hungrig. Man betritt das Restaurant über das Foyer, das sich über zwei Geschoss erstreckt. Dort prägen kühle Materialen die Atmosphäre: ein Natursteinfußboden aus dunkelgrünem Marmor, die Verkleidung der Aufzugs- und Treppenschächte aus blank poliertem und spiegelndem Edelstahl und die türkisfarbenen Metallrohre der Konstruktion. Der Zugang zum Restaurant liegt in einer verspiegelten Wand, die das Restaurant vom Foyer trennt. Das hat einen guten Grund, denn auch wenn die Architekten, Irina Kromayer und Etienne Descloux, „nicht zu sehr Architekten sein wollten“, haben sie doch das Restaurant so gestaltet, dass es zwar viele Elemente des Foyers aufnimmt und als dessen Teil erkennbar bleibt, aber dennoch eine behaglichere Atmosphäre bietet als der zwar beeindruckende, aber letztlich doch nüchterne Eingangsbereich des Dreischeibenhauses. Dazu gehört, mit kleinen räumlichen Setzungen und der Möblierung mit gerundeten Sitzbänken auch in der Offenheit geschützte Bereiche zu kreieren. Funkelnde Behaglichkeit Weitergeführt wurde zunächst einmal der Fußbodenbelag mit einem Gneis aus Südtirol, der auch an den Außenflächen des Tresens im Barbereich hinaufgeführt wurde. Lange musste Descloux suchen, bis er den Stein gefunden hatte, der den Boden des Foyers fortsetzen kann. Der Polsterstoff der maßgeschneiderten Sitzmöbel stammt vom italienischen Hersteller Dedar und nimmt mit einem feinen, grünschimmernden Taubengrau das Petrol der Stahlstützen, die das Haus tragen, auf. Innenwand und Barbereich sind in der Oberflächenstruktur an die Verkleidung des Treppenhauskerns angelehnt, nur dass hier im Phoenix Nussbaumhölzer vor einem Spiegel angebracht wurden, was den Flair der Entstehungszeit aufnimmt, Behaglichkeit aufkommen lässt, und dennoch etwas vom Funkelnden des Foyers bewahrt. Aus innen rot emaillierten, perforierten Stahlrohren wurden Leuchtkörper gefertigt, die einen Farbakzent setzen und gleichzeitig in Bezug zur Geschichte des Hauses stehen. Etwa 70 Gäste haben im Restaurant Platz. Im ersten Obergeschoss ist außerdem ein Privat-Dining Bereich eingerichtet, der stärker als im Erdgeschoss auf die Wirkung von Intimität vermittelnden Materialien setzt, ohne aufdringlich zu werden – etwa mit Eiche als Bodenbelag und stoffbespannten Wänden. Hier wie im Erdgeschoss ist die Verarbeitung so exzellent, dass sie sich nicht mehr in den Vordergrund drängt. Dort, wo das am wenigsten auffällt, war es vermutlich die meiste Arbeit: Die leicht zu den Fassadenbereichen aufsteigende Decke wirkt, als sei sie zu planen das Einfachste der Welt. Dabei ist sie eines der komplexesten Bauteile. Licht, Akustik, Brandschutz, Leitungen, Klima – die Restaurantdecke muss ein Alleskönner sein. Mit einer Showküche und dunklem Glas als Trennung zu Treppenhaus und Garderobe, dessen Spiel mit Transparenz und Spiegelung wie eine Installationen von Dan Graham wirkt, wurden weitere, dem Geist des Hauses angemessene, raffinierte Akzente gesetzt. In großer, fast beiläufiger Selbstverständlichkeit sind zudem Kunstwerke platziert: ein früher Gursky am Ende der Stahltreppe, die zum Obergeschoss mit Toiletten und Private-Dining-Bereichen führt, eine Skulptur von Francois Morellet, eine von Isa Genzken. Die Lichtskulptur von Cerith Wyn Evans, eine Kirschblüte, ruft die Erinnerung an die Leuchtreklame der Nachkriegszeit wach, ohne sie zu zitieren. So wie sich die gesamte Restaurantgestaltung sich in die großartige Architektur der Nachkriegszeit einfügt, ohne darauf zu verzichten, etwas Eigenständiges zu sein. |
Das 1960 fertiggestellte Dreischeibenhaus in Düsseldorf, eine Ikone der deutschen Nachkriegsarchitektur. Foto © Dreischeibenhaus
Das großzügige und hohe Foyer in den 1960er Jahren … Foto © Dreischeibenhaus
…atmet auch heute, nach der Renovierung, die Stimmung jener Zeit.
Foto © Dreischeibenhaus |
Das Telefonieren war vor knapp 50 Jahren äußerst ästhetisch – heute muss der Büroarbeiter penetrant bunte Akustikpaneele ertrage. Foto © Dreischeibenhaus
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Das 96 Meter hohe, elegante Stahlskelettgebäude der Architekten Helmut Hentrich, Hubert Petschnigg, Fritz Eller, Erich Moser und Robert Walter wurde kürzlich nach einem Verkauf vorbildlich saniert. Foto © Dreischeibenhaus
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