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Kein Champagner auf der Baustelle
von Daniel von Bernstorff | 16.09.2009

München, Maxvorstadt, Ende Juli. Hier entsteht zurzeit ein halbes Stadtviertel, die ehrwürdige Löwenbrauerei verschwindet hinter modernen Neubauten, ein architektonischer Brennpunkt, in dem Alt und Neu nicht so richtig zusammenpassen wollen.

Wir befinden uns auf einer Baustelle. Das Bier wird in Schubkarren umhergefahren, man bedient sich am Baustellenbuffet mit Leberkäse und Bratwurst und sitzt auf Bierkisten. Nein, wir sind nicht beim Richtfest eines neuen Gebäudes, sondern auf dem Münchener Architektursommer, zu dem die Firma Bromberger Büro Gestaltung in die Glashalle der „Nymphe 5" eingeladen hat. Etwa 250 Gäste, vorwiegend Architekten und Planer, sind zu dieser vom Büro Wengmann + Rattan (bekannt unter anderem durch den Münchner designparcours) organisierten Veranstaltung gekommen. Das übergreifende Thema „Baustelle" sorgt für ein ungewöhnliches Ambiente und ist ein erfrischender Gegenentwurf zu den üblichen Sektempfängen und Cocktailparties. Die von Bromberger vertretenen Firmen Object Carpet, Montana, Quinze&Milan, Montis, Interstuhl, Holzmedia, Element one und Invista/Antron waren aufgefordert, sich in ihren Präsentationen am Thema zu orientieren, besonders bei Quinze&Milan gelingt das sehr gut. Auf Tapeziertischen liegen von den Firmen individuell angefertigte Banner aus Vinyl, von denen sich die Gäste am Ende ein Stück abschneiden und sich daraus vor Ort eine Tasche nähen lassen können. Einer der Höhepunkte ist der Auftritt der Textilkünstlerin Stephanie Müller, die in ihrer Modeperformance Kleiderunikate und Accessoires präsentiert, die sich wie nach dem Baukastenprinzip beliebig miteinander kombinieren lassen. Mode und Architektur verschmelzen in der Performance zu einer einzigen Disziplin, in die Bauzäune werden Botschaften eingestickt, es geht bei Stephanie Müller immer auch um die subversive Aneignung des öffentlichen Raums. In New York scheint das Besticken von Bauzäunen zurzeit ein angesagtes Mittel, quasi ein kreativer Nachfolger des Graffitis, wie wir von der Künstlerin erfahren, die sich dem Thema auch in mehreren Publikationen gewidmet hat.

So wird die Veranstaltung in München zu einem ungewöhnlichen und inspirierenden Erlebnis, das Wege und Möglichkeiten für neue und kreative Veranstaltungsformate aufzeigt. Ein Abend, an dem viel und ungezwungen über Architektur, Mode, Design und Stadtplanung diskutiert wird. Was wollen wir mehr!?

www.wengmann-rattan.de