Drei Fragen an Matylda Krzykowski
Anna Moldenhauer: Bei "Total Space" ist die Vermittlung nicht mehr nur ein zusätzlicher Part des Begleitprogramms, die Ausstellung selbst ist eine einzige Interaktion und Aktion. Warum sollten wir mehr mit Design und Raum interagieren, als nur zu betrachten?
Matylda Krzykowski: Der Auftrag eines Museums sollte meiner Meinung nach nicht nur ein Ort der Vermittlung, sondern auch ein Ort der Erfahrung sein. Mit "Total Space" hatten Damian Fopp und ich die Chance eine ganze Ausstellung zu produzieren, gewissermaßen ein räumliches, zeitgenössisches Exponat, dass nicht im traditionellen Sinne gesammelt und präserviert wird. Dadurch ist die ganze Ausstellung mit Berücksichtigung der Hygieneregeln anfassbar und durch diese Interaktion ist die Auseinandersetzung mit den Inhalten prägsamer für BesucherInnen aller Altersklassen. Diese Form von Ausstellen bezieht Menschen ein, anstatt sie auszuschließen.
Neben dem Angebot an Raumerfahrung wird auch die Frage nach einer Abkehr des klassischen "White Cube" als gängige Basis für Ausstellungsformate gestellt. Warum brauchen wir neue Räume für Design, Kunst und Architektur?
Matylda Krzykowski: Mich interessiert die Betrachtung und die Herausforderung einen Raum zu entwerfen mehr, als die Spezifizierung von einzelnen Objekten. Ein intelligenter Plan geht weiter als die Entwürfe, die den Raum ausfüllen. Das ist der Kern von Lebensbedürfnissen und veränderten Gewohnheiten. Es braucht vor allem mehr Räume für gestalterische Disziplinen, die sich nicht nur mit dem Markt und der Industrie befassen, sondern mit existierenden und möglichen Lebensentwürfen. Diese Form der Verhandlung prägt Gesellschaft langfristig, anstatt kurzlebige Trends zu produzieren.
"Total Space" setzt das physische Erleben des Raums in den Fokus. Warum war es dir ein Anliegen Parts der digitalen Welt zu nutzen, um neue analoge Räume zu schaffen, anstatt neue digitale Raumerfahrungen zu formen?
Matylda Krzykowski: In meiner Praxis setze ich mich grundsätzlich mit digitalen und physischen Räumen auseinander. Dabei trenne ich nicht, da es letztendlich eine Welt ist. Ich glaube aber daran, dass digitale Formate fortschrittlich sind, während bestehende physische Formate ein Update brauchen. Die Pandemie hat das Anliegen verstärkt, was sich auch in den kuratorischen und szenografischen Entscheidungen auf Total Space ausgewirkt hat. Wir haben uns beispielsweise an Wikipedia orientiert, der bekanntesten digitale Wissensdatenbank, anstatt einen kuratorischen Text am Anfang der Ausstellung zu platzieren. Die digitale Plattform hat eine Struktur vorgegeben, die weltweit bekannt ist und von allen Menschen gelesen und verstanden wird. Diese Struktur ist in einem runden Raum im Zentrum der Ausstellung gestalterisch umgesetzt. Dadurch erfährt man die textlichen Inhalte, anstatt sie nur zu betrachten.
Um die 26 Stimmen aus Kunst, Design und Architektur darzustellen, die die mögliche Geschichte und Gegenwart von Total Space kommentiert haben, nutzen wir zwei Meter hohe Screens. Hierfür haben wir mit dem bekannten visuellen Element des Zeitstrahls aus den Instagram Stories gearbeitet, das den Zeitraum der Betrachtung angibt. Auch die vielen Zoom Gespräche mit den fünf Studios, die Total Space prägen, geben einen Einblick in die aktuellen Arbeitsweisen. Nicht zuletzt sind Damian Fopp und ich durch ein Video mit dem Titel "Serenity TV", zu Deutsch "Gelassenheit", in der Ausstellung immer anwesend. Serenity ist zudem die Pantone Farbe, die die ganze Ausstellung prägt und welche gleichzeitig ein Appell zur Gelassenheit an die Besucher ist.
Total Space
Bis 20.6.2021
Museum für Gestaltung Zürich
Toni-Areal
Pfingstweidstrasse 96
8005 Zürich