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Kennzeichen RO-CK
von Florian Hufnagl | 17.02.2015
Foto © Nils Holger Moormann

Grüß Gott, meine Damen und Herren!

Ja, Sie haben sich nicht verhört.
Wenn Sie mit dem heutigen zu ehrenden Unternehmer in telefonischen Kontakt treten wollen, hören Sie diese Geräusche, die Sie eher in Urlaubsstimmung versetzen, als dass sie zur Vorbereitung eines harten Business-Gesprächs dienen würden – mit Umsatzzahlen, Provisionen, Margen und was es in dieser Welt des Business noch so gibt.

Sie haben die Glocken, genauer gesagt die Schellen, der Rindviecher auf der Hochalm gehört, die zwar nicht unbedingt hinter dem Firmensitz unseres Unternehmers in Hohen-Aschau liegt, die aber zu Oberbayern gerechnet wird.

Meine Damen und Herren,

nachdem dem Phänomen Nils Holger Moormann nicht einfach beizukommen ist – und mit Worten schon gleich gar nicht – habe ich mich als ehemaliger Direktor des Designmuseums in der Pinakothek der Moderne in München dazu entschlossen, auf einen uralten Trick der Kunstgeschichte zurück zu greifen, der da lautet: Wenn Du nichts zu sagen hast, dann zeige den Menschen wenigstens Bilder in einem sogenannten Lichtbildervortrag, damit sich die Zuhörer selbst ein anschauliches Bild machen können, sei es nun ein Gemälde oder eben – wie heute – eine herausragende Persönlichkeit. Und so bin ich sowohl in die tiefen Tiefen der Archive des Unternehmens wie auch meines Hauses gestiegen, um jene Bilder zu finden, mit denen ich hoffe, Ihnen die unternehmerische Gedankenwelt eines Nils Holger Moormann näher zu bringen.

Foto © Nils Holger Moormann

Markant bereits das erste Bild des heranwachsenden Knaben, der – wenn auch ein wenig verträumt – so doch visionär in die Zukunft blickt. Das ist bedauerlicher Weise heute etwas anders: Man sieht die Härten des Geschäfts und – um es vorsichtig zu umschreiben – die Verbundenheit zu Italien. Kurz: Unser Unternehmer ist ein Capo.

Bitte lassen Sie sich nicht durch den Firmenstandort Hohen-Aschau und die eingangs gehörten Schalmeien irritieren – Nils Holger Moormann, der 1953 in Stuttgart geborene Unternehmer, ist keinesfalls ein Bayer. Der Herr Papa war ein Westfale und die Frau Mama kam aus Hamburg – damit dürfte auch der Vorname „Nils“ abgeklopft sein. Und das Ganze belegt wieder einmal die Großzügigkeit des Freistaates Bayern, dass man Menschen mit einer derartigen Herkunft, die ein abgebrochenes Jurastudium mit einschließt, die Ansiedelung in Bayern gestattet.

Aber – es kommt noch schlimmer. Nils Holger Moormann startete sein Unternehmen Anfang der 1980er Jahre in Aschau und zog Anfang der 1990er Jahre um in das unweit davon entfernte Hohen-Aschau, als er endlich einen repräsentativen und für seine Produkte adäquaten Firmensitz fand. Falls Sie sich jemals auf den Weg machen sollten, um Herrn Moormann und sein Unternehmen zu besuchen, werden Sie – wie könnte es anders sein – überaus freundlich empfangen.

Foto © Nils Holger Moormann

Fahnen mit veritablen Rückseiten der Kühe begrüßen Sie. Sie haben einen Werkschutz zu passieren, ...

Foto © Nils Holger Moormann

ehe Sie die Schaltzentrale des globalen Unternehmens erreichen.

Foto © Jäger & Jäger

Bereits in der Lobby erwartet Sie die „Wall of Blame“, auf der alle ...

Foto © Nils Holger Moormann

steckbrieflich Gesuchten festgehalten sind, mit denen Nils Holger Moormann jemals zusammengearbeitet hat. Und wie man sieht, ...

