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Rendering Quartier "Grand Central Frankfurt"

Gemeinschaft bauen

In Frankfurt am Main entsteht aktuell seitens Groß & Partner und Phoenix Real Estate im Bahnhofviertel das neue Quartier "Grand Central Frankfurt", für das eine gemischte Nutzung vorgesehen ist. Teil dessen ist das Hochhaus "Icoon" von Mecanoo Architecten, das sowohl sozial geförderten Wohnraum wie auch Eigentumswohnungen bieten wird. Prof.ir. Dick Van Gameren, Partner bei Mecanoo, erklärt uns das Konzept im Interview.
23.11.2022

Anna Moldenhauer: Was ist das Konzept des "Icoon"-Projekts?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Die Leitidee, und ich denke das sollte die Leitidee für jedes Hochhausprojekt sein, ist die Schaffung eines attraktiven und offenen Erdgeschosses – sowohl außen als auch innen. Der Standort in direkter Nachbarschaft zu den Bahngleisen ist besonders und bedeutet eine Entwicklung der bestehenden Stadt. Das Projekt soll nicht isoliert sein, sondern sich mit der Umgebung verbinden. Das war für uns eines der Hauptthemen, die wir in dem Projekt berücksichtigen wollten. Dazu kam die Frage, wie man eine interessante Ergänzung zu dem schaffen kann, was in diesem Teil Frankfurts bereits zu einer vielfältigen Ansammlung von Wohntürmen geworden ist.

Das Gebiet wird ein neues Viertel in Frankfurt werden und sowohl aus bestehenden Gebäuden wie Neubauten bestehen. Welchen Einfluss hatte diese besondere Mischung auf Ihr Konzept?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Ich denke, es kommt darauf an, wie man die Verbindung des Gebäudes mit seiner Umgebung organisiert. Wie man es nach beiden Seiten öffnet und so einen attraktiven und sicheren Raum um das Gebäude herum schafft. Das ist sehr wichtig. Der Schlüsselteil ist der Eingangsplatz, der eine Erweiterung des bestehenden, dreiecksförmigen Platzes auf der anderen Straßenseite darstellt. Wir arbeiten schon seit Jahren an diesem Projekt, aber nur Schritt für Schritt. Wir werden einen großen offenen Platz schaffen, von dem aus man die verschiedenen Gebäudeteile erreichen kann. Es handelt sich um einen Hochhausturm in direkter Nachbarschaft zu einem niedrigeren Wohngebäude. Verbunden werden die beiden durch einen einstöckigen Bau. Wir wollen sowohl den öffentlichen Raum definieren als auch die Volumen in der Art und Weise, wie sie zusammengesetzt sind an die Umgebung anpassen. Sie sollen die bestehenden Gebäude nicht überragen und mit dem sehr schmalen Gebäude der Deutschen Post, das saniert werden muss, verbunden werden. Dazu kommen die Büros der Deutschen Bahn. Das Volumen vermittelt zwischen den bestehenden und neuen Gebäuden. Ich denke, das ist ein entscheidender Aspekt des Entwurfs.

Sie haben sich für die Fassade des circa 140 Meter großen "Icoon" von der industriellen Atmosphäre der Umgebung inspirieren lassen und für diese unter anderem Kupfer als Material gewählt. Gibt es noch weitere Einflüsse, die Sie für die Gestaltung aufgreifen?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Eine Besonderheit ist, dass der Turm mit geschwungenen Kanten beginnt und dann zu einem geraden Volumen wird. Der Bau wird eher weiche Kanten haben, keine harte, rechteckige Form wie viele andere Hochhäuser. Das Gebäude wird sich durch seine Höhe abheben, aber es soll nicht komplett aus dem Ensemble herausstechen. Wir wollen, dass es ein Teil der Umgebung wird – und diese Idee lässt sich mit der Gestaltung der Fassade ideal unterstützen. In gewisser Weise wirkt der Aufbau wie geschichtet, da es einen Ring von Balkonen gibt, die sich in einem unregelmäßigen Muster über die Fassade ziehen. Statt einer Leitlinie zu folgen ist es mehr ein Zusammenspiel der verschiedenen Stile.

Die Form der Balkone ändert sich zudem im oberen Verlauf des Baus und schafft so einen optischen Effekt.

Prof.ir. Dick Van Gameren: Genau, die Grundfläche wird nicht wirklich größer, aber die Kanten der Balkone auf den unteren Ebenen sind gebogen. In den oberen Etagen sind sie dann gerade. Wenn man die Diagonale betrachtet, sieht es aus, als würde der Turm nach oben hin größer werden. Je nachdem aus welcher Perspektive man den Bau betrachtet, ändert sich auch der Eindruck. Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, dass man in die Architektur miteinbezieht, wie das Hochhaus von unterschiedlichen Punkten in der Stadt wahrgenommen wird. "Icoon" bietet somit auch aus der Ferne eine interessante Silhouette.

