STYLEPARK LAUFEN
Unverschämt gut
Strenge geometrische Linien und glänzender Edelstahl auf der einen, Keramiken und dynamische Farbverläufe auf der anderen Seite: Im Rahmen der diesjährigen Mailänder Designwoche hat Laufen einen außergewöhnlichen kreativen Dialog geschaffen, der die vermeintlichen Grenzen des Baddesigns auflöst und völlig neue Perspektiven bietet. Die Capsule Collection von NM3 wird so aus Edelstahl gefertigt und umfasst sowohl Möbel wie weitere skulpturale Einrichtungsgegenstände. Monique Baumann experimentiert hingegen mit Materialien, Techniken und Farben und hat in diesem Zuge drei Exemplare der Kartell x Laufen Kollektion neu interpretiert.
Anna Moldenhauer: Ihr habt beide einen ganz eigenen kreativen Ausdruck – die Arbeiten von NM3 sind puristisch, geometrisch. Monique, du collagierst aus vielen Komponenten, wie Farbe und unterschiedlichen Materialien. Wie kann ich mir eure Zusammenarbeit mit Laufen vorstellen?
Francesco Zorzi: Die Zusammenarbeit mit Laufen haben wir vor etwa eineinhalb Jahren gestartet. Ungewöhnliche Produkte für eine Marke wie Laufen, wie unsere aus Edelstahl, zu etablieren ist eine längere Reise. Vor allem, weil wir unseren eigenen formalen Charakter in der Gestaltung haben, der sehr architektonisch-tektonisch ist. Wir sehen uns als Architekten, die Produkte designen und arbeiten sehr viel mit struktureller Wahrheit, mit seinem Ausdruck. Wir bleiben unserem Ausdruck grundsätzlich treu, auch wenn wir mit Unternehmen kooperieren. Es hat uns sehr gefreut, dass Laufen unsere Ideen angenommen hat und den Schritt gewagt hat, diese Produktlinie mit uns zu entwickeln.
Monique, wie verknüpfst du deinen eigenen künstlerischen Ausdruck in der Zusammenarbeit mit Laufen?
Monique Baumann: Laufen kennt meine Arbeit schon lange und unsere Ideen passen gut zusammen, auch weil wir beide analoge Produkte gestalten. Der Ausgangspunkt für die aktuelle Zusammenarbeit war eine Carte Blanche: Wir wollten drei unterschiedliche Objekte zeigen und sie sagten zu mir: "Schau, wir lieben deine Arbeit, du hast freie Hand, du kannst machen, was du willst!".
Gibt es Gemeinsamkeiten in eurer Praxis, die man vielleicht von außen nicht auf den ersten Blick erkennen würde? Zum Beispiel, dass ihr multidisziplinär arbeitet?
Francesco Zorzi: Die Tatsache, dass Monique mit dem Medium der Collage arbeitet, ist für mich sehr interessant, da wir beim Entwurfsprozess für eine neue Form ebenso mit Collagen arbeiten. Zudem betrachten wir die Disziplinen des Designs und der Architektur im Grunde wissenschaftlich und stellen immer historische Bezüge her. Und in diesem Sinne ist fast jedes unserer Werke eine Collage aus formalen Referenzen, die von minimalistischer amerikanischer Kunst aus den siebziger Jahren bis hin zu den Hardcore-ModernistInnen unter den italienischen ArchitektInnen reichen, wie Angelo Mangiarotti. Wir verwenden die Collage, um konzeptionell in der "anerkannten" Riege von Form und Design anzukommen.
Welche Emotionen wollt ihr über eure Produkte den BetrachterInnen vermitteln?
Monique Baumann: Ich denke unsere Kooperation mit Laufen ist für das Publikum überraschend, da sie diese abstrakte Formensprache im Baddesign nicht gewohnt sind. Der Moment der Überraschung ist für uns positiv, da er bewirkt, dass die BetrachterInnen neugierig werden und Fragen stellen. Das ist auch eine Form der Emotion, denn über die Überraschung, das Neue, Ungewohnte, schaffen wir es die Leute zu berühren und ihr Interesse zu wecken. Man muss nicht jede Arbeit von uns sofort verstehen, aber wenn diese dazu führen, dass man innehält und genauer hinschauen möchte, haben wir eine wertvolle Verbindung hergestellt.
