LIGHT + BUILDING 2018 – REVIEW
Der feine Unterschied
Die Zeiten der ineffizienten Glühbirne sind bis auf ein kurzes Aufflackern der Vintagebirnen in hippen Cafés und Bars zum Glück vorüber. Mit LED und OLED setzt man dieser Tage auf energiesparendes, flexibel einsetzbares Licht. Auf der Light + Building in Frankfurt am Main gingen viele Leuchtenhersteller noch einen Schritt weiter: Ihr Designziel ist die nicht sichtbare Lichtquelle. Fontana Artes Neuinterpretation der klassischen Modelle mit Glasschirm namens "Equatore" verzichtet auf das bisher im Diffusor untergebrachte Leuchtmittel und strahlt mittels zweier LED-Leuchtscheiben. Flächige, indirekte Beleuchtung, die zurückhaltend in Metall und Glas eingepasst ist, sah man auf der Weltleitmesse für Licht und Gebäudetechnik zuhauf. Dementsprechend angenehm gestaltete sich die Atmosphäre auf vielen Ständen. Wie bei Vibia, wo dem sanften Licht von Stefan Diez, Antoni Arola, Arik Levy, Note Design Studio und Lievore Altherr eine Bühne aus hellem Holz geboten wurde. Vor allem "Guise" von Stefan Diez zog die Finger der Besucher wie magisch an: Aus Borosilikatglas gefertigt und mit filigranen LED-Bändern versehen, bietet sie sowohl in der horizontalen wie vertikalen Position ein reines, schattenfreies Licht, das erst durch die Gravuren im Glas nach außen strahlt. Auch die Aktivierung ist nicht sichtbar: Bei der Näherung an das Objekt aktiviert ein Sensor die Funktion, ohne dass es selbst berührt werden muss. "Touchless control" heißt die Formel, die Leuchten von klobigen Schaltern befreit und gleichzeitig lästige Fingerabdrücke auf dem Glas verhindert. Den Zugewinn an Eleganz und Leichtigkeit nutzt auch Occhio bei der ringförmigen LED-Pendelleuchte "Mito sospeso" die sich stufenlos regeln lässt und nun in weiteren edlen Tönen wie Rosegold, Bronze und Gold matt erhältlich ist. Über eine optionale Bluetooth-Steuerung kann man via App oder "air"-controller die Beleuchtung ganz im Sinne des Smart Home auch bequem vom Sofa aus steuern. Dieses Extra an Komfort in der Nutzung wollten sich viele Hersteller nicht entgehen lassen – wie Shade bei der filigranen Pendelleuchte "The Orb".
Leicht und luftig
So verhalten und diffus das Licht nun in den Raum wandert, so grazil sind die Leuchtkörper: Das Lichtobjekt "Luce Volante" von Ingo Maurer schwebt aus Glasfaser und Aluminium gefertigt wie eine Stoffbahn in der Luft und "Blow me up" aus dem gleichen Hause wird zur Zigarrenform aufgeblasen. Neben der Version in Silber zeigt sich die unbeschwerte Leuchte nun auch in Blau, Grün und Lila. Glasleuchten hatten bei dieser Basis auf der Messe Hochkonjunktur – ob als Stehleuchte in Pastell mit edlem Fuß in Gold oder Messing wie "Phenomena" von Bomma, als schlanke Wandleuchte wie "Ripls" von Louis Poulsen oder als Hängeleuchte in mattem Weiß mit Ombre-Verlauf wie die "Gople Lamp" von Artemide. Weiches, blendfreies Licht mit einer nahezu transparenten Silhouette. Besonders konsequent verfolgt "Diphy_S" von Linea Light diese Zielsetzung, die mit fein gravierten Acrylglas das Licht der LEDs gleichmäßig verteilt. Ausgeschaltet allesamt äußerst zurückhaltend, offenbart sich das wahre Wesen der zarten Leuchten erst bei der Zufuhr von Energie: In der "Gople Lamp" etwa verbirgt sich ein patentiertes RWB-System (red-white-blue) mit dem die Lichtqualität und Farbe in einem Paradigmenwechsel gesteuert werden kann. Dieser soll sowohl auf Mensch wie Pflanze eine positive Wirkung haben. Bei soviel Bedarf nach Leichtigkeit und Transparenz erleben selbst Lampions aus Stoff und Japanpapier eine Renaissance. So pendelte die große Hängeleuchte "Moon" von 2005 auf dem Stand von Davide Groppi und Santa & Cole präsentierte Anthony Dickens Papierleuchte "Tekio". Zu dem entspannten Ambiente gesellte sich auch Sarah Dehandschutter und spannte für "IIII.03" Textil stramm über einen Metallrahmen. Das japanische Label Suzusan hingegen wendet für ihre Leuchten aus Stoff die "Shibori-Technik" an, so dass über das Falten, Binden, Knoten und Nähen des Textils diese ihre außergewöhnliche Form erhalten.
