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Der Matter Space im Laufen Forum mit Blick in die Product Spaces

Raum für Relevanz

Das Architekturstudio Snøhetta hat mit dem Laufen Forum bei Basel ein neues Markenerlebnis für den Badhersteller Laufen geschaffen, das über eine reine Produktpräsentation weit hinausreicht. Der Architekt Patrick Lüth, Managing Director und Partner bei Snøhetta in Innsbruck, stellt uns das Projekt im Interview vor.
14.06.2024

Anna Moldenhauer: Was hat Sie an dem Innenausbau des Laufen Forums gereizt?

Patrick Lüth: Das Gebäude ist wahnsinnig cool – nur der Ansatz, es für den Markenauftritt als Bühne zu bespielen, wurde dem Anspruch der Marke Laufen überhaupt nicht gerecht. Die Ausgangslage hatte eine Baumarktatmosphäre, die eher dem Thema Sanitärzulieferer entsprach. Wir schätzen die Marke Laufen und die Menschen, die für diese arbeiten. Zudem gefallen uns die Produkte. Aus der gegenseitigen Wertschätzung hat sich dann ein Dialog entwickelt.

Der monolithische Bau von Nissen & Wentzlaff ist quasi fensterlos und zeigt eine Freiform aus Sichtbeton. Welche Herausforderungen haben sich daraus für den Innenausbau ergeben?

Patrick Lüth: Die Freiform des Baus bestimmt natürlich recht stark, was in dieser umgesetzt werden kann. Unsere größte Herausforderung lag aber eher auf der technischen Seite, denn die Haustechnik und Lüftung mussten erneuert werden. Diese Optimierungen kosten immer viel Budget, sind aber für die BesucherInnen nicht sichtbar, das ist ein wenig schade. Die reduzierten Fensterflächen haben uns in der Planung nicht gestört, denn der Raum wirkt somit sehr fokussiert. Das größte Defizit war das Erlebnis für die KundInnen, denn beim Betreten des Gebäudes ergaben sich durch die unklare räumliche Anordnung und Höhensituation recht viele Momente der Irritation. Wenn der Raum in der Vermittlung nicht funktioniert, helfen auch keine Wegeführungen mehr. Wir haben dann mit Laufen ihre Identität definiert und das Konzept "Matter" entwickelt sowie die Erlebniswelt für die KundInnen. Diese zwei Überthemen haben wir für Laufen auch im Showroom in Wien umgesetzt und auf dem diesjährigen Salone del Mobile.

Können Sie etwas genauer formulieren, was das Konzept "Matter" beinhaltet?

Patrick Lüth: Das Konzept hat zwei Ebenen – eine ist das Material, denn Laufen kultiviert die Keramik über handwerkliche Fertigkeiten und die Zusammenarbeit mit DesignerInnen und KünstlerInnen. Dabei spielt neben dem Material das Thema Körper und dessen Pflege eine wichtige Rolle. Den Verweis auf das im Grunde recht simple Material, das im Zuge seiner Weiterverarbeitung von Laufen zu einem Kulturprodukt wird, schaffen wir mit der Verwendung von Stampflehm. Parallel dazu verwenden wir Messing, aus dem Laufen die Armaturen herstellt. Beide Materialien sind für die Gäste bereits im Eingangsbereich des Laufen Forums erlebbar.

Die zweite Ebene spannt die weitere Bedeutung des Begriffs "Matter" auf: Er bedeutet im Englischen auch Relevanz. Wir haben in der Mitte des Forums den "Matter"-Space geschaffen, einen Raum für die Diskussion von bedeutsamen Inhalten, wie über die Nachhaltigkeit in Design und Architektur. Uns war wichtig, nicht nur Badprodukte und -kollektionen auszustellen, sondern den Raum zu nutzen, um zu inspirieren und bedeutsame Themen aufzugreifen, die damit in Verbindung stehen.

