HOTEL
Der perfekte Bogen

Wie gehen Luxus und Nachhaltigkeit zusammen? Architekt Ludwig Godefroy gibt darauf mit dem brutalistisch anmutenden Boutiquehotel Casa TO an der mexikanischen Pazifikküste Antworten.

von Judith Jenner | 29.09.2022

Die La Punta Zicatela im mexikanischen Puerto Escondido ist ein Paradies für SurferInnen. Wild rauscht der Pazifik an dem kilometerlangen, breiten Strand. Besonders im Herbst treffen sich Profis aus aller Welt, um die Mexican Pipe, die spektakulären Wellen, zu reiten. Für SportlerInnen und andere naturverbundene Reisende möchte die Casa TO eine temporäre Heimat sein, ein Rückzugsort zur Selbstreflektion. Auch wenn die ruhige Atmosphäre in dem zweigeschossigen Bau das komplette Gegenteil zu den tosenden Wellen des Meeres ist, hat sich Architekt Ludwig Godefroy, ein ehemaliger Mitarbeiter von Tatiana Bilbao mit Büro in Mexiko City, augenscheinlich doch von ihnen inspirieren lassen. Betonmauern mit kreisrunden, zum Wasser hin offenen Aussparungen unterteilen den Pool. Das Becken bildet das Zentrum des terrassenförmig angelegten Gebäudekomplexes und ist viel mehr als ein Ort der Erfrischung: Die bewegte Oberfläche ist ein ästhetischer Kontrapunkt zur soliden Betonkonstruktion und erinnert an Zen-Klöster. Tatsächlich hat auch der Name des Hotels eine spirituelle Dimension, denn das TO steht für Templo oaxaqueño – also oaxacanischer Tempel. Ludwig Godefroy wagt nun eine Neuinterpretation dieser eindrucksvollen Bauwerke mit ähnlichen sensorischen Erfahrungen.

Für die Struktur des Hauses dienten ihm zwei historische Wasserbauwerke als Vorbild: die Cisterna Basilica in Istanbul und das Hornsey Wood Reservoir in Finsbury Park, London. Sie ermöglicht ein Wechselspiel aus Privatsphäre und Licht, aus Architektur und Natur. Tropische Kletterpflanzen, Obstbäume mit Bananen und Passionsfrüchten überwuchern teilweise die Mauern, hinein in den 600 Quadratmeter großen Innenbereich des Hotels. Sechs Suiten im Erdgeschoss verfügen über private Gärten, während drei im Obergeschoss mit einer Außenbadewanne ausgestattet sind.

"Die Ästhetik von Casa TO zeichnet sich durch ihre Schlichtheit aus, in der das Traditionelle und das Zeitgenössische nebeneinander bestehen", erläutert Ludwig Godefroy. "Das gelingt durch die harmonische Verwendung einfacher Elemente wie Stahl, Beton, Ton und Holz." Von TischlerInnen aus Puebla, Guadalajara und Oaxaca ließ der Architekt Holzmöbel herstellen, die mit den ebenfalls hölzernen Türen und Fensterrahmen harmonieren. Gemeinsam mit den lokalen KunsthandwerkerInnen entstanden zudem Objekte, die die Gäste nach einem Fair Trade-Modell kaufen können. Ein wichtiges Anliegen war den Bauherren ein möglichst niedriger CO2-Fußabdruck des Hotels. So werden Pflanzen und Grünflächen mit Wasser aus einer Aufbereitungsanlage gespeist, die eine hundertprozentige Wiederverwertung ermöglicht. Durch ein Speichersystem kann die Energie aus Sonnenkollektoren effizient genutzt werden. Die Zero Plastics-Policy des Hotels umfasst das Angebot individueller Trinkflaschen für die Gäste, die sie mit gefiltertem Wasser füllen können. Beim Einkauf achtet das Hotel zudem auf wiederverwertbare Verpackungen. Auf diese Weise bleiben Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit nicht nur leere Worte, sondern gehören zur unverwechselbaren CI des Hotels.