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Piero Lissoni

Der Architekt der Leichtigkeit

Er gilt als Meister der zeitlosen Eleganz, seine Entwürfe werden von führenden Herstellern der italienischen Möbelbranche stetig produziert: Piero Lissoni, Architekt, Designer und Kreativdirektor von sieben italienischen Möbelmarken, hat offenbar den "Klassiker"-Code für Möbeldesign geknackt. Jetzt lanciert Knoll neue Gartenmöbel mit dem Anspruch auf Unvergänglichkeit, eine Reminiszenz an ikonische Möbel von Richard Schultz aus dem Jahr 1966.
06.06.2023

Esther Strerath: Viele Ihrer vor Jahren designten Möbel finden sich nach wie vor in den Sortimenten großer Marken, sind also aktuell gefragt. Pardon, aber warum arbeiten Sie eigentlich noch?

Piero Lissoni: Aus Leidenschaft. Ich bin immer noch wie ein Kind auf dem Spielplatz. Man muss seinem Gefühl folgen.

In den vergangenen Jahren ist das Outdoor-Möbelgeschäft stetig gewachsen, immer mehr Interieur-Hersteller drängen auf den Markt. Auf dem Salone del Mobile debütierten unter anderem Poliform und Molteni&C mit ihren ersten Outdoor-Kollektionen.

Piero Lissoni: Alle Unternehmen haben den Goldrausch im "Draußen" für sich entdeckt. Outdoor ist nunmehr das neue Indoor, das Wohnzimmer befindet sich unter freiem Himmel. Ich habe vor mehr als 20 Jahren begonnen Outdoor-Möbel zu entwerfen. Das allererste Objekt war ein Stuhl für Living Divani, für den wir den Frog von einem Innenmöbel zu einem Gartenstuhl transformierten. (Anm. d. Red.: Frog Chair, 1996)

Jetzt präsentiert Knoll ebenfalls eine neue Kollektion aus Ihrer Feder, die "Lissoni Outdoor Collection", angelehnt an die ikonischen Gartenmöbel des US-Designers Richard Schultz von 1966. Warum?

Piero Lissoni: Vor drei Jahren sprach mich Knoll – schon seit Ewigkeiten im Aussenbereich unterwegs – auf dieses Projekt an, wir sind ein bisschen spät. Erinnern Sie sich an die 60er und 70er Jahre? An die wunderschöne Kollektion von Schultz? Unsere neuen Stücke sind eine Fortsetzung davon.

Folgen Sie, beziehungsweise folgt die neue Kollektion, einer Tendenz, einer Strömung?

Piero Lissoni: Wenngleich ich höflich sein möchte, muss ich sagen, dass 90 Prozent der Outdoormöbel langweilig sind. Alle versuchen sich an einem natürlichen Look, fake Bambus, fake Geflecht, fake Teak. Wir leben aber nicht auf Bali, sondern auf der ganzen Welt. Haltbarkeit ist das A und O. Sofas entstehen über ihre Stabilität, Rückenlehne, Armlehne et cetera. Ich versuche diese Idee neu zu modellieren, Oberflächen anders zu benutzen. Ich bin Architekt. Wenn ich ein Stück entwerfe, sehe ich die Architektur eines Projektes, nicht das, was jemand möchte.

Was also zeichnet Ihre Kollektion aus?

Piero Lissoni: Es geht darum, Materialien korrekt einzusetzen, mit der Substanz von heute. Es ist schwer, dies zu tun. Jetzt habe ich nur ein paar technologische Aspekte verändert, bei Knoll formen wir zum Beispiel eine neue Generation von Aluminium, welches zu mehr als 50 Prozent aus recyceltem Aluminium besteht und etwas rauer ist. Man muss es lackieren, kann es nicht "roh" nutzen. Die Löcher in den Rückenlehnen wiederum sind eine rein technische Lösung. Auch das Nylon, das wir für die Rückenlehnen verwenden, ist anders und ebenfalls ein recyceltes Material. Und die Polsterstoffe sind unglaublich weich, dabei sind sie aus Polyester und Nylon.
 Kurz, es ist ein echtes Outdoor-System. Jede Zeit ist anders, man muss sich anpassen, auch sich selbst. Wir diskutieren über solche Aspekte. Ich mache das gleiche übrigens für andere Unternehmen, für die aktuelle Outdoor-Kollektion von B&B Italia, "Nooch" beispielsweise.

Ist es eigentlich leichter, eine "Möbel-Familie" zu ergänzen, oder bei Null zu beginnen?

Piero Lissoni: Normalerweise starte ich immer ganz von vorn, erfinde ich etwas ganz Neues. Aber dann kommen die Entwürfe mit der Familie zusammen. Denken Sie an Rainbow-Families, Patchwork-Familien. Meine Kollektionen sind genau so.

Auch das Thema Farben gewinnt immer mehr Bedeutung. Die "Lissoni Outdoor Collection" ist in dreien erhältlich. Sie sind ja berühmt für "All shades of White"...

Piero Lissoni: Man muss seiner Haltung folgen, andernfalls wird es ein Dogma und Dogmen mochte ich noch nie. Schon als ich bei Knoll begann, bat man mich das klassische Knoll-Rot zu verwenden. Ich lehnte ab, denn es war in den 60ern gut, nicht aber 2003. Das Rot hier ist ein Juwel.

Das perfekte Outdoor-Möbel ist …

Piero Lissoni: …eine Maschine, wie ein Motorrad. Oder ein Flugzeug.

Was macht die Zusammenarbeit mit Knoll so spannend?

Piero Lissoni: In den 60ern und 70ern war Knoll unheimlich sophisticated, immer modern. Die Kampagnen waren herrlich. Da war zum Beispiel eine Katze, die wie eine Königin auf einem Sessel thronte. Misses Knoll war eine wirkliche Visionärin. Ihr humanistischer Ansatz, die organischen Formen von Eero Saarinen mit der Purheit und der Stärke von Mies van der Rohe sowie der Verrücktheit von Ettore Sottsass zu kombinieren – grandios.
Ich fühle mich wie ein kleines Boot in diesem endlosen Fluss.

Sie sind auf einer Linie mit der Geschichte?

Piero Lissoni: Ja, mehr oder weniger.