Francesco Zorzi: Wahrscheinlich ist die Wahrhaftigkeit wirklich das erste Gefühl, das ich mit unseren Entwürfen zu vermitteln hoffe. Das und die formale Konsistenz, eine tektonische, formale Einfachheit.
Was ist euch bei der Wahl der Materialien wichtig, wie mit Blick auf die Langlebigkeit und Nachhaltigkeit?
Francesco Zorzi: Wir arbeiten überwiegend mit Metallen und achten sehr genau darauf, aus welchen Schritten sich die Produktionskette zusammensetzt und ob diese nachhaltig sind. Wir haben nur einen Zulieferer und einen klar festgesteckten Rahmen, in dem wir gestalten. Lagerbestände fallen somit nicht an, weil wir nur auf Anfrage produzieren – so können wir den CO2-Fußabdruck minimieren. Zudem ist das Material Edelstahl komplett recycelbar und sehr langlebig.
Monique, was ist dir wichtig bei der Wahl der Materialien?
Monique Baumann: In meiner Arbeit betreibe ich auch eine Art von Recycling, man könnte es eine Wiederverwertung von Glamour nennen. Ich sammle viele unterschiedliche Zeitschriften, Kartons, ganz unterschiedliche Materialien, denn ich finde es interessant Kunst aus etwas entstehen zu lassen, das einem bereits umgibt und hinter dem eine Geschichte steht. Ohne das funktioniert es nicht. Die Hauptsache ist das im Ergebnis Energie steckt, das es eine Art des Rock n Roll ist (lacht). Ich recycle für meine Werke seit 10, 15 Jahren Materialien, also bereits zu einer Zeit, als das Thema Nachhaltigkeit nicht wirklich jemanden interessiert hat.
Francesco, was reizt dich und deine Kollegen von NM3 an der Arbeit mit kalten, glänzenden Materialien wie Edelstahl?
Francesco Zorzi: Die Präzision, die man bei der Arbeit mit diesem Material erreichen kann. Wir arbeiten gerne mit historischen Referenzen und Edelstahl gehört zu den kühnen Traditionen der Moderne, der Architektur und des Produktdesigns. Unsere Produkte erreichen ein solches Level, dass sie in jedem Raum funktionieren können.
Was war euch für die Konzeption eurer Ausstellungsfläche im Laufen Showroom in Mailand wichtig?
Monique Baumann: Die Idee war unter anderem zu zeigen, wie es in meinem Studio aussieht, wenn ich arbeite. Daher habe ich von der Farbe des Bodens bis in die Proportionen alle Details für die Schau in Mailand ausgesucht. Mein Studio ist ein organisiertes Chaos – die Ausstellung im Showroom war natürlich viel aufgeräumter, aber ich denke die Idee konnte ich vermitteln. Ich habe in Mailand dann noch einiges improvisiert, wie die Verläufe mit Klebeband auf dem Boden, das würde ich in meinem Studio auch so machen. Es ging mir darum einen Raum zu schaffen, in dem die Leute hineinkommen und den Eindruck bekommen, sie könnten Teil des Ganzen sein.
Francesco Zorzi: Matteo Fiorini vom Studio Lys und Studio Achermann hat die Installation entworfen und Oliver Helbig hat unsere Produkte in prächtigen Mailänder Eingangshallen fotografiert, wie vor Marmorwänden. Die Idee hat uns sehr gut gefallen, weil die Marmoroberflächen irgendwie mit unseren Werken zusammenhängen.
Die Installation von Studio Lys für den Showroom von Laufen in Mailand trug den Titel "How dare you" (Wie kannst du es wagen), was eine provokative Frage ist. Inwieweit greift ihr diese Haltung in eurer Arbeit auf?
Monique Baumann: Der Titel wurde zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt, daher haben wir unsere Arbeiten nicht darauf ausgerichtet. Ich denke aber er beschreibt ideal die Tatsache, dass sich Laufen mit unseren Arbeiten zugunsten der Experimentierfreude von einer klassischen Produktion gelöst hat. Laufen traut sich in der Gestaltung von Sanitärkeramik und Badmöbeln neue Wege zu gehen, statt auf eine klassische Formgebung zu setzen. Das ist ein mutiger Schritt.