Mut zum Wandel
Anna Moldenhauer: Es gibt da diesen Spruch, "Alle sagten das geht nicht, dann kam einer der wusste das nicht und hat es einfach gemacht" – was hat Laufen bewogen, in die Entwicklung eines elektrischen Tunnelofens zu investieren?
Christian Schaefer: Das war eine Entscheidung, die auf der Entwicklung und Ausrichtung des Unternehmens beruht. Wir sind Teil der Roca-Gruppe und diese geht seit langem den Weg der Nachhaltigkeit und sozialen Verantwortung. Das schreiben wir uns nicht einfach auf die Fahnen, sondern leben diesen Anspruch vor. Unsere Werke sind nach ISO 14.001 zertifiziert, wir haben eigene Kläranlagen und praktizieren einen Zero Waste Ansatz, um möglichst alle Ressourcen sinnvoll zu nutzen. Wir haben als Unternehmen eine Verantwortung, auch gegenüber der Öffentlichkeit. Unsere Produktion stößt bedingt durch den Brennprozess CO2 aus, da war es selbstverständlich, dass wir darüber nachdenken, wie man diesen Prozess optimieren kann. Die Produktion in Gmunden inklusive dem Innovationszentrum der Laufen Gruppe bietet ideale Voraussetzungen für diese Form der Experimente.
Können Sie anhand einer Prozentzahl sichtbar machen, wieviel CO2 durch den Wechsel von Gas auf Strom aus erneuerbaren Quellen eingespart werden kann?
Christian Schaefer: Das hängt auch von dem jeweiligen Produktionsstandort ab, von den Stückzahlen, dem Stand der Technologie und wieviel Gas jeweils verwendet wird. Es macht einen großen Unterschied, ob der Ofen 40 Jahre alt oder neu ist. Wir haben pro Jahr etwa fünfeinhalb 1000 Tonnen CO2 ausgestoßen, das entspricht 40 Millionen gefahrene Kilometer mit einem PKW. Mit der neuen Technologie können wir den CO2 Ausstoß im Schnitt um 50 Kilo pro Keramikstück verringern. Als Beispiel: Für die Ausstattung eines Hotelprojekts mit 100 Zimmern können so gut zehn Tonnen CO2 eingespart werden. Das macht auf jeden Fall einen Unterschied aus.
Für das Werk wird Strom aus erneuerbaren Energiequellen genutzt und auch darüber hinaus arbeitet Laufen an einem Energiekonzept, das sowohl nachhaltig wie autark ist. Wie ist der aktuelle Stand?
Christian Schaefer: Wir sind gerade in der technischen Umsetzung. Es gibt noch ein paar offene Fragen, weil es keine Technologien sind, die am Markt zugekauft werden, sondern Neuentwicklungen. Daher ist es für uns auch ein Pilotprojekt. Der Stand heute: Es ist machbar, die Produktionsprozesse anzupassen. Wir sind guter Dinge, dass wir bis spätestens 2025 komplett CO2 frei agieren. Das Brennen der Produkte geschieht schon ohne CO2, aber einige der Hallen werden noch mit einer Gasheizung betrieben. Auch die werden nun umgestellt.
Der neue Ofen wurde mit dem Unternehmen Keramischer Ofenbau entwickelt, wie kann ich mir die Zusammenarbeit und Aufgabenverteilung vorstellen?
Christian Schaefer: Wir verstehen die Prozesse, wie man Keramik produziert, insbesondere auch hochwertige Keramik, komplizierte Produktionsverfahren. Das Maschinenbauunternehmen Keramischer Ofenbau hingegen kennt sich mit der Hardware aus, mit der Technologie des Ofens selbst. Im Laufe der Entwicklung haben wir gesehen, dass wir sehr gut miteinander harmonieren. Das hat uns ermöglicht, einen Elektroofen zu entwickeln, der bis dato in der Branche als nicht realisierbar galt. Unser Innovationleiter Alfred Mittermeier hat sich einfach dagegengestellt und gesagt es muss gehen. Gemeinsam haben wir einen Weg gefunden und gezeigt, dass es möglich ist.
In der Roca-Gruppe, zu der Laufen gehört, gibt es über 90 Öfen. In welchen Zeitraum werden diese mit der neuen Technologie ausgestattet und welcher Aufwand ist dafür nötig?
Christian Schaefer: Die Umrüstung ist sehr komplex, da an jedem Standort andere Bedingungen herrschen. In Gmunden haben wir eine hervorragende Situation mit einer Stromkapazität, die sich flexibel umrüsten ließ. Wir konnten PV-Anlagen installieren, die in Spitzenzeiten die Gesamtleistung des Ofens locker abdecken. Aber natürlich brennen wir nicht nur, wenn die Sonne scheint, sondern über 24 Stunden. Der laufende Betrieb muss sichergestellt werden. Das ist in vielen Ländern durchaus möglich und in diesen werden wir mit der Umrüstung als erstes starten und uns dann weiter vorarbeiten.
Inwiefern wirkt sich die neue Herstellungsmethode auf die Produkte aus?
