Dem Gestaltungsleitsatz „form follows function“ widerspricht Mathieu Peyroulet Ghilini vehement. „Irgendwann kommt immer ein ästhetischer Aspekt ins Spiel“, erklärt der junge Designer aus Paris, der sich mit diesem Thema explizit in seiner Diplomarbeit, bei der er einen Tischbock aus Stahlgitter entwickelte, auseinandergesetzt hat. Herausforderung hier war die Gestaltung der Verbindungen, mit der die Einzelteile des Bocks zusammengefügt wurden. Das Thema der Verbindung hat ihn auch zu seiner jüngsten Kooperation mit der Porzellanmanufaktur Sevrès geführt, für die er eine raumgreifende Installation geschaffen hat und Porzellan auf höchst ungewohnte Weise mit Seilen vereint. Seine feinsinnige, intellektuelle Auseinandersetzung mit Designaufgaben, die er auch als Assistent bei Designer Pierre Charpin einbringt, will er jetzt kommerzialisieren. Peyroulet Ghilinis „Contamination“-Glasvasen, mit denen er 2014 den „Design Parade“-Wettbewerb der Villa Noailles im südfranzösischen Hyères gewonnen hat, sollen bald zu kaufen sein.
Mathieu Peyroulet Ghilini


Was? Wie? Wo? Warum?
Wo möchten Sie leben?
Ich bin glücklich darüber, in Paris leben zu können. Ich würde nur gerne mehr Platz haben, für meine Objekte, Bücher, Mock-ups…
Ihre Lieblingsgestalt in der Designgeschichte?
Vielleicht Robert Venturi? Sein Buch „Complexity and Contradiction in Architecture“ löste ein Trauma bei mir aus, seine Analyse, wie die Moderne auf das Design angewendet werden kann. Er hat so viele Gedanken in mir ausgelöst, meist auf Formgebung, und seine Idee, sich mit Dingen tiefergehend auseinanderzusetzen, gefällt mir sehr gut. Ich schätze seine Haltung, die besagt, dass Architektur oder auch design nicht auf die einfache Formel „form follows function“ reduziert werden kann, dass so viele andere Parameter mitbedacht werden müssen. Er hat auf der anderen Seite auch keine Lösung dafür, er zeigt lediglich, dass Ikonen der Moderne Architektur nicht unbedingt diesem Dogma folgen.
Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Designer/einer Designerin am meisten?
Ich schätze Designer, die nicht zu sehr praktisch sind. Dafür schätze ich Designer, die eine gute Recherche machen und die es auch schaffen, Industrieprodukte zu fertigen. Ich schätze Designer, die sich mit Grenzen, mit Identität, mit Geschichte UND der Formgebung auseinandersetzen. Es geht um die gedankliche Auseinandersetzung, sei es für ein Stück für eine Galerie oder für einen Löffel, der eine Million Mal verkauft werden soll. Es ist die gleiche Basisarbeit.
Ihre Lieblingsbeschäftigung?
Dinge auf Ebay zu finden und Zeichnen.
Ihr Hauptcharakterzug?
Ich habe meine Studiopartnerin Laureline Galliot gefragt und sie sagte: „Schwer zu überzeugen.“
Ihr größter Fehler?
Sechs Monate zu warten, bis ich einem Mädchen eine Nachricht über Facebook sendete.
Ihr Traum vom Glück?
Mehr Zeit haben und auch mehr Raum für meine Arbeit.
Was nervt Sie am meisten?
Wenn die Kopfhörer-Kabel sich beim Radfahren in den Speichen vernesteln. Ein Lesezeichen zu verlieren.
Ihr Lieblingsmaterial?
Ich habe angefangen mit Glas zu arbeiten. Ich hoffe, dass ich diese Arbeit, die in Kooperation mit dem Centre de Recherche en Art Verrier (CIRVA) in Marseille, stattfindet, weiterführen kann.
Ihre Lieblingsblume?
Ich habe nicht wirklich eine. Allerdings mag ich meinen riesigen Gummibaum sehr.
Welche Musik hören Sie beim Arbeiten?
Im Moment höre ich sehr viel von Steve Reich und Tommy Weight III.
Welche gestalterische Leistung verabscheuen Sie am meisten?
Ich mag keine Objekte, die nur technisch oder technologisch sind. Ich mag kein Design, die nur eine Hülle für die technologischen Produkte sind. Design und Technologie müssen den gleichen Stellenwert in einem produkt haben und zusammengedacht werden.
Welche Gabe möchten Sie besitzen?
Ich würde gerne das Talent besitzen, von einem zum nächsten Projekt gedanklich zu schalten. Momentan bin ich sehr monotasking orientiert, im Sinne von ein Tag, ein Produkt.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?
Heute habe ich Kopfschmerzen, daher kann ich das nicht beantworten :).
Ihr Motto?
Ich habe keins.