Frankfurt am Main Fotomontage: Hochhausprojekte "One" (links), "Eden" und "The Spin" (Mitte), "Icoon" (rechts)

Bei diesem Gebäude kommt der Effekt besonders stark zur Geltung, da es nahe dem Hauptbahnhof platziert ist und somit jeden Tag von den Bahnreisenden aus unterschiedlichen Richtungen wahrgenommen wird. Einen Aspekt, den ich neben der Fassadengestaltung interessant finde, ist die geplante Nutzung – sowohl Sozialwohnungen wie Eigentum sollen angeboten werden. Warum wurde sich für dieses Konzept entschieden?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Das war nicht unsere Entscheidung, sondern die der Stadt. Aber für uns ist diese Mischung aus niederländischer Sicht ganz normal, da es für große Wohnbauprojekte in den Niederlanden die Verpflichtung gibt, 30 oder sogar 40 Prozent aller Einheiten als Sozialwohnungen auszuweisen. Es handelt sich also um Mietwohnungen, die von einer Wohnungsbaugenossenschaft bereitgestellt werden. In gewisser Weise ist das hier auch so. Wir wollen eine gute Mischung von BewohnerInnen haben und mit "Icoon" keine Enklave für ein paar Glückliche schaffen. Ich finde es wunderbar, dass wir diese Mischung auch in Frankfurt am Main realisieren können.

Können Sie etwas über den Unterschied zwischen den Wohnungen sagen – beispielsweise zu ihrer Fläche und ob diese sich über die Stockwerke verändert?

Prof.ir. Dick Van Gameren: In den unteren Stockwerke befindet sich der geförderte Wohnungsbau, der sich in Apartments mit zwei unterschiedlichen Größen aufteilt. In den oberen Stockwerken befinden sich dann die Eigentumswohnungen. Die Ausstattung der Apartments wird sich ein wenig unterscheiden, aber nicht wesentlich. Was unterschiedlich sein wird, ist die Erschließung, denn der Bau wird zwei Eingangshallen haben. Zudem wird es im Erdgeschoss einen Co-Working Space und einen Kindergarten geben.

Visualisierung Frankfurt Grand Central

Werden beim Bau von "Icoon" recycelte Materialien berücksichtigt?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Es ist noch zu früh in der Entwicklung, um das genau zu sagen. Wir suchen auf jeden Fall nach Möglichkeiten, den benötigten Beton zu minimieren und die Fassade leicht zu halten. Daher wird sie nicht aus Glas bestehen, sondern aus Stahl und bronzierten Kupferbalustraden. Beide Materialien sind gut wiederzuverwerten. Zudem wollen wir die Pläne flexibel gestalten, so dass sich die Nutzung oder die Einteilung der Fläche zukünftig ändern lässt.

Warum haben Sie beschlossen, keine Begrünung des Gebäudes einzuplanen?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Wir wollten keinen zweiten "Bosco Verticale" bauen, denn dieses Modell ist zwar sehr schön anzuschauen aber in der Pflege sehr teuer, mit Blick auf die Nebenkosten auch für die BewohnerInnen. Der Kindergarten im Erdgeschoss schließt aber einen großen, geschützten Innenhof ein und das Dach des niedrigeren Verbindungsbaus wird begrünt werden.

Prof.ir. Dick Van Gameren

Wenn man in Frankfurt ein Hochhaus baut, stellt sich schnell die Frage, warum die Stadt noch ein Hochhaus braucht. Was würden Sie diesen Stimmen entgegnen?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Ich denke es ist eine gute Sache, den Stadtraum intensiv zu nutzen, denn somit schafft man neues Leben in der Nachbarschaft und schont den Freiraum, den wir noch haben. Die Verkehrsanbindung des Standorts ist zudem ideal, daher hoffen wir, dass die BewohnerInnen auf das Auto verzichten werden. Es gibt viele Gründe, warum Hochhäuser nicht immer die beste Lösung sind, aber in diesem Fall lohnt sich die Nachverdichtung.

Sie sind Dekan an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität in Delft. Was möchten Sie Ihren StudentInnen vermitteln?

Prof.ir. Dick Van Gameren: Ganz allgemein halte ich es für wichtig den StudentInnen dabei zu helfen, ihre eigene kritische Stimme zu entwickeln – vor allem wenn es um die wichtigsten Herausforderungen geht, die wir angehen müssen – wie etwa die Wohnungskrise, die auch mit der Klimakrise verbunden ist. Wir müssen uns dafür einsetzen, über die Architektur die Lebensqualität der Menschen in der Stadt zu verbessern.

Icoon Frankfurt