Strenge Linien, sanftes Licht
Auch wenn mehr Sichtbarkeit gewünscht war, griffen die Hersteller selten zu auffälligen Farben. Die bunten Tischleuchten "Dipping Light" von Marset, deren Glaskugeln mit dem wiederholten Eintauchen in flüssige Farbschichten gefärbt werden, bilden da eine Ausnahme. Stattdessen zeigten die Aussteller eine Vorliebe für geometrische Strukturen: David Abad ließ sich direkt von den Werken einer der führenden Köpfe der klassischen Moderne inspirieren – die LED-Lichtpaneelen sind Teil einer skulpturalen Struktur, die an das Werk Piet Mondrians angelehnt ist. Klare Linien in den Raum bringen die Wandleuchten "Structural" und die Stehleuchte "Sticks" von Arik Levy. Die Pendelleuchte "Palito Mikado" von Sattler kreuzt die Leuchtstäbe ähnlich dem bekannten Geschicklichkeitsspiel. Und den perfekten Kreis zieht Artemide mit "Discovery", einer Lichtskulptur, die frei in den Raum gehängt werden kann und deren Oberfläche leuchtet.
Das geometrische Strukturen im Leuchtendesign nicht immer zweidimensional sein müssen, zeigte Buschfeld mit dem raumfüllenden Lichtobjekt "Freestyler". Lucie Koldová lässt mit der Serie "Jack O' Lantern" für Brokis dünne Metallprofile eine matte Glaskugel halten. Und bei Zero bekommt der Lichtkäfig von "Hoop" über die zarte Farbigkeit in Blau, Orange und Weiß einen verspielten Charakter. Drei aktuelle Strömungen in einer Leuchte kombiniert Serien.Lighting: Bei der Weiterentwicklung "Reflex2" trifft die filigrane Kubenform auf eine nicht sichtbare Lichtquelle sowie die Steuerung mittels Bluetooth-Technologie. Über LED-Platinen und einer prismatische Reflektorfläche strahlt die geometrische Struktur von rein- bis warmweiß und lässt sich via App steuern. Im Umfeld so vieler strenger Linien wirkte das florale Design der Porzellanwandleuchte "Spilla" aus der Kooperation von Sattler und der Manufaktur Nymphenburg beinahe übertrieben lieblich.
Dynamische Steuerung
Bei den Akustikleuchten zog mit "Buzzihat" von Alain Gilles und "BuzziPleat LED" von 13&9 Design eine erfreulich dekorative Note ein, zwei Produkte des Light + Building-Neulings Buzzispace. Eher funktional orientiert, aber nicht minder interessant erwiesen sich "Farel" von Diego Sferrazza, der für Luceplan eine Filzhaube über den Tisch stülpt und der Schallabsorber "Lighting Pad" von Nimbus, dessen Vliesoberfläche um flexibel setzbares Akzentlicht erweitert ist. Bewegung in die Leuchte bringt Komot mit "Kos" – die Pendel lassen sich durch sanftes Ziehen in der Höhe verstellen. Für die Aktivierung genügt ein einfaches Antippen an die Lichtkugel aus Opalglas. Interaktion sei Dank erfreute sich das Muster auf dem Stand von Komot großer Beliebtheit. Ganz ohne jede ausgefeilte Mechanik ist die akkubetriebene Pendelleuchte "Pong" von Nyta verstellbar, die sich wie ein Seil locker um jede Art von Verstrebung oder auch an einen Haken hängen lässt. Braucht es bei "Pong" und "Kos" Handarbeit, erfolgt die Bewegung bei "Caveau" von Icone Luce auf Knopfdruck: App-gesteuert klappt die Abdeckung der runden Leuchte ganz nach Wunsch aus der Wand und bestimmt mit ihrem Öffnungswinkel die Lichtintensität. Parallel lässt sich zudem die Lichtfarbe beeinflussen. "Tunable White-Technologie" nennt sich der Effekt, der dem Benutzer die Veränderung von Lichtfarbe und -temperatur erlaubt und den zahlreiche Leuchtenhersteller dieses Jahr neu für ihre Produkte anbieten. Die im Vorfeld erwartete "Human Centric Lighting"-Welle blieb hingegen auf der Messe aus: Bis auf vereinzelte Beispiele von Waldmann, LedsC4 oder Heavn waren biodynamische Beleuchtungslösungen in den Hallen selten anzutreffen.
Für neue Perspektiven im puncto Flexibilität sorgt das Produkt aus der Kooperation der Hersteller Insta, Jung, Gira und Brumberg: "Plug&Light" vom Designer Tobias Link kombiniert Lichtsteckdose und Leuchte auf Grundlage eines magnetischen Einsatzes. Für die individuell aufsteckbaren Lichtaufsätze wurde eine standardisierte Schnittstelle geschaffen. Bewegungsfreiheit wird auch bei kleinen Tischleuchten geboten: Mobile Akkuleuchten überzeugen bei Davide Groppi ("Tetatet Flûte"), Artemide ("Come together"), Ingo Maurer ("Koyoo") und Tobias Grau ("Salt and Pepper"). Kabellos und handlich machen diese auch bei einem Dinner im Freien eine gute Figur. Braucht es unter dem Nachthimmel etwas mehr Beleuchtung, trägt man einfach die Laterne "Ambient Cocoon" von Gloster in den Garten, für die sich Henrik Pedersen von der Struktur eines Seidenkokons inspirieren ließ. Für den großen Auftritt auf der Terrasse sorgt "Valencia" von Dexter aus Aluminium und Edelstahl. Diese kann dank Bluetooth auch vom Liegestuhl aus gedimmt werden. Und während im Gras die organischen Leuchten "Glass" von Kreon strahlen, setzen die Einbauleuchten "Kreon Side" des belgischen Herstellers in der Fassade die Akzente. Für einen variablen Fokus lohnt der Blick auf den "Nanoled Frame" von Simes, der Nischen aller Art eine Hauptrolle zukommen lässt.