Foto © Nils Holger Moormann

sind Sie in jedem Fall von unterschiedlicher Größe. Die maximale Höhe ist mit 2,10 m vorgegeben, die bis dato jedoch noch nicht erreicht wurde ...

Foto © Nils Holger Moormann

– selbst wenn man den Hut zur Hilfe nimmt.

Foto © Nils Holger Moormann

Haben Sie diese Reihe endlich abgeschritten, erwartet Sie ein einladender Counter mit einer charmant lächelnden Dame, die Sie anlächeln müssen, sonst bleibt vermutlich die Tür verschlossen.

Insgesamt ein innovativer Firmenbau, der als Meilenstein in die Architekturgeschichte des 21. Jahrhunderts eingehen wird. Ähnlich ist es mit dem Fuhrpark des Unternehmens.

Foto © Nils Holger Moormann

Hier sehen Sie das Fahrzeug des Firmenchefs bei einem Kundenbesuch, um die neuesten Produkte vorzuführen. Besonderer Wert wurde auf das Kennzeichen RO-CK gelegt.

Foto © Nils Holger Moormann

Aber der Fuhrpark ist vielfältig. Hier ist der Unternehmer auf dem Weg zu einer Präsentation „Deutschen Designs“ in Aspen, Colorado, die von Herbert Schultes initiiert und vom Designzentrum München Mitte der 1990er Jahre organisiert wurde. Das Absatzgebiet ist wie gesagt inzwischen global und geht in der Tat bis ans Ende der Welt.

Begonnen hat das alles Anfang der 1980er Jahre als Nils Holger Moormann sich entschloss, Unternehmer zu werden und eine Möbel-Produktion und Handels GmbH zu gründen und dies exakt zu einer Zeit, als die deutschen Designer zehn bis 15 Jahre nach ihren Kollegen in Italien, die „Alchimia“ und „Memphis“ erfanden, endlich bemerkten, dass der rechte Winkel alleine und das tosende Mausgrau der HfG Ulm nicht der Weisheit letzter Schluss sein könnten. Es war die Zeit des „Neuen Deutschen Designs“ mit ihren schrillen und manchmal auch bizarren Entwürfen, die nicht nur die alt eingesessenen Möbelunternehmen an den Rand der Verzweiflung brachten mit Ausstellungen wie „Möbel Perdu“ oder „Kaufhaus des Ostens“, sondern auch den Rat für Formgebung – wie man unschwer in seinem Zentralorgan nachlesen kann.

Aber auch – ich gestehe es offen – auch so manches Designmuseum – mein ehemaliges Haus eingeschlossen. Und so wundert es denn nicht, dass man damals bei Nils Holger Moormann unter dem Begriff „Kollektion International“ auch „Memphis“, Möbel von Ettore Sottsass und Michele de Lucchi kaufen konnte, ebenso wie Leuchten der Schweizer Firma Belux neben Möbeln von Thut. Absatz geschweige denn Produktion fanden aber die Arbeiten des „Neuen Deutschen Designs“ nicht, und es war Nils Holger Moormann, der sich dieser Entwürfe annahm, freilich als Möbelverleger, nicht als klassischer Möbelproduzent. Das war die große Erkenntnis, denn damit konnte Nils Holger Moormann schnell aktiv reagieren und hatte auch nicht den Ballast der großen Stückzahl, der auf die Bilanzen drückt.

Es ist bemerkenswert, dass viele der damaligen Designer von der Bildfläche verschwunden sind. Alternativ wurden sie Professoren an Designhochschulen und die besten sind auch heute noch fast 30 Jahre danach mit ihren Entwürfen in Produktion bei Nils Holger Moormann.