In der Ausstellung im Erdgeschoss finden sich kleinere Räume, in denen die Kollektionen in wohnlichen Szenarien erlebt werden können, im Obergeschoss lassen sich die Produkte mit Hilfe von Strukturen aus Metall flexibel zusammenstellen. Was mussten Sie für diese offene Raumnutzung in der Planung beachten?

Patrick Lüth: Die Raumaufteilung im Erdgeschoss war seitens der Architektur vorgegeben und aus statischen Gründen ließ sich diese Struktur nicht verändern. Da die Produktlinien von Laufen jeweils eine starke Atmosphäre haben, konnten wir diese ideal nutzen. Jede "Koje" hat so eine eigene Atmosphäre, auch wenn sie über eine gemeinsame Stilistik miteinander verbunden sind. Für die Unterteilung haben wir stark mit Farben gearbeitet, so dass das Setting möglichst stimmig wirkt. Laufen produziert Badprodukte für viele verschiedene Projekte und Preisklassen, diesen Industriecharakter haben wir im Setting mit Metallregalen aufgegriffen. Das Angebot im Laufen Forum die Produkte flexibel zu kombinieren, trifft zudem den Wunsch der KundInnen nach individuellen Lösungen. Auch maßgefertigte Ausstattungen sind möglich. Diese große Varianz abzubilden war uns wichtig, auch wenn es technisch wie organisatorisch nicht einfach ist, die schweren Gegenstände zu bewegen.

Snøhetta ist bestrebt, alle Aspekte der Nachhaltigkeit in den Projekten zu berücksichtigen – können Sie Beispiele nennen, welche das im Laufen Forum waren?

Patrick Lüth: In einem Innenausbauprojekt können wir bestimmte Strategien nicht zur Anwendung bringen, die wir bei Neubauten oder Umbauprojekten nutzen, wie die Reduktion der CO2-Bilanz des Baus. Laufen ist auch in puncto Nachhaltigkeit ein spannendes Unternehmen – sie haben beispielsweise den ersten Brennofen weltweit entwickelt, der mit erneuerbarer Energie befeuert wird. Das Team arbeitet also bereits nachhaltig und wir schließen mit unseren Ideen daran an. Die Stampflehmwand hat so einen extrem niedrigen CO2-Fußabdruck und wir haben bei der Auswahl der Materialien generell darauf geachtet, dass diese möglichst aus lokalen Quellen stammen. Ein großer Part ist auch die Frage der Wahrnehmung – wie wird der Raum wahrgenommen, wie lässt sich in diesem das Thema Nachhaltigkeit diskutieren?

Patrick Lüth vor der Stampflehmwand im Laufen Forum

Gibt es in der Philosophie und Arbeitsweise von Snøhetta und Laufen noch weitere Parallelen?

Patrick Lüth: Man könnte sagen, wir teilen einen gewissen Innovationsgeist. Dazu verbindet uns die Wertschätzung von Qualität – wenn Produkte oder Räume gut gestaltet sind, stellt sich die Redundanzfrage nicht. Über diese erhalten die Arbeiten einen emotionalen Wert für die NutzerInnen, werden gepflegt und lange erhalten. Das ist das Nachhaltigste überhaupt.

Sie arbeiten seit fast 20 Jahren bei Snøhetta, was macht das Unternehmen für sie aus, dass sie sich diesem so verbunden fühlen?

Patrick Lüth: Die Haltung. Snøhetta ist ein Kollektiv, wir setzen auf die schöpferische Kraft des Teams. Dieses ist in den letzten 20 Jahren sehr gewachsen – als ich im Unternehmen gestartet bin, hatte Snøhetta global so viele MitarbeiterInnen, wie wir heute allein in Innsbruck haben. Wir diskutieren gemeinsam mehr über Werte und Inhalte als über Form und Stil. Es gibt keine formalen oder inhaltlichen Leitlinien, jedes Projekt wird neu entwickelt, jeder Kontext ist anders. Und das macht nach wie vor viel Spaß.