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"Boring Tower" von Space Encounters aus der "Boring Collection"

SALONE DEL MOBILE 2018
Einmal nichts Neues

Lensvelt hat zum Salone del Mobile eine Installation geschaffen, die das Bewährte feiert und das stetige Streben nach Neuheiten in Frage stellt.
von Anna Moldenhauer | 04.05.2018

Trends, Trends, Trends – der Salone del Mobile stellt als internationale Möbelmesse in der Designszene die Weichen für das laufende Jahr. Kreative und Hersteller sind daher gleichermaßen bemüht zur Messe eine Neuheit zu präsentieren, um das Scheinwerferlicht während der Design Week auf sich zu richten – und sei es nur, indem man einen Teil der Bestandskollektion in neuen Farben zeigt. Wer kein neues Produkt hochhalten kann, erntet schnell fragende Blicke. Aber es ist doch der Salone! Ein Zeichen gegen die hektische Konsummaschinerie, zu deren Höhepunkte die Designmesse im Mailand gehört, setzte in diesem Jahr der niederländische Möbelhersteller Lensvelt mit seiner Ausstellung "Nothing New" im mailändischen Diözesanmuseum. Das man es hier mit einem Kontrastprogramm zu tun bekäme, wurde gleich am Eingang klar: Eine magere Skulptur von Joep von Lieshout, untrennbar mit einer streitwagenähnlichen Konstruktion verbunden, streckte die knochige Hand in Richtung des Besuchers aus – und der antwortete bisweilen mit ein wenig Kleingeld, das der Hilfesuchende regungslos entgegen nahm. Für van Lieshout ein fast zahmes Werk: Der niederländische Objektkünstler hatte im letzten Jahr für Diskussionen gesorgt, nachdem der Pariser Louvre seine Holz-Plastik "Domestikator" nicht im Jardin des Tuileries sehen wollte. Diese zeigte zwei vermeintlich kopulierende Gebäude, die die Macht des Menschen über das Tier darstellen sollten.

Joep van Lieshout / Atelier van Lieshout und die "AVL Workbench"

Ein paar Schritte weiter traf man im Innenhof des Museo Diocesano unter einer ähnlich schlecht ernährten Skulptur auf die "AVL Workbench", die das Atelier van Lieshout Mitte der Neunziger Jahre entworfen hat. Das die Kollektion von Lensvelt in dieser Installation nicht die erste Geige spielte, war Teil des Konzepts von Anne van der Zwaag und Maarten Spruyt. Tische, Stühle, Sofas und Schränke von Designern wie Marcel Wanders, Richard Hutten, Gerrit Rietveld oder Weil Arets wurden Teil des Gesamtkunstwerkes. Um den Punkt der Nachhaltigkeit zu unterstreichen, hatte Lensvelt diese für die "Fondazione Lensvelt" mit Hilfe von Leihgaben und Rückkäufen über Handelsportale zusammengetragen. Second Hand, daher nicht brandneu und dennoch zum Salone bühnentauglich: Auf ihnen saßen die steinernen Skulpturen von Sander Breure und Witte van Hulzen, hingen gleich menschlicher Extremitäten die "Office Gurls" von Kevin Power und klapperten, pfiffen, sangen oder brabbelten die kinetischen Installationen von Christiaan Zwanikken und Felix Burger. Stand ein Möbel für sich, dann meist nur um die hölzernen Eingeweide in Ruhe betrachten zu können – wie beim Einblick in die Bestandteile des Ruhesessels "AVL Lazy Modernist".

Scheinbar willkürlich im Innenhof und in den Räumen des Museo Diocesano verteilt, gingen die Klassiker so eine kurzfristige Symbiose mit den künstlerischen Werken ein, zweckentfremdet ihrer Funktion und in ein neues Licht gestellt. Ein Memento Mori mit Slapstick-Charakter in 18 Akten, vom "AVL Cloud Table" bis zum "Stealth Cabinet". Mit der Hilfe eines mechanisch zum Leben erweckten Mäuseskelett, einem ausgestopften Hasenkopf, beklemmend wirkenden Fotografien und menschenähnlichen Skulpturen, denen eine tiefe Verzweiflung innezuwohnen schien, rief uns "Nothing New" inmitten des Designzirkus zu, einmal innezuhalten und einen rebellischen Gedanken zu fassen: Ideen zu schätzen, die bereits vorhanden sind, statt immer nach dem Neuen, vermeintlich besseren zu streben.

"Office Gurls" von Kevin Power auf dem "PH1 Barstool"
"Office Gurls" von Kevin Power auf dem "101A Chair"
Sander Breure & Witte van Hulzen und die "No idea couch"
Installation von Christiaan Zwanikken, Marleen Sleeuwits und der "AVL Torture Chair"
"AVL Lazy Modernist"
"How a Dead Hare Explains Paintings" von Christiaan Zwanikken
"Job Office Desk"
Felix Burger "Shell Shock Syndrome" (2014)