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Konstantin Grcic im Laufen space

STYLEPARK LAUFEN
Brief aus der Zukunft

Konstantin Grcic hat für den Laufen space in Berlin eine flexible Szenografie entworfen und die Typologie Showroom als neuartigen Hybrid weitergedacht. Das Ergebnis: Ein radikaler Freiraum für Dialog und Experiment.
von Jeanette Kunsmann | 22.12.2020

Die Charlottenburger Kantstraße bleibt – wie Berlin selbst – im ständigen Wandel. Zwischen altbewährten, authentischen Westberliner Institutionen wie Paris-Bar, Schwarzes Café, Delphi-Filmpalast oder Kant Kino mischten sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufregende Zugänge, wie das Stilwerk oder die Kuchi-Gruppe mit dem Ryōtei 893. An der Ecke zur Schlüterstraße gibt es mit dem Laufen space jetzt einen neuen Nachbarn, der es wissen will. In einem leerstehenden Ladengeschäft inszeniert die Schweizer Badmanufaktur ein überraschend unkonventionelles und lebendiges Ausstellungskonzept: Als diskursive Plattform kombiniert es die Nutzungen Präsentation, Dialog und Experiment offen miteinander und zielt dabei insbesondere auf die gegenseitigen Wechselwirkungen ab. Konzipiert wurde der Raum von Konstantin Grcic, der bereits seit 2013 mit dem Schweizer Hersteller für Bad- und Sanitärkeramik zusammenarbeitet.

"Wir wollten unbedingt, dass der Raum ein zeitgenössischer Ort für Laufen ist, ein Ort für Kultur, für eine Öffentlichkeit", erzählt Grcic. Inspiriert hatte den Industriedesigner, der 2018 mit seinem Studio von München nach Berlin umgezogen ist, selbst aber bereits zehn Jahre in der Hauptstadt wohnt, einerseits der Standort: "die Kantstraße als lebendige Straße mit all ihren Geschäften für Möbel, Design, Antiquitäten und Restaurants". Andererseits sei auch der Charme des Ladens mit seiner herausfordernden L-förmigen Fläche bestimmend für die Gestaltung gewesen. Der verwinkelte Grundriss bewirke eine gewisse Persönlichkeit, sagt er. Konstantin Grcic gliedert den Raum in drei Zonen: Präsentation, Display und Archiv. Der vordere Ladenbereich fungiert als freie Fläche, die für ein wechselndes Programm aus Veranstaltungen und temporären Installationen flexibel bespielbar sein soll. Im anschließenden kleineren Raum dahinter leuchtet eine LED-Wand, die auch durch die beiden Schaufenster sichtbar ist. Als multi­mediales Display genutzt lassen sich so Gäste per Video live nach Berlin schalten: eine digitale Bühne. Der tiefe Raum im hinteren Bereich, ergänzt den Laufen space als kuratiertes Produktarchiv. Mitten in dem langen Durchgangsraum steht ein drei Meter hohes Industrieregal, das mit einer beeindruckenden Länge von zwölf Metern das Berliner Zimmer dominiert. Wie eine Bibliothek öffnet sie sich zu beiden Seiten und macht die Vielfalt der verschiedenen Laufen-Kollektionen sichtbar.

Den Abschluss bildet eine gitterförmige Metallkonstruktion, die als analoge Probe-Hängefläche für alle in Berlin archivierten Laufen-Editionen dient. Die Montagewand sei im Grunde wie eine kleine Werkstatt, meint der Designer, der 2015 mit "VAL" eine der um­fang­reichsten Ge­samt­bad-Kollek­tio­nen für Laufen entwickelt hat. Waschtische und WCs können auf diese Weise beliebig kombiniert und in der geplanten Anwendung simuliert werden, was Architekten und Innenarchitekten neue Möglichkeiten zur Bemusterung bietet. Darüber hinaus lassen sich ebenfalls die Armaturenkollektionen durch einfaches Ein- und Ausstecken in ihrer Farbigkeit, Oberfläche und ihrem Design zusammenstellen und vergleichen. Arbeitsraum, Schauraum, interaktive Plattform, Treffpunkt und Archiv: Die Kantstraße 29 ist für den Schweizer Badhersteller eine Adresse voller Aktivitäten. "Uns ging es um Dialog, nicht um Repräsentation", betont Grcic und erklärt damit seine Idee für die Szenografie. "Es sind Bilder, die sich zusammensetzen, Atmosphäre, Architektur, Stimmungen, Licht und Farbe, Künstlichkeit. Die Bilder sind gar nicht so konkret und müssen nicht in jedem Detail exakt sein, sondern sind oft nur Andeutungen."

Der Laufen space Berlin sei wie ein Brief aus der Zukunft, lobte Marketing Director Roger Furrer zur Eröffnung im September diesen Jahres. "Er erzählt, archiviert die Formen und vernetzt sich mit den anderen Laufen spaces zu einem lebendigen Organismus in der digitalen Welt. Er hat aber über die einzelnen Orte eine haptische Rückbindung." Geplant ist, dass sich der Raum immer wieder verändern wird ­– wie die Kantstraße selbst und wie Berlin, jener Stadt, die laut dem Publizisten Karl Scheffler dazu verdammt ist, "immerfort zu werden und niemals zu sein". Womit sich die neue Hauptstadt-Dependance von Laufen bestens in ihren Kontext eingliedert. Und hoffentlich mehr als ein Intermezzo bleibt.

Laufen space Berlin

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