Fotos © Tom Vack

Und so findet sich in den Katalogen des Unternehmers ein bis zum heutigen Tag produziertes Regal von Herrn Laubersheimer, das wohl wegen seiner Gespanntheit Designgeschichte geschrieben hat. Aber es kamen auch die in Beton eingegossenen Stahlwinkel als Kerzenleuchter der beiden Fauxpax-Jungs in Produktion, die sich sinnvoller Weise eine Designausbildung sparten und ihre Arbeiten aus dem Leistungskurs Kunst in die Produktion gaben.

Fotos © Tom Vack

Und weil's so schön war, produzierte Nils Holger Moormann auch eine Kommode, auf der man mit seiner Eisenbahn spielen konnte. Ein absolutes Highlight jeder Design-Auktion – man hätte damals mehr Produkte bei Nils Holger Moormann ordern müssen.

Der „Deutschen Bank“, die bei Moormann verkauft wurde, widmete das Handelsblatt einen eigenen Artikel und man schaffte es so, dass nicht nur in Fachkreisen übers Design geschrieben und geredet wurde.

Allerdings brachte dies Moormann auch den Verriss einer weiteren bedeutenden Designinstitution ein – im Vorwort zum Designjahrbuch des entsprechenden Jahres. War auch nicht gerade zum Schaden des Unternehmers, denn rote Punkte hat er inzwischen auch in beeindruckender Anzahl erhalten.

Fotos © Jäger & Jäger

Mochten die Möbel auch noch auf so wackligen Beinen stehen oder philosophisch angehaucht sein ...

Fotos © Jäger & Jäger

oder zum Bild uminterpretiert oder statt zum Trocknen von Heu zum Aufhängen der Kleidung verwendet werden ...

Foto © Nils Holger Moormann

oder als Spezialmöblierung für Fußballvereine dienen ...

Foto © Nils Holger Moormann

oder letztendlich doch wieder perfektes Deutsches Design – gradwinklig, funktional und in „black and white".

Foto © Nils Holger Moormann

Hier sehen Sie die sogenannten „Ahnstifter“, jene Gestalter, die mit ihren Ideen dem Unternehmen den richtigen Fingerzeig gaben.

Zahlreiche „Incentiv“-Veranstaltungen brachten den Kunden die Qualität der Produkte nahe.

Foto © Jäger & Jäger

Und das Ganze wurde dann die „Hölle von Aschau“ genannt.

Für Kunden im gesetzten Alter ging es auch wesentlich liebevoller und gesitteter zu, wie die nachfolgenden Aufnahmen belegen.

Fotos © Nils Holger Moormann

Sei es nun Thomas Edelmann, Alfredo Häberli oder Axel Kufus mit jeweils von ihnen kreierten Kuchen.

Fotos © Jäger & Jäger

Und seit neuestem gibt es sogar – falls die Produktpräsentationen für die Kunden zu anstrengend sind – ein eigenes Reha-Zentrum, genannt „berge“ in unmittelbarer Nähe des Firmensitzes und perfekt ausgestattetem Empfangscounter und Zimmern, ...

Foto © Jäger & Jäger

die die traute Zweisamkeit – notfalls durch Stockbetten – nachhaltig fördern.

Meine Damen und Herren,

Sie werden mir nach meinem Lichtbildervortrag Recht geben: Diese unternehmerische Leistung rechtfertigt die Verleihung des „German Design Awards Personality" an Nils Holger Moormann.

Sie sehen einen Blick in die bescheidene Ecke der bisherigen Auszeichnungen:

Fotos © Nils Holger Moormann

Der Platz für die Urkunde ist durch den roten Vorhang bereits vorbereitet – ebenso wie die Beschriftung.

Lieber Nils Holger Moormann – meine Gratulation.

Meine Damen und Herren, Ihnen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.


Dr. Florian Hufnagl war 34 Jahre lang für die Neue Sammlung in München tätig, ab 1980 zunächst als Kurator, ab 1990 dann als Direktor, bis er Ende vergangenen Jahres in Ruhestand ging. Hufnagl studierte Kunstwissenschaft, Klassische Archäologie und Neuere Geschichte und promovierte 1976 über die Architektur des 19. Jahrhunderts.