Benjamin Hubert verwendet bekannte Werk- oder Bezugsstoffe immer wieder in ungewohnten, überraschenden Kontexten. In Mailand stellt der Brite zwei neue Sessel mit Netzstrukturen vor: „Membrane“ für ClassiCon und „Cradle“ für Moroso.
Lampenschirme aus Beton, Sitzschalen aus PET-Filz, ein Ledersessel mit plissiertem dehnbaren Bezug – Benjamin Hubert weiß in Erstaunen zu versetzen. Der 29 Jahre alte Brite stellt stets essentielle Fragen und eine umfangreiche Analyse an den Beginn seiner Entwurfsprozesse.
Seine Fragen lauten etwa:
Hat der neue Entwurf aus irgendeinem speziellen Grund tatsächlich eine Existenzberechtigung?
Ist er visuell neuartig oder begründet er eine neue Typologie?
Kann man ein Produkt im Gebrauch vereinfachen oder effizienter machen?
Wie gehen Menschen im Alltag mit dem Objekt um?
Wie sieht es mit der Nachhaltigkeitsbilanz aus?
Und in diesem Fall: Muss ein komfortabler Sessel zwangsläufig schwer, voluminös und dick gepolstert sein?
Membrane für ClassiCon
Mitnichten muss er: Der Sessel „Membrane“, den Hubert für ClassiCon designt hat, ist leicht, ausladend, aber semi-transparent und kommt mit einer Art Strickstrumpf als Bezug aus. Das formgestrickte, extrem belastbares Textil schmiegt sich passgenau über eine CNC-gefertigte Rahmenkonstruktion, wobei die Überlagerung verschiedener Schichten des Netzgewebes beim Betrachten reizvolle Moirée-Effekte hervorruft. Die Bespannung sorgt für angenehm weichen Sitzkomfort und ersetzt die dicken Polster traditioneller Sessel. Gleichzeitig verleiht sie dem voluminösen Sitzmöbel mittels geringem Materialaufwand eine große Leichtigkeit.
Benjamin Hubert selbst sagt dazu: „Die ganze Konstruktionen ist inspiriert vom Bereich des Sports und von Zelten. Da der Sessel sehr leicht ist, kann ich ihn auch mal von A nach B tragen und zum Beispiel auf der Terrasse nutzen. „Membrane“ bietet maximalen Komfort bei einem minimalen CO2-Footprint.“
Cradle für Moroso
Beim Thema entspanntes Sitzen inklusive einer spannenden Optik und einem originellen Materialeinsatz setzt Moroso bekanntermaßen immer wieder Maßstäbe. Die Italiener beauftragten Benjamin Hubert mit dem Entwurf eines Lounge Chairs. „Cradle“ ist eine Melange aus zwei Sitztypen: einer aus Fäden geknüpften Netzhängematte einerseits und einem konventionellen gepolsterten Sessel andererseits. Wieder liegt dem Modell eine Studie Huberts zu Grunde, in diesem Fall eine zu den Beziehungen zwischen den traditionellen Einzel-Komponenten eines Sitzmöbels.
Hubert hat die Rückenlehne schließlich aus einem gewebten, nicht-elastischen Gewebe gestaltet, dessen Musterung durch spezielle Ausschnitte entsteht und optisch eine dreidimensionale Wirkung hat. Das Textil unterstützt dabei sanft und komfortabel den Körper des Sitzenden. „Cradle“ wirkt vertraut und ist doch innovativ, was Materialeinsatz und Verarbeitungstechnik angeht. (ua)