Christian Schaefer: Als wir den Ofen das erste Mal in Betrieb genommen haben, war die Anspannung doch sehr hoch, da wir keine Vergleichswerte hatten. Das Ergebnis war zum Glück gut, die Produkte von bester Qualität. Natürlich laufen die Tests und Kontrollen weiter und parallel haben wir den Anspruch zukünftig Produkte herzustellen, die ohne die neue Technologie und ihre feine Steuerung nicht realisierbar wären. Im Prinzip können wir nun die volle Klaviatur der unterschiedlichen Brennkurven spielen.
Können auch die Stückzahlen pro Jahr erhöht werden?
Christian Schaefer: Natürlich ist jeder Ofen auf eine gewisse Kapazität dimensioniert, aber die Erhöhung der Stückzahlen wäre möglich. Ich schätze, wir können ohne Weiteres auf 150.000 Stück gehen. In Gmunden produzieren wir etwa 100.000 Stück, hauptsächlich Saphirkeramik. Es gibt Werke, in denen produzieren wir über eine Million, die Öfen sind entsprechend größer dimensioniert.
Damit die Herstellung der Keramik wie verwandte Industriezweige dekarbonisiert werden können, müsste die zum Patent angemeldete Entwicklung zum Standard werden – wie wollen Sie das ermöglichen?
Christian Schaefer: Mit Blick auf die neue Technologie kann man sicher von einem Paradigmenwechsel sprechen. Der Konzern wird weiter in diesen investieren, dazu gehört auch die Integration des Unternehmens Keramischer Ofenbau in die Roca-Gruppe. Wenn wir die Einzigen sind, die mit elektrischen Öfen brennen, hat die Umwelt allerdings keinen Vorteil. Unser CEO hat sehr deutlich gesagt, dass die Technologie allen zur Verfügung steht und es gibt mittlerweile auch viele Mitbewerber, die sich für diese interessieren. Ein Elektroofen ist im Grunde nicht teurer als ein moderner Gasofen. In den achtziger Jahren wurde größtenteils von uns der Druckguss entwickelt, der heute ein Industriestandard ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass die neue Technologie aus unserer Entwicklung die Zukunft für unsere Branche bietet.
Sanitärkeramik ist ein Produkt für die Masse – die Produktion in Gmunden gleicht hingegen einer Manufaktur, hier wurde auch die Saphirkeramik entwickelt. Warum ist das Konzept für Laufen erfolgreich?
Christian Schaefer: Das kommt auf die Perspektive an. Für uns in Gmunden funktioniert das Konzept sehr gut und ist mit ein Grund, warum wir weiterhin in Zentraleuropa produzieren, obwohl der Lohnkostenfaktor in den DACH-Ländern recht hoch ist. Dank unseres Innovationszentrums haben wir die Möglichkeit Ideen zügig zu testen und produktionsreif zu entwickeln, wie bei der Kreation der Saphirkeramik. Allein mit der Produktion in Gmunden wird man aber natürlich nicht Nummer Eins in der Branche, das schaffen wir über den Verbund in der Roca Gruppe und das große Volumen, das somit geboten werden kann. Die Mischung aus Manufaktur und Massenproduktion macht den Erfolg aus.
Sie arbeiten seit über zehn Jahren für Laufen, sprich haben das Unternehmen mitgeprägt – in welche Richtung möchten Sie die Laufen Austria AG als Managing Director weiterentwickeln?
Christian Schaefer: Der Markt wird immer globaler. Die generelle Ausrichtung der Roca Gruppe und die Entwicklung des europäischen Marktes beeinflusst auch unsere Richtungssetzung. Vor einigen Jahren waren wir noch ausschließlich Keramikhersteller, heute arbeiten wir mehr als Komplettanbieter. In der Schweiz sind wir beispielsweise bereits Marktführer im Bereich der Armaturen. Zudem haben wir Sanit gekauft, ein großer deutscher Hersteller für Installationssysteme. Diese Investments tragen auch dazu bei, dass wir die Ausstattung vor der Wand wie hinter der Wand realisieren können. Das heißt, Laufen wird in Zukunft vor allem für Badkompetenz stehen und nicht mehr "nur" für Keramik.
Gibt es aktuell Veranstaltungen seitens Laufen, auf die Sie unsere LeserInnen gerne aufmerksam machen würden?
Christian Schaefer: Mit dem Laufen Space Wien haben wir in sehr zentraler Lage eine tolle Ausstellungsfläche, die sich über die letzten Jahre etabliert hat. Während der Vienna Design Week bieten wir dort die Ausstellung "Colour Archaeology", eine interdisziplinäre Reise durch Kunst, Design, Archäologie und die Geschichte der Farbe in der Keramik von Roberto Sironi. Zum Programm gehört eine Keynote-Rede von Roberto Sironi und Patrick Lüth, Geschäftsführer von Snøhetta Studio Innsbruck, über die Archäologie der Farbe und Visionen einer regenerativen Architektur. Die Architekturkritikerin Manuela Hötzl wird diese moderieren. Darüber hinaus feiern wir in diesem Jahr das 100jährige Bestehen unserer Produktion in Gmunden, und Teil der Kulturhaupstadt Salzkammergut, in dessen Rahmen aktuell noch viele Events stattfinden. Als Sponsor des österreichischen Pavillons sind wir zudem auf jeder Ausgabe der Architekturbiennale in Venedig vertreten.
Laufen space Wien
Salzgries 21
1010 Wien